FC Bayern in der Einzelkritik:Ribéry schunkelt mit Torero-Haken

In der Heimat des Stierkampfes brilliert der Franzose. Mats Hummels klärt im Spektakelmodus und Thomas Müller navigiert wie ein Mofafahrer durchs Gassengewirr in Sevilla. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, Sevilla

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Sven Ulreich

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Quelle: AFP

Hat sich seine schwäbische Bierruhe im Landkreis Esslingen antrainiert, wo es gewiss nicht ganz so feurig zugeht wie im Estadio Sanchez-Ramon Pizjuan in Sevilla. Brauchte all seine Gelassenheit, um Sarabias Weltchance vorbeizugucken. Überhaupt, dieser Sarabia: Ulreich patschte einen Fernschuss von Sevillas Bestem zur Seite und boxte einige fiese Flanken von dannen. Behielt bei allem Gebrüll um ihn herum stets die Contenance, hielt einige Fernschüsse und war an diesem Abend der coolste Schwabe in Südspanien.

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Joshua Kimmich

Champions League Quarter Final First Leg - Sevilla vs Bayern Munich

Quelle: REUTERS

Heißt in Sevilla ganz offiziell "Kimmitsch", so nannte ihn jeder vom Stadionsprecher bis zum Biertrinker in der Tapas-Bar. Warf sich früh in Zweikämpfe, als ginge es um den Stierlauf in Pamplona. So war dieser Kimmitsch erst einmal Bayerns robustester Anker im wogenden Ozean dieses Spiels. Schraubte sein Pensum zurück, als er merkte, dass die Sevillaner sich müde rannten. Könnte man bei ihm fast schon in jeder Partie sagen: Spielte äußerst "erwachsen".

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Mats Hummels

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Quelle: AFP

Hieß natürlich "Chummels". Spielte vergangene Saison in Madrid ein Champions-League-Viertelfinale quasi mit einem Bein und war froh, diesmal sogar zwei gesunde Beine dabei zu haben. Die wären ihm fast zum Verhängnis geworden, als er Sarabias Jahrtausendchance ermöglichte. Klärte mehrfach im Spektakelmodus, als er seine ganze Statur ins Getümmel warf. Ach so, und: lieber "Chummels" als "Schummels".

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Jérôme Boateng

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Quelle: AFP

Hieß in einer Zeitung ganz offiziell "Boanteng", weil diese deutschen Namen ja auch einfach eine Krux sind für Spanier (erinnert sei an "Esweinesteigerrr"). Hatte gegen die Beweglichkeit von Sevillas Angreifern so seine Anpassungsprobleme, biss sich aber hinein in diese wilde Reiberei von einem Fußballspiel. Hielt sein Knie in die Laufbahn des Balles, wenn ein Knie gefragt war, haute mal eine Kerze hinten raus, wenn sonst nichts mehr ging. Letztlich solide, dieser Boanteng.

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Juan Bernat

Champions League Quarter Final First Leg - Sevilla vs Bayern Munich

Quelle: REUTERS

Verfügt insbesondere über ein recht gutes linkes Bein und gab daher als Linksverteidiger den logischen Ersatz für David Alaba (hatte Rücken). Zeigte leider einige gar nicht so logische Aktionen, kam zu spät, sah Gelb und verlor Bälle. Beim Gegentor mit maximal unglücklicher Stocherei gegen Sarabia und ohne Erfolg mit seiner Reklamation auf Handspiel. Zwang Heynckes damit zu seiner überaus logischen Auswechslung zur Halbzeit.

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Javi Martinez

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Quelle: AFP

Verbrachte als Baske in Andalusien allenfalls ein halbes Heimspiel, verstand aber trotzdem jede Schmeichelei des Publikums (irgendwas mit "hijo"). Zu Beginn öfter mal ein paar Schrittchen zu spät, was die Bayern ganz schön ins Schwimmen brachte. Beim 0:1 schließlich waren es mehr als ein paar Schrittchen, es waren gefühlte Meilen, die er entfernt von Flankengeber Escudero stand. Machte einiges gut, als er nach der Pause mit einer Grätsche aus dem Baskenland angeflogen kam, um gegen Vazquez das 1:2 zu verhindern. Bestand den Charaktertest endgültig, als er sich steigerte und sogar fast das 2:1 erzielte.

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Thiago

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Quelle: AP

Durfte als kleine Überraschung anstelle des zuletzt schillernden James ran und war damit endgültiger Beweis, dass Heynckes Spanien mit allen verfügbaren Exil-Spaniern erobern wollte. Verging sich mit ein paar sehr ungenauen Standards, die stets nur den Gegner erreichten. Sollte organisieren, strukturieren, doch er war mehr damit beschäftigt, überhaupt zu funktionieren. Fand den Zugang zu diesem Spiel, als er die Fummelei sein ließ und wie beim Tapas-Essen auf die kleinen Dinge setzte: Ballgewinne, Kurzpässe und dann ein Kopfballstreichler im Fallen zum 2:1. Nicht sein bester Auftritt, aber eben Spielentscheider.

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Arturo Vidal

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Quelle: AFP

Der Emotionsspieler im Brüllkessel Pizjuan - eine Partie wie hingepinselt für Heynckes' Lieblings-Chilenen. Streichelte gleich mal Ben Yedder zu Boden, so dass die Zuschauer Brunftschreie bis in die Sierra Nevada ausstießen. Verhedderte sich öfters und winkte bald in Richtung Bank, dass es ihn zwickte. In der 36. Minute nahm sein Arbeitstag ein jähes Ende. Das Publikum hatte er aber gebührend gegen sich aufgebracht.

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Thomas Müller

Champions League Quarter Final First Leg - Sevilla vs Bayern Munich

Quelle: REUTERS

Bei seinen Laufwegen könnte ihm kein Bulle der Welt folgen. Suchte die Zwischenräume wie ein Mofafahrer im Gassengewirr vor der Kathedrale Sevillas, fand aber zunächst nur ein Dickicht aus gegnerischen Beinen und Körpern. Wich häufig nach rechts aus, wo er mehr Platz fand. Flankte ansehnlich zu Martinez, der knapp das 2:1 verfehlte. Fand diesmal nicht das entscheidende Schlupfloch, wirkte aber deutlich kampferprobter als Sturmkollege Lewandowski.

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Franck Ribéry

Sevilla FC v Bayern Muenchen - UEFA Champions League Quarter Final Leg One

Quelle: Getty Images

Ist nach aktuellen Informationen kein Spanier, sondern ein waschechter Bayer. Würde gerne "machen ein Jahr mehr" in München und wollte deshalb stierkampfmäßig Torero-Haken schlagen. Sah aber erst einmal die Farbe Gelb vor seiner Nase, weil er Sevillas Correa abgeräumt hatte. Erreichte bald Betriebstemperatur, schunkelte Sarabia an der Eckfahne ins Delirium und erzwang dann das 1:1 mit einem Flachpass an die Hacke von Jesus Navas. Dass es SEIN Spiel war, manifestierte sich schließlich, als er mit Rafinha links Tiki-Taka zelebrieren durfte und seine Bogenlampe Thiagos Kopf zum 2:1 erreichte.

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Robert Lewandowski

Sevilla FC v Bayern Muenchen - UEFA Champions League Quarter Final Leg One

Quelle: Getty Images

Sucht angeblich immer noch einen Weg, um nach Madrid zu gelangen, da war Sevilla schon mal ein Anfang. Steckte aber meist fest zwischen den beiden wandelnden Türstöcken Kjaer, Lenglet und N'Zonzi. Hatte kaum Szenen, weil in der Mitte ganz Sevilla auf ihn aufpasste und er eingespannt war wie ein Jamon Iberico im Schinken-Schraubstock. Musste feststellen, dass man in der Champions League eben doch nicht so leicht Torschützenkönig wird wie in der Bundesliga. In der Primera Division übrigens auch nicht, denn da spielen ja Messi und Ronaldo.

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Einwechselspieler: James Rodriguez

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Quelle: AFP

Kam herein, als Sevillas Publikum gerade Vidal vom Feld plärrte und machte mit seinem ersten Ballkontakt so ziemlich alles richtig: Trieb den Ball über links nach vorne, passte im richtigen Moment zu Ribéry und schwupps plärrten nur noch die Bayern-Fans - es stand 1:1. Hat gegen Sevilla schon einige Tore geschossen und fühlte sich sichtlich wohl in dieser Atmosphäre. Demonstrierte eine Klarheit in seinen Aktionen (u.a. ein Arjen-Robben-Schlenzer mit links), die den Bayern derzeit gut tut. Robben spielte übrigens erst ganz spät mit.

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Rafinha

FC Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Durfte nach der Pause mal wieder als Linksverteidiger aufs Feld, das gab es zuletzt unter Guardiola. Aber Bernats Wackeltag machte es notwendig und Rafinha seine Sache ordentlich. Gewann in seinen ersten zehn Minuten auf dem Feld mehr Duelle als sein Vorgänger in einer ganzen Halbzeit. Harmonierte auffallend gut mit Ribéry, der ihm als Billardbande für einige Doppelpässe diente.

(Archivbild)

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Arjen Robben

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Quelle: AP

Begann da, wo er nach dem Dafürhalten von Arjen Robben niemals hingehört: Ganz links außen. Auf der Bank. Durfte erst herein, als Heynckes sich sicher war, dass diese Schlacht um die Spielfeldmitte dank anders befähigter Kollegen gewonnen war. In einem so wichtigen Spiel nur zehn Einsatzminuten - das wird in ihm arbeiten. Es ist aber auch ein Fingerzeig in die Zukunft (falls er seinen Vertrag verlängert).

© SZ.de/ska/jki
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