FC Bayern in der Champions League:Ein paar Ärgernisse trüben die Stimmung

Champions League Round of 16 Second Leg - Besiktas vs Bayern Munich

Die Spieler der Bayern hörten sich gegenseitig kaum in Istanbul. Aber sie freuten sich trotzdem.

(Foto: REUTERS)
  • Beim 3:1 des FC Bayern in Istanbul läuft nicht alles so rund für die Münchner, wie das Ergebnis vermuten lässt.
  • Besonders die Verletzung von Thiago könnte zu Problemen führen.

Von Benedikt Warmbrunn

Jérôme Boateng saß auf dem Boden, den Pfosten zwischen den beiden Beinen, er sah, wie Vagner Love über seine Beine ins Tor und gleich wieder raus sprang, den Ball im Arm. Irritiert schaute Boateng Love und dem Ball hinterher. Würde es doch noch spannend werden?

Spannend wurde es nicht, dazu hätte Besiktas Istanbul in 31 Minuten sechs weitere Tore erzielen müssen. Aber es wurde aufregend. Zumindest ein paar Minuten lang.

3:1 (1:0) gewann der FC Bayern am Mittwoch in Istanbul, aber das Ergebnis war ohnehin nachrangig. Durch das 5:0 im Hinspiel hatte der Favorit das Viertelfinale in der Champions League selbst mathematisch eigentlich schon erreicht. Entsprechend war auch der Auftritt der Münchner in Istanbul. Die Mannschaft war engagiert genug, um mathematisch nie in Gefahr zu geraten; nach dem frühen Führungstor durch Thiago (18.) war auch der letzte Rest an Spannung gewichen. Gleichzeitig war der FC Bayern nicht durchgehend so präsent und konzentriert, um nicht ein paar kleine Ärgernisse wie unnötige gelbe Karten zu vermeiden. Oder eben dieses Gegentor durch Vagner Love in der 59. Minute. "Ein 3:1-Auswärtssieg, da denkst du eigentlich, dass du vieles richtig gemacht hast", sagte Thomas Müller, "aber so hat es sich auf dem Platz nicht angefühlt."

Jupp Heynckes, der Trainer des FC Bayern, predigt in diesen Wochen, in denen der Klub in der Liga bereits 20 Punkte Vorsprung hat, gerne, dass die Mannschaft niemals nachlassen dürfe - entsprechend sah auch seine Aufstellung gegen Besiktas aus: Von den Stammkräften schonte der Trainer lediglich Joshua Kimmich, den Rechtsverteidiger ersetzte Rafinha.

Im Hinspiel vor drei Wochen hatte der FC Bayern erst nach einer halben Stunde angefangen, die Partie zu kontrollieren - im Rückspiel war es genau umgekehrt. Früh erspielten sich die Gäste gute Gelegenheiten, durch Arturo Vidal (2.), durch Thomas Müller (10.). Besiktas erleichterte dem FC Bayern allerdings das Spiel zunächst; der Gastgeber agierte offensiv, lange jedoch ohne eigene Torszene - dafür mit Lücken in der Defensive. Der FC Bayern nutzte diese vor allem durch Angriffe über die Flügel aus, einer davon führte zur Führung: Müller flankte von der rechten Seite, in der Mitte musste der alleine gelassene Thiago den Ball dann nur noch über die Linie schieben (18.).

Anschließend zog sich der FC Bayern etwas zurück, das Spiel zerfledderte nun, es gab einige gelbe Karten, und Thiago musste verletzt ausgewechselt werden (33.). Dies sei "keine Vorsichtsmaßnahme" gewesen, sagte Heynckes später; Thiago habe "unter der Fußsohle einen Schmerz verspürt". Der Trainer geht jedoch davon aus, dass es "nicht so schlimm" sei. Zur Pause blieb auch Mats Hummels in der Kabine, Boateng und er hatten je eine gelbe Karte gesehen, und Heynckes, erklärte Hummels, "spielt gerne mit elf Mann zu Ende".

Viele Ungenauigkeiten

In der zweiten Halbzeit war noch keine Minute gespielt, und schon hatten die Gäste die Führung ausgebaut: Nach einer Flanke von Rafinha traf Gökhan Gönül ins eigene Tor. Es hätte nun eine Phase beginnen können, in der der FC Bayern die Begegnung entspannt bis zum Schlusspfiff kontrolliert. Es begann stattdessen jedoch eine Phase, in der der FC Bayern defensiv unstrukturiert war und in der Besiktas noch einmal mehr Spaß am Offensivfußball fand. In den Spielaufbau der Münchner Gäste schlichen sich viele Ungenauigkeiten, die Angriffe blieben Stückwerk.

Ein bisschen wirkte der FC Bayern auch überrascht von der späten Wucht der Gastgeber. "Dass man mit sieben Toren Vorsprung dann vielleicht nicht immer ganz konzentriert spielt, ist menschlich", sagte Heynckes. "In der zweiten Halbzeit war es ein bisschen wild, wir hatten das Spiel nicht unter Kontrolle", sagte Müller etwas weniger milde, "ich kann mich an kein Spiel erinnern, in dem wir so viele leichte und einfache Ballverluste hatten."

In der 59. Minute zum Beispiel versprang Alaba der Ball bei der Annahme, Vidal kam im Strafraum zu spät gegen Vagner Love, der den Ball im Fallen noch ins Tor spitzelte, Boateng kam zu spät. Love schnappte sich sofort wieder den Ball, es war die Geste eines Mannes, der daran glaubt, das Unmögliche doch noch zu schaffen. Love wedelte mit den Armen, und tatsächlich hatte Besiktas nun noch mehr Wucht, noch mehr Lust auf ein weiteres Tor in den eigenen Aktionen.

Zwei Minuten später hatte Mustafa Pektemek die Chance zum Ausgleich, er verfehlte das Tor aus fünf Metern jedoch knapp.

Ein paar Minuten lang drängte Besiktas den FC Bayern weit zurück, die Gäste kamen in vielen kleinen Situationen etwas zu spät, die Folge: mehrere Freistöße für Istanbul, eine dritte gelbe Karte für den FCB, für Rafinha. Erst eine knappe Viertelstunde vor dem Abpfiff konnten sich die Gäste aus der Umklammerung des Gastgebers befreien, und so hatte die Mannschaft noch ein paar späte Chancen - eine davon führte zum letzten Tor des Abends: Eine Flanke von Alaba wurde abgefälscht, in der Mitte wartete Sandro Wagner, der zum ersten Mal in der Champions League ein Tor erzielte. Der nie um einen selbstbewussten Satz verlegene Angreifer traf standesgemäß mit der Brust (87.).

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