FC Bayern in der Einzelkritik:Audienz bei Thiago

Der Spanier vollführt den göttlichen Kurzpass, David Alaba tut es Zeus gleich - nur Thomas Müller greift lieber in die Schlawiner-Trickkiste. Die Bayern in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp, Piräus

Manuel Neuer

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(Foto: Paul Hanna/Reuters)

Ist bekanntermaßen mit einer gehörigen Portion Unerschütterlichkeit gesegnet, was im Getöse des Karaiskakis-Stadions durchaus hilfreich war. Begegnete schon beim Warmmachen dem Grölchor aus der Olympiakos-Fankurve wie der Stoiker Diogenes von Babylon. Durchlief in seinem 50. Einsatz in der Champions League dann eine kurzfristige Metamorphose, als er an der Eckfahne algerisch gegen Felipe Pardo rettete (Foto). Einmal auf Betriebstemperatur, wischte er auch noch einen Schuss von Ideye Brown über die Latte. Genoss danach den lauen Sommerabend und träumte womöglich von einer Poseidonplatte als Nachtmahl.

Philipp Lahm

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(Foto: dpa)

Sieht auch mit 31 noch so jung aus, dass er sich problemlos unter all die Schulklassen auf der Akropolis mogeln könnte. Verzichtete aber aufs Sightseeing und konzentrierte sich stattdessen lieber auf seine Aufgabe als Rechtsverteidiger. Gab dort mit Olympiakos-Angreifer Ideye Brown ein ulkiges Paar ab: Hier der kleine Fips, da die Wuchtbrumme Brown. Erledigte hinten alles mit gewohnter Sorgfalt, hielt sich vorne dafür zurück. Würde als Weltmeister auf der Akropolis vielleicht eh freien Eintritt kriegen.

Jérôme Boateng

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(Foto: REUTERS)

Die Münchner Version des "Koloss von Rhodos" sollte hinten organisieren und aufräumen. Das gelang ihm souverän, indem er in haarigen Situationen einfach seinen riesigen Körper als Prellfläche einsetzte. Strahlte eine gehörige Präsenz aus, rannte häufig an den richtigen Fleck und brauchte sich so nicht zu verausgaben. Konnte sich zu späterer Stunde sogar ein paar Steheinheiten am Mittelkreis erlauben. Ganz entspannte Sache alles.

David Alaba

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(Foto: dpa)

Was den alten Griechen ihr Kriegergott Zeus war, ist den Bayern ihr David Alaba. Residiert zwar nicht auf dem Olymp, dafür aber neuerdings in der Verteidigung. Kann er auch, eh klar. Schlich sich mit seinen blauen (!) Schuhen immer wieder über die Mittellinie, um das Spiel anzukurbeln. Half so munter mit, die Griechen in ihre eigene Hälfte zu drängen und die Münchner Ballbesitzstatistik in Richtung 300 Prozent zu treiben. Sollte er eines Tages doch auf dem Olymp landen, werden die alten Herren dort endlich mal ein bisserl Wiener Schmäh kennenlernen.

Juan Bernat

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(Foto: AP)

Ballsicher, wendig, spielstark - an diese Qualitäten erinnerte sich Guardiola nun doch wieder und platzierte den Spanier in der ersten Elf. Dort verbrachte Bernat einen Abend nach seinem Gusto. Seine Vorstöße belebten den Vortrag der Münchner, einmal traute er sich sogar ein Torpedogeschoss mit Links zu. Hinten wurde er kaum gefordert. War ansonsten - wie immer, wenn er dabei ist - der O-beinigste Mann auf dem Feld.

Xabi Alonso

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(Foto: AFP)

Seinen Pässen wohnt mitunter philosophische Tiefe inne - sie laden ein zum Schwelgen über die Schönheit des Spiels. Zeigte gleich ein paar Beispiele seiner Kunst und eröffnete der Bayern-Offensive ein paar Räume. Durfte ohne lästiges Pressing der Griechen so auftreten, wie er es liebt: Das Geschehen vor sich, genug Zeit zum Handeln, ein Diagonalpässchen hier, ein Seitenwechsel da, alles "muy tranquilo". Machte dann früher Feierabend und ging für Kimmich vom Platz.

Arturo Vidal

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(Foto: dpa)

Hat es nicht so sehr mit der Philosophie und der inneren Ruhe, war dafür aber einmal mehr der bemalteste Mensch auf dem Platz. Blieb trotz der Bayern-Dominanz zunächst eher unauffällig - er brauchte auch nicht so viel laufen wie sonst. Steigerte sich in der zweiten Hälfte und führte immerhin kerniges Grätschhandwerk vor. Humpelte schließlich vom Feld und fasste sich an die rechte Wade. Ob die auch tätowiert ist?

Thiago Alcantara

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(Foto: AFP)

Schon seine ersten Ballstreichler vermittelten den Eindruck, dass der Münchner Gott des Kurzpasses diesmal Lust verspürte, eine Audienz zu geben. Verlieh dem Spiel mit seinen Wacklern und Tempowechseln Esprit, forderte die Kugel und leitete sie oft wirkungsvoll weiter. Der ganz große Moment fehlte ihm noch, aber seine feinen Füße scheinen während der langen Pause keinen Schaden genommen zu haben. Beendete die Audienz mit einigen weiteren Liebkosungen für das Spielgerät.

Thomas Müller

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Durchlebt gerade eine Phase, in der ihm vieles gelingt. Glänzt insbesondere mit seiner Kernkompetenz: dem Stochertor. Demonstrierte früh eine weitere seiner "Qualitäten" - vergeigte Ballannahmen. Ihm beim griechisch-römischen Nahkampf zuzuschauen, war trotzdem eine Freude. Kugelte sich kurz vor der Pause in zwei Gegenspieler hinein - und sah wegen Zerrens Gelb. Schoss schließlich ein Tor aus der Schlawiner-Trickkiste, als er Olympiakos-Keeper Roberto (jedoch eher unfreiwillig) eine Bogenlampe ins Nest legte. Erzielte auch das 3:0 per Elfmeter - zwei Tore in einem Spiel, in dem ihm eigentlich wenig gelang. Der "Müllerthomas" halt.

Douglas Costa

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(Foto: Alexandros Vlachos/dpa)

Könnte mit seinem Raketenantritt so manchen Athener Stadtbus überholen - schaffte es in der ersten Halbzeit aber nur bis in den dritten Gang, dann stoppte er lieber ab und passte ungenau nach innen. Wirkte nicht so glanzvoll wie bei seinen ersten Auftritten als Münchner, weil ihm ein wenig die Spannung fehlte. Probierte es später über Rechts, wo er sich größere Räume erhoffte. Mehr als ein paar Übersteiger sprangen aber nicht heraus.

Robert Lewandowski

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hatte sich ausdrücklich auf die "leidenschaftlichen griechischen Fans" gefreut - die "erwiderten" die Avancen mit Geplärr auf dem Lautstärkelevel eines abhebenden Düsenjets. Scheiterte zunächst zweimal knapp, als die Kollegen ihn hübsch freigespielt hatten, und signalisierte den Zuschauern damit, dass die Zeit der Nettigkeiten vorbei war. Probierte es in der Sturmmitte des Öfteren alleine gegen den geballten Griechenblock, kam aber nie durch. Lief dann leidenschaftlich Richtung Bank und machte Platz für Coman.

Kingsley Coman

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(Foto: Thanassis Stavrakis/AP)

Kam herein, als das Spiel eine weitere Einlullphase durchlebte, und führte ein paar kunstvolle Körperwackler vor. Einer davon brachte sogar Erfolg: Holte den Elfmeter raus, den Müller zum 3:0 verwandelte.

Joshua Kimmich

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Durfte auch noch ein wenig Meeresluft schnuppern. Ist ja nicht weit vom Stadion zum Hafen.

Mario Götze

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(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Betrat spät den Platz. Wieder einmal. Ist derzeit zwar kein Stammspieler, meldete mit seinem Tor zum 2:0 aber Ansprüche an, es wieder zu werden.

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