FC Bayern in der Einzelkritik:Badstuber erlebt einen verflixten Abend

Der Verteidiger sieht Rot. Kingsley Coman gelingt wohl die kurioseste Torvorbereitung seit Fußballgedenken. Und Douglas Costa ist definitiv ein Solokünstler. Der FC Bayern beim 4:0 gegen Piräus in der Einzelkritik.

Aus dem dem Stadion von Jonas Beckenkamp

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Manuel Neuer

Manuel Neuer

Quelle: AP

Hat die Zeit der besinnlichen Nächstenliebe ein wenig eher eingeleitet: Lässt dieser Tage ab und zu mal einen rein (Giroud! Meyer!), weil es sonst noch langweiliger wäre als ohnehin schon. Vertrieb sich zunächst die Zeit mit munterem Herauslaufen und stürzte sich gierig in Richtung der sehr steilen griechischen Steilpässe. Was hätte er auch sonst tun sollen, um warm zu bleiben? Hier ein paar Vorschläge: Einen Schneemann aus frostiger Luft bauen. Die Nationalhymne rückwärts singen. Bei Instagram nach Katzenbildern stöbern. Ja mei, ein ganz normaler Abend halt. Nix los, saukalt war's und wieder mal das Abendprogramm in der ARD verpasst. Ließ diesmal keinen rein. Zu Weihnachten dann wieder. Wenn die anderen brav sind.

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Philipp Lahm

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Ließ zuletzt auch großzügig einen rein - und zwar den Schalker Slalomtyp Meyer, der an ihm vorbei in den Bayern-Strafraum wedelte. So was passiert einem wie ihm natürlich nicht zweimal. Warf sein ganzes Pflichtbewusstsein in die Aufgabe auf der rechten Seite, stellte aber bald fest, dass die Griechen bestenfalls das Niveau der Paulaner Traumelf mitbrachten. Ließ sich trotzdem nichts anmerken und tat erfolgreich so, als müsse er sich anstrengen. Ließ keinen rein, keinen durch und auch keinen an sich vorbei. Spielte also genauso wie Philipp Lahm sonst immer spielt: Jenseits von jedem Fehler, voller Routine und mit der ganzen Bierruhe eines gebürtigen Münchners. Ach ja, hübsche Flanke vor dem 4:0.

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Jérôme Boateng

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Bevor er einen reinlässt, muss schon viel passieren. Hat ja die seltene Gabe mit zwei langen Schritten das halbe Feld abzudecken. Könnte auch deshalb in Kürze ein elitär dotiertes Arbeitspapier bis 2021 unterschreiben. Ist einer für alle Fälle auf dem Feld, auch für Fernschüsse - aber das haben sie bei Olympiakos offenbar noch nicht mitbekommen. Leitete mit seinem Kanonenschuss das 1:0 ein. Musste sich in der Folge kaum verausgaben, tat mal einen Riesenschritt hier hin, mal einen dort hin und nutzte sein elitäres Stellungsspiel dazu, auf hohem Niveau nichts anbrennen zu lassen. Prognostiziertes Jahresgehalt im neuen Vertrag: Schneidig in Richtung zehn Millionen.

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Holger Badstuber

Bayern München - Olympiakos Piräus

Quelle: dpa

Hat auch eine besondere Gabe - nämlich seinen unbändigen Willen, immer wieder zurückzukommen. Nach seinem Muskelsehnenriss erstmals seit April in der Startelf, wo er eine weitere Gabe gewinnbringend einsetzen sollte: sein Geschick im Aufbauspiel. Bekam von seinen Kollegen fast schon aufreizend viele Zuspiele, als wollten sie ihm nach der langen Abstinenz ein wenig Sparring ermöglichen. Wirkte bei einigen Bewegungen noch etwas hüftsteif und konnte seine fehlende Praxis kaum kaschieren. Erlebte dann das, was er auch bei voller Gesundheit gar nicht mag: Einen Sprint gegen einen flinkeren Gegenspieler. War gegen Ideye Brown deutlich unterlegen und verhakte sich so ungeschickt in den Olympiakos-Spieler, dass es Rot gab. Verflixter Abend für den Rückkehrer.

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Rafinha

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Quelle: AFP

Kein Alaba? Wurscht, dann spielt halt der Rechtsverteidiger Rafinha links - und wenn eines Tages keine Stürmer mehr da sind, stürmt vermutlich einfach der kleine Brasilianer. So ist das unter Guardiola: Viele können vieles, Rafinha kann alles. Neuerdings sogar den erhabenen Diagonalpass, den er gleich dreimal in Richtung Robben entsandte. Erledigte seine Aufgabe mit gemütlichen, kleinen Kurzpässen, einigen Pirouetten und ausreichend Biss, um keine Kalamitäten zuzulassen. Bleibt noch die Frage: Wo spielt er als nächstes? Vorschlag: Links- und Rechtsverteidiger in einem.

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Arturo Vidal

Arturo Vidal, Pajtim Kasami

Quelle: AP

Im Mittelfeld so etwas wie der Last Man Standing, denn rein nominell gab es diesmal außer ihm nur Verteidiger (vier) oder Stürmer (fünf!). Nahm die Allein-Verantwortung dankbar an und schaufelte sich von "Box to Box" reichlich Kilometer aufs Miles-and-more-Konto. Als es zwischenzeitlich einmal zu sehr nach vorne ging, gab's von Guardiola eine kurze Ansage. Spulte in der ersten Hälfte ein enormes Pensum ab, rannte, grätschte und fuchtelte herum. Danach eher im Steh- und Trabmodus unterwegs, was vor allem eines war: egal. Denn die Bayern waren ja auch zu Zehnt drei Klassen besser.

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Kingsley Coman

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Sein Startelf-Einsatz war Guardiolas ultimatives Signal für Offensive hoch fünf! Besetzte in der Überfall-Fraktion die linke Seite und erlebte erst einmal Ungewohntes, als ihm ein Mensch namens Elabdellaoui davonrannte. Nahm diesen Akt der Herausforderung achselzuckend hin und machte sich fast im Gegenzug auf zur wohl kuriosesten Torvorbereitung seit Fußballgedenken: Latzte Lewandowski den Ball von hinten in die Hacken, woraufhin der Pole freistehend das 2:0 erzielte. Beteiligte sich mit der zweitkuriosesten Torvorbereitung der Historie auch am 3:0, als er einen Ball volley ins Nirwana schoss und so ganz Piräus durcheinander brachte. Krönte seinen starken Auftritt schließlich mit dem Treffer zum 4:0, bei dem er Kopf und Kragen riskierte und vom griechischen Keeper eine Faust abbekam. Chapöchen!

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Thomas Müller

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Spielt seit Wochen in Zungenschnalzer-Form. Würde derzeit wohl auch das Tor treffen, wenn er nebenbei drei Gyros-Teller balancieren würde. Stocherte entsprechend animiert drauf los, die Griechen hatten im Grunde auch wenig dagegen. Hatte sich gerade so richtig warmgewerkelt, da köpfelte ihm Robben (!) einen Abpraller vors Geläuf, den er vielleicht sogar mit drei Gyros-Tellern und vier Souvlaki-Spießen in der Hand verwandelt hätte. Wurschtelte danach ein bisschen herum, nichts Weltbewegendes eigentlich. Legte Coman schließlich per Kopf das 4:0 auf. Da hätte ihm der Franzose dann ruhig mal einen doppelten Ouzo spendieren können.

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Arjen Robben

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Musste sich unlängst wieder mal dezente Aleinikow-Allüren nachsagen lassen, was natürlich ein rechter Schmarrn ist. Robben eine Ich-AG? Das ist soooo 2011 (findet zumindest Arjen Robben). Genoss auf der rechten Seite so viel Platz wie zuletzt in der A-Jugend beim VV Bedum. Nutzte das Raumangebot, um die ganze Palette des Robbenschen Oevres vorzuführen: Haken, Dribblings, Duracell-Sprints - und, siehe da, eine blitzsaubere Torvorbereitung bei Müllers 3:0. Leider gehört aber auch das zum Robbenschen Repertoire: Ein Zwicken im Gebein und schwupps war sein Arbeitstag nach einer halben Stunde beendet.

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Douglas Costa

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Quelle: AP

Ist definitiv ein Solokünstler und das ist völlig okay so. Ihm zuzuschauen ist manchmal wie ein Nachmittag in der Youtube-Dauerschleife: Tricks, Tänzchen, Törchen. Wie er bei seinem Treffer zum 1:0 bewies, beherrscht er aber auch Rustikaleres - wie zum Beispiel den humorlosen Abstauber. Arbeitete auffällig oft nach hinten mit, als wollte er an diesem Abend den endgültigen Beweis dafür erbringen, dass er ein Solokünstler mit Herz fürs Team ist. Verbrachte den Rest des Abends damit, den Ball bei jeder Berührung zu liebkosen oder zu lupfen. Bei seinem Alleingang in der 58. Minute schaufelte er die Kugel so lässig in die Luft, dass man annehmen musste, er wolle damit selbst zum Youtube-Hingucker werden. So nicht, Senhor Costa!

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Robert Lewandowski

Bayern v Olympiacos - Champions League Group Stage

Quelle: REUTERS

Hat schon lange nicht mehr fünf Tore in neun Minuten erzählt, aber es macht einem halt nicht jeder Gegner so leicht wie der VfL Wolfsburg. Wobei die Griechen schon arg in Richtung Wolfsburg tendierten. Ließ sich vor dem 2:0 formschön von Coman anschießen und knallte den Ball dann mit dem Humorgrad eines Verwaltungsangestellten ins Tor. Fiel ansonsten gar nicht groß auf, weil für den Glanz an diesem Abend die anderen zuständig waren. Ging vorzeitig für Medhi Benatia vom Feld, weil Guardiola nach dem Platzverweis die Abwehr stärken wollte (beim Stand von 3:0, wohlgemerkt). Ersparte sich so wenigstens ein paar Minuten Münchner Saukälte.

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Joshua Kimmich

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Quelle: AFP

Durfte früh herein, weil es Robben irgendwo weh tat. Erhöhte damit die Zahl der Bayern-Mittelfeldspieler auf stattliche zwei. Aber das war auch irgendwie egal. Die Bayern hätten dieses Spiel auch mit elf Greenkeepern gewonnen. Trug mit klugen Pässen im Zentrum dazu bei, dass die Dominanz der Münchner konstant hoch blieb. Vergab viel zu lässig eine Jahrtausendchance zum 5:0, aber das juckte auch keinen mehr. Dass ein Kerl mit seinem Talent beim FC Bayern nur selten spielt, ist schon bemerkenswert.

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Benatia und Martinez

Medhi Benatia

Quelle: AP

Medhi Benatia: Kam nach Badstubers Feldverweis in die Partie, um hinten die Null zu sichern. Klappte prächtig, das war gegen die geballte griechische Harmlosigkeit aber auch keine Kunst.

Javier Martinez: Fror auch noch ein wenig mit. Spielte nach vielen Auftritten in der Abwehr mal wieder im defensiven Mittelfeld - erhöhte damit die Anzahl der Mittelfeldspieler auf stattliche drei.

© sz.de/schma
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