Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Einzelkritik:Lätschert auf Kreisklassen-Niveau

Philipp Lahm wirkt trotz Sammers mahnender Worte lasch, Franck Ribéry erlebt ein Déja-vu in Weißrussland und Toni Kroos trifft den Pfosten wie einst Frank Mill. Die Bayern beim 1:3 gegen Bate Borissow in der Einzelkritk.

Johannes Aumüller

FC Bayern in der Einzelkritik

Manuel Neuer

Philipp Lahm wirkt trotz Sammers mahnender Worte lätschert, Franck Ribéry erlebt ein Déja-vu in Weißrussland, und Toni Kroos trifft den Pfosten wie einst Frank Mill. Die Bayern beim 1:3 gegen Bate Borissow in der Einzelkritk. Manuel Neuer: Hatte am Tag vor dem Spiel auf die Frage nach seinen ersten Weißrussland-Eindrücken erklärt, bei der Passkontrolle sei alles glatt gegangen. Hatte vermutlich gedacht, dies sei ein gutes Omen für diesen Aufenthalt in Minsk. Musste dann aber schnell einsehen, dass an diesem Abend nur wenig glatt lief: musste schon früh eine Chance von Edgar Olechnowitsch parieren. An den Gegentreffern schuldlos, verhinderte mit einigen Reflexen sogar noch weitere.

FC Bayern in der Einzelkritik

Philipp Lahm

Philipp Lahm: Müsste als gebürtiger Münchner bestens verstanden haben, was Sportchef Sammer meinte, als er den Auftritt der Mannschaft gegen Bremen mit dem Begriff "lätschern" (bairisch korrekt wäre: "lätschert": lasch, matt, schlapp) charakterisiert hatte. Wirkte in vielen Momenten trotzdem so. Immer wieder kam sein Gegenspieler Aliaksandr Hleb zu gefährlichen Momenten - unter anderem, als er mit einem Flügelwechsel das 1:0 einleitete.

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Jérôme Boateng

Jérôme Boateng: Ist bekannt dafür, dass er fast eine ganze Partie lang einwandfrei spielen kann - und sich irgendwann doch noch einen krassen Aussetzer erlaubt. Leistete sich diesmal schon nach wenigen Minuten einen Aussetzer, als er im Duell mit Olechnowitsch pennte und die erste Bate-Chance ermöglichte. Leistete sich dann noch diverse andere Aussetzer.

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Dante

Dante: Gehörte bisher wahrscheinlich zu jenem Großteil der Menschheit, der beim Begriff Pawlowscher Reflex an die Experimente und Erkenntnisse eines russischen Wissenschaftlers dachte. Gehört seit diesem Abend zu jenem Teil der Menschheit, der beim Begriff Pawlowscher Reflex an einen 28-jährigen weißrussischen Fußballspieler denken muss.

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Holger Badstuber

Holger Badstuber: Agierte wieder als Linksverteidiger, was er so gerne mag wie ein heimkehrender Urlauber eine lange Schlange an der Passkontrolle. Zeigte gleich zu Beginn eine riskante Kopfballrückgabe, postierte sich danach einige Male falsch, unter anderem beim Gegentor. Ungefährlich bei seinen Eckbällen. Kann sich mal bei Matthias Sammer erkundigen, ob es im Sächsischen vielleicht noch eine Steigerung zu lätschert/lätschern gibt.

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Javier Martínez

Javier Martínez: Erlebte eine Art Bewährungsprobe. Die 40 Millionen Euro hatten die Bayern ja vor allem auch mit Blick auf kritische Spielmomente getätigt: wenn es eines Spielers bedarf, der die Partie erst an sich und dann herum reißt. Doch das gelang dem Spanier nicht. Nach hinten sicherte er zwar gut ab und gab er sich so rigoros, wie sich an diesem Abend sonst nur die grimmig dreinschauenden weißrussischen Sicherheitskräfte gaben. Doch nach vorne immer nur mit einem Tempo und mit viel zu wenigen Impulsen.

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Luiz Gustavo

Luiz Gustavo: Spielte überraschend an der Seite von Martínez im defensiven Mittelfeld, obwohl an dieser Stelle alle Bastian Schweinsteiger erwartet hatten. Stand oft an der Mittellinie herum, schaffte es auch nicht, für Impulse nach vorne zu sorgen.

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Thomas Müller

Thomas Müller: Hat ja kürzlich selbst bekannt, dass er während eines Spiels sowohl Kreisklasse- als auch Weltklasse-Momente haben kann. Begann die Partie in Minsk engagiert und kämpferisch und hatte auch eine starke Kopfball-Chance. Doch danach fiel ihm nicht mehr viel ein. Eher Kreis- als Weltklasse an diesem betrüblichen Abend.

FC Bayern in der Einzelkritik

Toni Kroos

Toni Kroos: Qualifizierte sich nach 13 Minuten für den Frank-Mill-Gedächtnispreis, als er äußerst gallig Dmitrij Lichtarowitsch den Ball abluchste, Bate-Torwart Andrej Gorbunow umkurvte - und dann nur den Pfosten traf. Offenbar nachhaltig beeindruckt von diesem Fehlschuss. Bemühte sich danach vergebens um Struktur und baute in der zweiten Hälfte noch weiter ab.

FC Bayern in der Einzelkritik

Franck Ribéry

Franck Ribéry: Hatte 2011 schon einmal in Minsk gespielt und war damals mit der französischen Nationalmannschaft überraschend nur zu einem 1:1 gegen Weißrussland gekommen. Musste sich bald an diese Partie erinnert fühlen, weil auch damals nach etwas mehr als 20 Minuten der Führungstreffer für den Gegner gefallen war. Versuchte von allen Bayern-Offensivspielern am meisten und hatte folgerichtig die besten Szenen in der Schlussphase - einen Lattenschuss und den Treffer zum 1:2.

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Mario Mandzukic

Mario Mandzukic: Hatte eine Schuss-Möglichkeit in der sechsten Minute und eine Kopfball-Chance in der 26. Minute - mehr war vom Kroatischen Angreifer nicht zu sehen. Bezeichnend fürs Bayern-Offensivspiel, wenn der Mittelstürmer gegen eine Mannschaft wie Bate Borissow nur zu zwei Chancen kommt.

FC Bayern in der Einzelkritik

Xherdan Shaqiri

Xherdan Shaqiri: Kam überraschend in der 58. Minute für Martínez, obwohl in diesem Moment viele mit einer Einwechslung von Bastian Schweinsteiger gerechnet hatten. Ohne gute Szenen.

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Bastian Schweinsteiger

Bastian Schweinsteiger: Kam nach 77 Minuten. Einen Borissow-Angriff später stand es 2:0 für die Weißrussen.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2012
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