FC Bayern:Überraschender Abschied vom Entwickler

FC Bayern: "Ich bedanke mich für eine spannende, intensive und erfolgreiche gemeinsame Zeit": Jens Scheuer wird ab Juli nicht mehr die Fußballerinnen des FC Bayern trainieren.

"Ich bedanke mich für eine spannende, intensive und erfolgreiche gemeinsame Zeit": Jens Scheuer wird ab Juli nicht mehr die Fußballerinnen des FC Bayern trainieren.

(Foto: Ulrich Gamel/Imago)

Der FC Bayern trennt sich von Coach Jens Scheuer, mit dem die Fußballerinnen 2021 die Meisterschaft gewannen. Über die Gründe der Trennung herrscht Unklarheit.

Von Anna Dreher

Seit Sonntag war klar, dass es für die Fußballerinnen des FC Bayern in ihrem abschließenden Saisonspiel gegen Turbine Potsdam nicht mehr um entscheidende Punkte in der Bundesliga gehen würde. Der VfL Wolfsburg musste gegen Carl Zeiss Jena gewinnen, um sich die Meisterschaft zu sichern, und setzte sich überdeutlich mit 10:1 durch. Damit verpuffte auch die letzte, noch so kleine verbliebene Hoffnung auf zumindest eine Trophäe bei den Bayern. Am 15. Mai in der Partie gegen Potsdam werden in München also Abschiede im Fokus stehen. Und während beispielsweise jener von Abwehrspielerin Marina Hegering - nach Wolfsburg - seit ein paar Wochen bekannt ist, kam am Donnerstag ein überraschender dazu.

Um 11.01 Uhr verschickte die Pressestelle des Klubs eine Mitteilung, mit der die wenigsten gerechnet haben dürften: "FC Bayern und Jens Scheuer trennen sich". Beide Seiten seien übereingekommen, dass der 43-Jährige ab 1. Juli nicht mehr als Cheftrainer des Bundesligateams tätig sein werde, heißt es. Diese Entscheidung sei das Ergebnis "einvernehmlicher Gespräche" zwischen Karin Danner, Leiterin der Frauenfußballabteilung, Bianca Rech, Sportliche Leiterin, und Scheuer. Aus welchen Gründen es überhaupt zu diesen Gesprächen und schließlich zur Trennung kam und ob sie vom Verein oder vom Coach ausgingen, blieb auch auf Nachfrage offen. Management und Trainer äußerten sich hierzu nicht weiter. Ebenso wenig zur Regelung der Nachfolge.

Mit Scheuer wollte der FC Bayern endlich nachhaltig an der Rangordnung rütteln

"Ich wünsche dem FC Bayern alles Gute und bedanke mich für eine spannende, intensive und erfolgreiche gemeinsame Zeit als Cheftrainer der Frauenabteilung", wird Scheuer in dem Schreiben zitiert. Im Juli 2019 war er vom SC Freiburg gekommen, nachdem in München schon damals etwas überraschend Thomas Wörle nach neun Jahren gehen musste, der mit den Bayern 2012 den DFB-Pokal sowie 2015 und 2016 die Meisterschaft gewonnen hatte. Mit Scheuer wollte der FC Bayern endlich nachhaltig an der etablierten Rangordnung rütteln und sich national wie international vor Wolfsburg als deutsche Nummer eins im Frauenfußball etablieren. Letztlich ist ihm das in den drei Jahren nicht gelungen.

Beim Start bewältigte Scheuer erfolgreich einen großen Umbruch, nachdem nicht nur das Trainerteam, sondern auch neun Spielerinnen verabschiedet worden waren und sieben neue kamen. Wie gut dem gebürtigen Offenburger die Moderation gelang, zeigte sich nicht zuletzt in der Champions League. Als im August 2020 aufgrund der Corona-Pandemie ein Finalturnier gespielt wurde, schlugen sich die Münchnerinnen beachtlich gegen den siebenmaligen Titelträger Olympique Lyon. Sie verloren dieses Viertelfinale zwar 1:2 und gingen in Liga und Pokal ebenfalls leer aus - das Statement aber war gemacht: Mit uns ist zu rechnen!

FC Bayern: Der größte Erfolg in drei Jahren: 2021 gewinnt Jens Scheuer (re., neben der Sportlichen Leiterin Bianca Rech) mit den Fußballerinnen des FC Bayern die Meisterschaft.

Der größte Erfolg in drei Jahren: 2021 gewinnt Jens Scheuer (re., neben der Sportlichen Leiterin Bianca Rech) mit den Fußballerinnen des FC Bayern die Meisterschaft.

(Foto: Sven Leifer/Imago)

Die Harmonie des Teams lag freilich an der Zusammenstellung des Kaders, aber eben auch an dessen Führung. Die hohe Anspruchshaltung des gesamten Vereins lebten auch die Fußballerinnen immer überzeugender. Während Wörle sich angesichts der Wolfsburger Dominanz oft zurückhaltend geäußert hatte, wurden nun klare Titelambitionen formuliert. Das stärkere Selbstbewusstsein zeigte sich deutlich auf dem Platz und gipfelte im Gewinn der Meisterschaft 2021. Karin Danner betonte in der Mitteilung von Donnerstag, Scheuer habe "aufgezeigt, was mit unserer Frauenmannschaft möglich sein kann".

In der Champions League war 2021 erst im Halbfinale Schluss - und wer weiß, was 2022 möglich gewesen wäre, wenn sich nicht ausgerechnet in der entscheidenden Saisonphase viele Spielerinnen mit Corona infiziert hätten. Dass Bayern den Wolfsburgerinnen trotz des dortigen Umbruchs zuletzt deutlich unterlegen war (0:1, 0:6, 1:3) und nun gar keine Trophäe heraussprang, wird im Verein sicherlich kritisch gesehen. Die Gründe für den Abschied dürften dennoch nicht rein sportliche sein. Teils entschieden knappe Spielverläufe über das Abschneiden in den Wettbewerben, insgesamt stabilisierte und entwickelte Scheuer das Team auf einem hohen Niveau.

Wer künftig neue Impulse geben soll, steht noch nicht fest. Allein: Ab Montag können sich die Verantwortlichen voll auf die Bewerbungsgespräche konzentrieren. Mit den Finals in Pokal und Champions League haben die Bayern in dieser Saison schließlich nichts zu tun.

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