FC Bayern in der Einzelkritik:Kratzig wie ein Wollpullover

Rafinha rettet mehrfach, Thomas Müller ist unberechenbar wie ein Ahornblatt im Sturm. Und bei Robert Lewandowski klappt ausnahmsweise nicht alles: Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider, Bremen

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Manuel Neuer

Germany v Georgia - EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Kam als erster auf den Rasen und stand deswegen am längsten im Bremer Herbst-Griesel. Darf aber ja als einziger Spieler jetzt schon Handschuhe anziehen, ohne als Weichei zu gelten. Wärmte sich auf und war dann hauptsächlich damit beschäftigt, die Wärme zu halten. Hielt in der 12. Minute einen Schuss von Anthony Ujah, dann wurde es wieder ruhiger. Hätte über weite Strecken des Spiels gefahrlos einen Drachen steigen lassen können. Was umso sinnvoller erscheint, da keine Fußballregel das Drachensteigenlassen explizit verbietet. War ansonsten die Funktionsjacke im Tor: Wehrt alles ab, was von außen so einprasselt. Rettete in der 69. Minute erneut gegen Ujah aus kurzer Distanz. Bayern wäre sonst richtig nass geworden.

(Archivbild)

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Rafinha

Werder Bremen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Nimmt als Brasilianer das grieselige Wetter so gelassen wie eben jemand, der in seinen zehnten deutschen Herbst geht. Spielte in dieser Saison noch keine so große Rolle wie in der vergangenen Runde, nahm das aber bisher auch recht gelassen hin. Vielleicht weil er weiß, dass Verletzungen und englische Wochen ihn immer wieder in Startelf wehen werden. Wollte seinen Spezi Claudio Pizarro beim Aufwärmen drücken und nicht mehr loslassen. Kratzte und biss im Spiel dann aber wie ein selbstgestrickter Wollpullover. Rettete mehrfach gegen Bremer Konter und foulte kurz vor Halbzeitpfiff Santiago Garcia, der sonst wohl allein durch gewesen wäre. Holte sich danach mit einer beeindruckenden Unschuldsmiene Gelb ab. Als Bremen richtig gefährlich wurde, war er nicht mehr auf dem Platz.

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Jérôme Boateng

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Quelle: AP

Bekam vom Kollegen Müller den Spitznamen "Kaiser" verpasst, der zumindest fußballerisch noch immer als großes Lob gilt. Hat in diesem Herbst ja eine Entwicklung durchgemacht. War bisher ein sehr guter Abwehrspieler. Ist jetzt ein sehr guter Abwehrspieler, der öffentlich den Mund aufmacht. Dirigierte dann auf dem Platz weniger mit Worten, sondern mit langen Bällen. Allerdings verteidigte Bremen so tief, dass Boateng fast schon auf Schussweite zum Tor nach vorne rückte. Nahm manche Bälle des Gegners gar nicht mehr an, sondern spielte direkt volley einen Pass auf die Außenverteidiger. Rettete in der Bremer Drangphase gegen Ende mit einer altbewährten Boateng-Grätsche.

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David Alaba

Werder Bremen - Bayern München

Quelle: dpa

Als Österreicher natürlich eher Wintersportler. Spielt aber derzeit in einer Form, dass ihm nicht nur die Jahreszeit sondern auch die Position egal geworden sind. War noch kein Torwart und kein Stürmer, sonst aber alles. Begann in Bremen als Innenverteidiger neben Boateng, hatte aber zwecks mangelnder Bremer Angriffsbemühungen in der ersten Halbzeit kaum klassische Innenverteidigeraufgaben. Versuchte daher im Spielaufbau den großen grünen Block auseinanderzunehmen. Wäre vor allem gegen Ende des Spiels wahrscheinlich froh gewesen, wenn ein Javi Martinez, ein Medhi Benatia oder selbst ein Dante zur Verfügung gewesen wären.

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Juan Bernart

Werder Bremen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Wie Rafinha in dieser Saison lange nicht so prägend wie noch in der vergangenen Rückrunde. Spielte erst dreimal von Beginn an, unter anderem in Darmstadt. Fiel dann wegen Adduktorenproblemen zwei Wochen aus und ist nun erst einmal einer dieser Spieler, die Pep Guardiola absolut gefahrlos in so ein Ligaspiel gegen Werder Bremen werfen kann. Spielte dann auch zunächst gefahrlos. Sowohl nach hinten (was gut war) als auch nach vorne (was nicht so gut war). Hatte allerdings auch mit Thiago einen Partner auf der Seite, der auf der Außenposition spielte und dort so gut klarkam wie Sommerreifen auf rutschigem Laub. Stoplerte gegen Ende im Strafraum und verhalf Bremen damit fast zum Ausgleich. Hätte wahrscheinlich nicht durchgespielt, wenn Guardiola mehr Optionen gehabt hätte.

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Xabi Alonso

-

Quelle: AP

Der vollkommenste Oktober-Spieler auf dem Platz, weil er nicht nur einen rot-goldenen Bart sondern zuweilen auch einen Blick wie Nieselregen hat. Die großen Literaten verbanden diese Jahreszeit mit Vergänglichkeit, kannten aber halt auch Xabi Alonso noch nicht. Weigert sich beharrlich, in seiner Leistung nachzulassen. Agierte als Libero zwischen Boateng und Alaba und weil ihm Werder keinen Bewacher auf den Fuß stellte, konnte er das Spiel nach seinen Vorstellungen ordnen. Schaute, trat auf den Ball, zog ihn mit Fußsohle zurück, schaute wieder, passte. Wiederholte diese Prozedur mit der Geduld des Alters, so oft, bis Werder ausgeguckt war. Wirkte allerdings bei den aggressiven Schlussangriffen der Bremer zuweilen zu langsam. Ist trotzdem nicht im Herbst seiner Karriere angekommen, sondern bleibt noch im Spätsommer.

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Philipp Lahm

563325263

Quelle: AFP

Wäre sein Spiel ein Herbsttag würde der so aussehen: Spaziergang mit der dick eingepackten Familie. Dabei dürfen alle einmal in den Laubhaufen rennen. (Aber nur, wenn es nicht zu nass ist). Anschließend werden Kastanienmännchen gebaut und es gibt zuckerfreien Tee. Schaltete allerdings erst nach knapp zehn Minuten in diesen Tadellos-Modus. Davor setzte ihn Guardiola als Robben-Ersatz auf dessen Position ein. Das funktionierte bedingt. Als Thomas Müller dann nach Außen und Lahm wieder in die Mitte rückte, war der Kapitän bis zur Schlussphase in seiner Wohlfühl-Zone. Vollführte in der ersten Halbzeit mehrfach die bekannte Lahm-Drehung um die eigene Achse. War dann gegen Ende auch nicht in der Lage, die Bremer Schlussoffensive irgendwie in den Griff zu bekommen und wird sich auf Kamin und Filzpantoffeln freuen.

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Arturo Vidal

Werder Bremen - Bayern München

Quelle: dpa

Kommt ja bekanntlich aus Chile wo (je nach Breitengrad des langen Landes) ja gerade nicht Herbst sondern Frühling ist. War unter der Woche mit der Nationalmannschaft in Südamerika unterwegs und reiste mit entsprechenden Meilen im Flieger, möglichen Knieproblemen und Zeit- und Jahreszeitumstellungen nach Bremen. Merkte man ihm auch an. Agierte offensiv und sollte mit seinen Wühler-Eigenschaften wahrscheinlich Löcher in den Bremer Abwehrverbund graben. Gelang ihm in den sehr engen Bremer Abwehrketten nicht wirklich. Wirkte darum oft wie ein Boxer ohne Gegner. Als Bremen mitspielte und anfing, selbst anzugreifen, fiel er auch nicht als stabilisierendes Element auf. Guardiola und Joshua Kimmich werden es zur Kenntnis nehmen.

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Thomas Müller

Werder Bremen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Unberechenbar wie ein Ahornblatt im Oktober-Sturm. Mal links, mal rechts, mal oben mal unten. Aber in seinem chaotischen Flug irgendwie ästhetisch und in verschlungenen Wegen immer ein konsequentes Ziel verfolgend. Spielte erst in der Mitte, dann auf der rechten Außenbahn, weil Lahm dort nicht zurecht kam. Bewegte sich im engen, grünen Block noch am elegantesten und traf zur Führung, indem er einmal diagonal über das Spielfeld mäanderte und den Pass von Thiago in Empfang nahm.

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Thiago

563325263

Quelle: AFP

Sollte anstelle von Douglas Costa die linke Außenposition übernehmen. Ob Guardiola damit einfach nur den Brasilianer schonen wollte oder ob er dabei einen genialen Plan verfolgte, war über das ganze Spiel nicht zu erkennen. Für These eins spricht: Thiago wird in diesem Leben kein Flügelflitzer mehr. Schaffte es nicht, mit Tempo Lücken zu reißen oder Flanken zu schlagen, sondern zog instinktiv immer wieder in die viel zu volle Mitte. Für These zwei spricht: Als er dann in der ersten Halbzeit wieder in die Mitte zog und statt zu dribbeln einer seiner durchgesteckten Pässe schlug, fand er Thomas Müller und der traf zur Führung.

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Robert Lewandowski

Bayern Munich's Lewandowski controls the ball during Bundesliga soccer match against Werder Bremen in Bremen

Quelle: REUTERS

Würde in der aktuellen Form wohl auch eine vorher angekündigte Zahl an Kastanien vom Baum schießen. Braucht aber selbst dafür einen Ball. Den bekam er in Bremen höchst selten. Setzte in der ersten Halbzeit erst einen Flugkopfball mit einem anschließenden Bauchplatscher neben das Tor, setzte dann einen Kopfball stehend in die Arme von Werder Torwart Felix Wiedwald. Demonstrierte sein Selbstbewusstsein, als er in Hälfte zwei per Hacke treffen wollte. Gelang ihm dann doch nicht. Knallte anschließend mit Wiedwald zusammen und hätte dafür wohl einen Elfmeter bekommen können. Aber heute klappte ausnahmsweise mal nicht alles.

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Werder Bremen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Joshua Kimmich: Kam in der 77. Minute für Rafinha und sollte das zeitweise aufreibende Spiel beruhigen. Gelang ihm nicht.

Milos Pantovic: Spielt auch beim FC Bayern und kam kurz vor Abpfiff um den Sieg über die Zeit zu retten.

© SZ.de/sonn
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