FC Bayern in der Champions League:Die Versöhnung mit dem Jahr 2016 fällt aus

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Verhaltener Jubel: Die Bayern besiegen Atlético. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern gewinnt das fürs Weiterkommen bedeutungslose Gruppenfinale gegen Atlético Madrid - doch der Jubel fällt verhalten aus.

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

In der dritten Minute senkte sich der Nebel tief auf den Rasen hinab. Er hüllte die Spieler ein, die Tore, den Ball. Es war ein wunderbarer dramaturgischer Effekt, den sich die Natur hatte einfallen lassen für diesen Abend, dem sie beim FC Bayern so lange entgegen gefiebert hatten, der sie in ihrer eigenen Größe bestätigen sollte, der diesen stolzen Verein versöhnen sollte mit dem Jahr 2016.

Der Nebel senkte sich, er verzog sich aus der Arena, senkte sich wieder hinab. Und der FC Bayern besiegte Atlético Madrid am Dienstagabend 1:0 (1:0). Doch der Jubel fiel verhalten aus. Niemand fühlte sich in der eigenen Größe bestätigt. Niemand versöhnte sich mit dem Jahr 2016.

Als Ende August die Gruppen und der Spielplan für die Vorrunde der Champions League ausgelost wurden, war dieser 6. Dezember ein Datum mit Symbolkraft für den Verein. Gegen Atlético war die Mannschaft im Frühjahr im Halbfinale der Champions League ausgeschieden, im Rückspiel in München hatte sie dabei noch einmal einen leidenschaftlichen, geschlossenen, nahezu perfekten Auftritt gezeigt (aber auch ein Tor zu wenig erzielt).

Die Bayern rätseln über die eigene Stärke

Der Abschluss der Gruppenphase, das letzte internationale Spiel des Kalenderjahres, sollte nun Hoffnung, Glaube, Überzeugung bringen, dass der FC Bayern unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti keine Mannschaft sein wird, die wegen einem Tor zu wenig im Frühjahr nicht ins Finale einziehen wird. All dies umhüllte der Nebel also dramaturgisch eindrucksvoll. Nur dass dieser Abend ja keiner mehr war für eine eindrucksvolle Dramaturgie.

Der FC Bayern beendete die Gruppenphase mit einem guten Gefühl, das schon, er beendete sie allerdings auch als Gruppenzweiter. Er beendete sie also mit dem Gefühl, nicht genau die eigene Stärke einordnen zu können.

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Aus dem Stadion von Martin Schneider

Nach der Niederlage im fünften Gruppenspiel in Rostow stand fest, dass Atlético Erster bleiben würde und der FC Bayern Zweiter; es ging in diesem letzten Spiel allenfalls noch: um die Ehre. Und es wurde dann auch eine Partie zwischen zwei Mannschaften, von denen beide genau wussten, dass sich nichts durch das Ergebnis verändern würde. Von diesen zwei Mannschaften war der FC Bayern zumindest die inspiriertere, die engagiertere.

Ancelotti hatte eine Aufstellung ausgewählt, an der sich ablesen ließ, dass es eigentlich um nichts mehr ging. Lahm, Müller, Martínez, Ribéry, Kimmich saßen auf der Bank, Xabi Alonso saß auf der Tribüne. Stattdessen spielten zum Beispiel Rafinha und Bernat, und David Alaba rutschte in die Innenverteidigung, neben Mats Hummels. Anders als am Freitag in Mainz vertraute Ancelotti wieder auf sein bevorzugtes 4-3-3-System. Besser wurde es dadurch nicht.

Atlético-Trainer Diego Simeone schonte kaum einen seiner wichtigsten Spieler. Die Leidenschaft, die Intensität, die Aggressivität, die dem FC Bayern in diesem Jahr das Spiel so oft erschwert hatten (das Hinspiel in Madrid endete 0:1), sie stellte Simeone allerdings nicht auf.

Der FC Bayern hatte häufiger den Ball, der Gastgeber war bemüht um Lösungen. Atlético verdichtete den Raum für diese Lösungen, dabei liefen die Gäste keinen Meter zu viel. Und warteten auf Gelegenheiten für Konter. Lange mussten sie nicht warten. Yannick Carraso hatte die ersten Gelegenheiten der Partie, zweimal hatte Manuel Neuer keine Probleme (9., 16.).

Atlético überließ das Mittelfeld fast komplett dem FC Bayern, am Strafraum aber stellten sie ihre Gegenspieler zu zweit, zu dritt, manchmal zu viert. Kam der Gastgeber also einmal an den Sechzehner, stocherten die Spieler hauptsächlich im Nebel herum, gefährlich wurde es aus dem Spiel gerade in der ersten Halbzeit nur selten. In der 19. Minute setzte sich Douglas Costa auf der linken Seite gut durch, seinen Schuss parierte Atlético-Torwart Jan Oblak jedoch. Die Führung erzielte Robert Lewandowski durch einen direkt verwandelten Freistoß (28.); aus ähnlicher Position hatte er bereits in Mainz getroffen.

Es ging ja um nix mehr

In der zweiten Halbzeit zog sich Atlético nicht so weit vor das eigene Tor zurück, die Gäste staffelten sich bereits in der Münchner Spielfeldhälfte, attackierten den Spielaufbau des FC Bayern teilweise an dessen Strafraum. Dadurch öffneten sie allerdings auch Räume in der eigenen Defensive, der FC Bayern kam so zu ein paar kleineren Chancen: Lewandowski übersah Thiago (48.), Costa schoss auf Oblak (55.), Lewandowski köpfte den Ball nach einer Robben-Flanke weit drüber (73.). Und das Team kam zu einer riesengroßen Chance: Costa flankte von links, flach, direkt vors Tor, auf den Fuß von Thiago. Dieser allerdings beförderte den Ball aus wenigen Metern einige Meter über das Tor (77.).

Es ärgerte sich allerdings niemand lange darüber. Es ging ja um nix mehr.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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