FC Bayern in der Einzelkritik:Spaßfußball mit den Straßenkickern

Manuel Neuer gibt den Ultra in Rot, Bastian Schweinsteiger den Häuptling der Fußball-Gang: Beim Spaziergang mit einem überforderten Gegner aus Frankreich zaubert der FC Bayern wie ihr Vortänzer Franck Ribéry, den "footballeur de la rue". Die Münchner beim 6:1 gegen den OSC Lille in der Einzelkritik.

Thomas Hummel

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FC Bayern in der Einzelkritik:Manuel Neuer

FC Bayern Muenchen v OSC Lille - UEFA Champions League

Quelle: Bongarts/Getty Images

Manuel Neuer gibt den Ultra in Rot, Bastian Schweinsteiger den Häuptling der Fußball-Gang: Beim Spaziergang mit einem überforderten Gegner aus Frankreich zaubert der FC Bayern wie ihr Vortänzer Franck Ribéry, den "footballeur de la rue". Die Münchner beim 6:1 gegen den OSC Lille in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Manuel Neuer: Hatte in der ersten Halbzeit das Vergnügen, vor einem leeren Fanblock zu stehen. Viele aktive Bayern-Fans boykottierten an diesem Abend den Block 112/3, weil sie mit den neuen Einlasskontrollen gar nicht einverstanden sind. Zog er sich vielleicht deshalb ein bayernrotes Trikot an? Um als (Verzeihung Schalke Fans!) letzter Ultra im Stadion durchzugehen? Nun ja, Anfeuerungsrufe waren nicht zu hören von ihm. Die waren auch augenscheinlich nicht nötig. Die Bayern schießen auch ohne Ultra-Fans vier Tore in einer halben Stunde. Sehr wahrscheinlich hätten sie das auch ohne Torwart geschafft. Und gegen das 1:5 vom OSC Lille konnte er ohnehin nichts ausrichten.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Philipp Lahm

Hamburger SV v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Philipp Lahm: Jupp Heynckes hatte seine Mannschaft mit einer Bande Straßenfußballer verglichen vor dem Spiel. "Der Spaß am Fußball, die Leidenschaft - das Spiel wirkt ja fast so, wie wir früher auf der Straße gespielt haben", sagte der 67-Jährige. So viel Platz allerdings, wie gegen Lille auf der rechten Seite, gibt es in München-Gern auf keiner Straße mehr. Philipp Lahm musste sich vorkommen wie auf dem Münchner Mittleren Ring an einem autofreien Sonntag (den es bekanntlich nicht mehr gibt). Er rannte unbehelligt von allen Gegenspielern nach vorne, blickte hoch, wo sich ein Mitspieler befand und legte seelenruhig die Tore zum 4:0, 5:0 und 6:1 vor.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Jérôme Boateng

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Quelle: AFP

Jérôme Boateng: In der vergangenen Saison häufig der Swing State im Bayern-Spiel: An ihm lag es einige Male, dass die Sache schiefging, wenn der Verteidiger mal wieder einen Aussetzer hatte. Da allerdings die Wahlmänner Ribéry, Pizarro, Robben und Schweinsteiger die Sache glasklar für die FC-Bayern-Partei entschieden, war auch der Swing State Boateng keine Gefahr mehr. Seine Leistung war kaum zu bewerten, weil zu wenig am Spiel beteiligt.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Dante

FC Bayern München - OSC Lille

Quelle: dpa

Dante: Reift zum Lieblingsspieler von Stefan Effenberg und Matthias Sammer heran: Verpasste nach zehn Sekunden seinem Gegenspieler Nolan Roux im Luftkampf einen Ellbogen, was einwandfrei als Effenberg'sches und Sammer'sches "Zeichen setzen" durchgeht. Hinten nicht beschäftigt, nach vorne früh im Bunde mit der Werbeindustrie: Traf mit einem Diagonalpass das Bild eines Bier-Sponsors neben dem Platz statt seinen Mitspieler. Teilnehmer am Südamerika-Tanz mit Pizarro und Rafinha nach dem 2:0.

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FC Bayern in der Einzelkritik:David Alaba

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Quelle: AFP

David Alaba: Laut dem Stuttgarter Martin Harnik der derzeit beste österreichische Fußballer. Was nicht allein Harniks Erkenntnis ist, David Alaba ist ja auch Fußballer des Jahres gewesen im vergangenen Jahr in Österreich. Musste diesmal aber nur wenig seiner (für österreichische Verhältnisse) einzigartigen Fähigkeiten zeigen. Weil Lille scheinbar alle Kraft darin legte, die Ribéry-Seite zu stoppen, gingen die meisten Angriffe der Bayern diesmal über rechts. Bei einem seiner seltenen Vorstöße zielte er Zentimeter am Tor vorbei.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Javier Martínez

FC Bayern Muenchen v LOSC Lille - UEFA Champions League

Quelle: Bongarts/Getty Images

Javier Martínez: Wäre der Spanier ein demokratischer US-Politiker, Barack Obama könnte ihm bedenkenlos das Department of Homeland Security anvertrauen. Da ihn aber die Bayern für nicht weniger als 40 Millionen Euro abgeben werden und die US-Haushaltskasse so leer ist wie die spanische, wird Javier Martínez weiterhin den Sicherheitsdienst im Mittelfeld des FC Bayern verrichten. Dominierte mit großem Laufpensum und großartigem Stellungsspiel das Platzzentrum. Nahm sich nach dem 5:0 die erste Auszeit, als er statt zu jubeln zur Seitenlinie lief, um zu trinken und sich das Tor noch einmal auf der Videoleinwand anzuschauen. Konnte vor dem 1:5 Salomon Kalou nicht folgen, war vielleicht schon ein wenig müde.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Bastian Schweinsteiger

FC Bayern Muenchen v OSC Lille - UEFA Champions League

Quelle: Bongarts/Getty Images

Bastian Schweinsteiger: Musste sich wie Philipp Lahm wundern, wie viel Raum und Zeit ihm die Franzosen gestatteten. Gut, bei ihm gelten mildernde Umstände: Trug beim Aufwärmen ein Riesen-Stirnband, das an Jugendgangs in zwielichtigen Gegenden erinnerte. Doch selbst mit der grimmigsten Optik hätten ihm die Buben in Oberaudorf nicht so viel Platz gelassen wie die Profis aus Lille. Trat einen schönen Freistoß zum 1:0 nach vier Minuten, doch auch hier zog ein Franzose in der Mauer den Kopf freiwillig ein. Später schob er Dimitri Payet und Florent Balmont den Ball frech durch die Beine. Machte da schon den Eindruck, als würde er jede Oberaudorfer Straßenfußball-Gang ernster nehmen als diesen Champions-League-Gegner. Regte sich dann furchtbar über seine gelbe Karte auf - und wurde kurz darauf ausgewechselt.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Franck Ribéry

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Quelle: AFP

Franck Ribéry: Von Trainer Jupp Heynckes als Prototyp des Straßenfußballers geadelt. So wie der heute 67-Jährige früher in Mönchengladbach auf Asphalt gekickt habe, so kicke nun auch der Franzose. Ein "footballeur de la rue" also. Vielleicht lag es an seiner Herkunft, den Straßen Frankreichs, dass die Gegner aus Frankreich ihn noch am wirkungsvollsten stören konnten. Aber was heißt schon stören? Ribéry glänzte mit seinen Finten und Dribblings immer noch derart, dass bei seinen Szenen auch ohne Ultra-Fans glänzende Stimmung aufkam. Dribbelte und wirbelte immer mehr, als ihn Trainer Heynckes auswechselte, tobte das Rund. Ribéry bedankte sich für die Ovationen und genoss seinen Abgang - und sah dafür vom rumänischen Schiedsrichter Ovidiu Hategan Gelb.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Thomas Müller

FC Bayern Muenchen - Lille OSC

Quelle: dapd

Thomas Müller: Wenn Ribéry ein "footballeur de la rue" ist, verdient Thomas Müller die Auszeichnung des Fußballbazis der Nation. Macht Dinge auf dem Platz, die nicht mal Ribéry macht. Eigentlich. Gegen Lille der einzige Verlierer im Bayern-Team der ersten Halbzeit. Vergab zuerst zwei glasklare Chancen, wäre dafür auf den Straßen von Pähl ausgewechselt worden. Und war dann an keinem der ersten fünf Tore direkt beteiligt. Reihte sich immerhin ein in den Angriffs-Wirbel der Bayern und setzte immer wieder Mitspieler in Szene. Trainer Heynckes wechselte ihn nach einer Stunde aus.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Arjen Robben

FC Bayern Muenchen v OSC Lille - UEFA Champions League

Quelle: Bongarts/Getty Images

Arjen Robben: Arjen Robben als Straßenfußballer? Dann müssten die Straßen in Bedum, Provinz Groningen, aber ungewöhnlich gefedert sein, damit die anfälligen Knochen, Bänder und Muskeln des Niederländers das aushalten. Man kann sich den kleinen Arjen eher auf einem Moosfeld vorstellen. Der weiche Rasen der Münchner Arena war an diesem Abend jedenfalls wieder ein schöner Untergrund für den Außenstürmer. Robbens pure Geschwindigkeit überforderte die Lille-Profis, die mussten sich vorkommen, als würden sie in einem Peugeot 107 gegen einen Formel-1-Boliden antreten. Traf mit einem abgefälschten Freistoß zum 2:0 - vergab aber anschließend lässig eine Reihe von Möglichkeiten. Straßenfußball-Abend eben.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Claudio Pizarro

FC Bayern München - OSC Lille

Quelle: dpa

Claudio Pizarro: Gab dem völlig überlegenen Bayern-Spiel die im Strafraum völlig überlegene Zuspitzung. Kreiselte vor dem 2:0 mit dem "footballeur de la rue" durch die Lille-Abwehr wie damals mit den Kumpels in Lima und vollendete kraftvoll zum 2:0. Verwandelte dann die Vorlagen von Lahm zum 4:0 und 5:0. Sah sich bisweilen erstaunt um, wo denn die Gegenspieler sind, so frei stand und bewegte er sich vor dem gegnerischen Tor. Erkannte wohl, dass allein Tore schießen an diesem Abend nicht reichen würde für ein Lob des Trainers. Beteiligte sich deshalb auch rege an der Defensivarbeit.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Toni Kroos

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Quelle: AFP

Toni Kroos (r.): Vor dem Spiel hatte es noch Aufregung um den Mittelfeldspieler gegeben. Einem Medienbericht zufolge habe die Bayern-Chefetage die Ansicht, ihm fehle es an Ernsthaftigkeit und er stehe deshalb zum Verkauf. Sportvorstand Sammer reagierte erbost: Es handle sich um eine sehr ärgerliche Geschichte und es gebe "nullkommanull Ansatzpunkte" dafür. Gab Sammer fünf Minuten nach seiner Einwechslung einen Ansatzpunkt, warum er den 22-Jährigen im Klub halten sollte: Schoss sicher zum 6:1 aus 16 Metern ein.

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FC Bayern in der Einzelkritik:Anatoli Timoschtschuk

FC Bayern München - Bayer 04 Leverkusen

Quelle: dpa

Anatoli Timoschtschuk: Kam in der 67. Minute für den verärgerten Schweinsteiger. Steuerte wie immer sein Können bei: pflichtbewusste Zweikampfführung, grundsolide Pässe, Abschirmdienst im Mittelfeld und bolzte auch einmal aus 40 Metern aufs Tor.

(Archivbild)

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FC Bayern in der Einzelkritik:Xherdan Shaqiri

FC Bayern Muenchen - Lille OSC

Quelle: dapd

Xherdan Shaqiri: Kam in der 72. Minute für Franck Ribéry und versuchte fortan, den Straßenfußball der Schweiz vorzutragen. Zeigte geschickte Doppelpässe mit Hackentrick. Stolperte beim Torabschluss aber über seine eigene Verspieltheit. 

© SZ.de/fred
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