FC Bayern in Stuttgart:Ulreich ist der Held

VfB Stuttgart v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Chadrac Akolo (hinten im Bild) schießt, Sven Ulreich pariert.

(Foto: Matthias Hangst/Bongarts/Getty Images)

Von Carsten Scheele

So stand Sven Ulreich also in seinem alten Strafraum und reckte die Fäuste in den Himmel. Zwölf Jahre lang, von 2003 bis 2015, hatte er beim VfB Stuttgart die Bälle gehalten - nun parierte Ulreich wieder einen, doch sein früheres Publikum wendete sich in größter Enttäuschung ab.

Weil Manuel Neuer schon seit September verletzt ist, war Ulreich als Quasi-Stammtorhüter des FC Bayern in die Arena zurückgekehrt. Er hatte gewiss nicht mit einem übermäßig freundlichen Empfang gerechnet, Ulreich wurde ausgepfiffen, sobald er mit dem Fuß an den Ball kam. Die Gemengelage spitzte sich dann zu, als Schiedsrichter Tobias Ittrich in der Nachspielzeit beim Stand von 0:1 auf Elfmeter für Stuttgart entschied.

Ulreich gegen seinen alten Verein, Ulreich gegen Stuttgarts Chadrac Akolo, der gar nicht hinsah und einfach schoss. Ulreich tauchte ab, parierte souverän, die Bayern siegten mit 1:0 (0:0). "Diesen Film konnte man besser nicht schreiben", sagte der Torwart später.

Boateng liefert einen Slapstick-Moment

Es war eines der komplizierteren Spiele der Münchner in dieser Hinrunde, und ein fragwürdiges Geschenk an Mats Hummels, dass er ausgerechnet an seinem 29. Geburtstag in die Bayern-Startelf zurückkehren durfte. Wie seine Mitspieler lechzt Hummels der Winterpause entgegen, er hätte auch unter einer warmen Decke und mit einem Yes-Törtchen auf der Bank feiern können, doch Hummels stellte zusammen mit Jérôme Boateng die Innenverteidigung. Es war, um es vorweg zu nehmen, eine gute Entscheidung von Bayern-Trainer Jupp Heynckes.

Denn die Abwehr war gefordert. Die Stuttgarter ließen gar nicht erst zu, dass sich die Bayern mit einer weiteren dosierten Leistung wie beim 1:0 gegen Köln in die Winterpause mogeln konnten. Der VfB stürmte, kämpfte und kratzte - und brachte die Bayern mehrfach in Verlegenheit. Die erste Chance hatten zwar die Münchner, als Robert Lewandowski nach 45 Sekunden einen Drehschuss ans Außennetz setzte. Danach übernahm der VfB. Terodde passte den Ball mit der Hacke zum späteren Unglücksraben Akolo, der Ulreich zu einer ersten Tat zwang (5.)

Die Bayern schienen überrascht vom mutigen Stuttgarter Vortrag, Hummels und Boateng hatten in im Abwehrzentrum gut zu tun, Boateng nach Tête-à-Tête mit seinem früheren Kollegen Badstuber auch noch mit einem Brummschädel zu kämpfen. Hummels geriet ein Rückpass zu kurz, doch Ulreich klärte vor dem heranstürmenden Terodde (20.). Noch ungeschickter stellte sich Boateng an, dem der Ball durchrutschte, der die Situation aber slapstickhaft bereinigte, indem er sich rücklings ins Gebein von Terodde hechtete (31.). Das gab verdient Gelb.

Nur einmal geriet Stuttgart vor der Pause noch in Gefahr, als Badstuber im Mittelfeld patzte, James den Ball weiter auf Corentin Tolisso gab, der jedoch frei an Ron-Robert Zieler scheiterte (36.). Zur Halbzeit brüllte das Stuttgarter Publikum heraus, wie angetan es vom Vortrag der eigenen Mannschaft war.

James und Lewandowski vergeben kläglich

Kurz nach der Pause musste Terodde mit einer Rippenprellung vom Platz, für ihn kam in Marcin Kaminski ein gelernter Verteidiger, den Trainer Hannes Wolf sofort in die Sturmspitze schickte - so groß war die personelle Not in Stuttgart also. Bei den Bayern wartete Heynckes noch eine Viertelstunde, wechselte dann doppelt, brachte Müller für Tolisso - das Experiment mit James, Tolisso und Kingsley Coman im offensiven Mittelfeld war in diesem Moment beendet. Kurz darauf kam auch Niklas Süle für Geburtstagskind Hummels.

Wie gegen Köln waren die Bayern dann voll da, wenn auch nur in einer einzigen Situation. Rafinha trieb den Ball in den Strafraum, Müller nahm ihn mit links und drosch ihn - perfekt getroffen - ins linke, untere Eck (80.). In der Nachspielzeit vergaben James und Lewandowski zunächst kläglich das mögliche 2:0, als sie beide frei vor Zieler auftauchten, der Torwart den Ball aber noch von der Linie kratzen durfte (91.). Fast hätte sich diese Leichtfertigkeit gerächt.

Es folgten ein ungelenker Tritt von Süle im Strafraum, was Schiedsrichter Ittrich dazu veranlasste, sich die Situation am Bildschirm noch einmal anzusehen. Er entschied richtigerweise auf Strafstoß, doch die Bayern wurden nicht mehr bestraft: Weil Ulreich in der fünften Minute der Nachspielzeit parierte und Schalke bei Eintracht Frankfurt Punkte ließ, gehen die Münchner mit mindestens zehn Punkten Vorsprung auf Platz zwei in die Winterpause.

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