Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Champions League:Auftritt der Zirkusartisten

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Douglas Costa nahm nun, da alles vorbei war, das aus seinem Spiel, was es so spektakulär macht: die Geschwindigkeit. Er zuckte mit dem linken Fuß, er zuckte mit dem rechten Fuß, er wackelte mit dem Hintern. Der Ball vor ihm blieb liegen, Douglas Costa hatte jetzt viel Zeit. Und auch sein Gegenspieler, Alexandru Matel, kauerte unbeweglich vor dem Ball, schreckhaft folgte er jedem Zucken und jedem Wackler. Matel hatte endgültig resigniert, lange schon war er schwindelig gespielt. Es lief die 31. Spielminute.

Wenn Douglas Costa nicht mehr glaubt, dass er so unnachahmlich beschleunigen muss, dann ist das eine Art von Höchststrafe. Eigentlich. An diesem Dienstagabend aber war das Spiel in der 31. Minute im Grunde genommen vorbei. 4:0 führte der FC Bayern bereits im Champions-League-Spiel gegen Dinamo Zagreb, so blieb es auch zur Halbzeitpause, und als dann endlich 90 Minuten vorbei waren, stand es 5:0.

Für den FC Bayern war es ein gemütlicher Abend. Die Mannschaft hatte von Beginn an dominiert, hatte gezeigt, dass sie ein besserer Gegner war als die vorherigen 45 Gegner von Zagreb, gegen die Dinamo nicht verloren hatte. Das Spiel des FC Bayern war präziser, es war konsequenter, es war direkter. Und es hatte Douglas Costa. Es hatte also alle Zutaten, die schon jetzt darauf hindeuten, dass der FC Bayern eine entspannte Gruppenphase erleben wird.

Weil Trainer Pep Guardiola das schon vor diesem zweiten Vorrundenspiel geahnt haben dürfte, stellte er seine Mannschaft kräftig um. Eine Pause gönnte er Xabi Alonso und Thomas Müller; Arturo Vidal fehlte wegen Knieproblemen. Stattdessen standen mal wieder Joshua Kimmich und Mario Götze in der Startelf, auch Kingsley Coman durfte erneut beginnen. Diese starke Rotation ist wohl eine Lektion aus der vergangenen Saison, in der im Frühjahr zahlreiche Spieler verletzt fehlten und der FC Bayern ermüdet in die entscheidenden Wochen der Saison ging. Nur auf einen Spieler verzichtete Guardiola bisher nie: auf den Flügelartisten Douglas Costa.

Auf der linken Seite wirbelte der Brasilianer von der ersten Minute an, und Alexandru Matel war von der ersten Minute an zu langsam. In der dritten Minute flankte Costa, der Kopfball des völlig freien Kimmich ging über das Tor. In der vierten Minute legte Costa am Strafraum den Ball quer, Mario Götze schoss über das Tor. In der achten Minute flankte Costa von der Torauslinie, Dinamos Linksverteidiger Josip Pivarić flog der Ball gegen die Hand - Schiedsrichter Alexej Kulbakow verwehrte jedoch den Elfmeter. Doch lange ärgerten sich die Spieler des FC Bayern darüber nicht.

Robert Lewandowski hat nun zehn Tore in acht Tagen erzielt

Wenig später eroberte Juan Bernat hinter der Mittellinie den Ball, Thiago schaute kurz, dann schlug er einen weiten Pass, in den Lauf von Douglas Costa. Der zuckte, er wackelte, alles noch in hohem Tempo. Es war ein zu hohes Tempo für Matel, der sich tölpelhaft austanzen ließ. Und offensichtlich war es auch ein zu hohes Tempo für Dinamo-Torwart Eduardo, der viel zu mittig stand. Costa schoss ins kurze Eck, die Führung (13.). Es war offensichtlich, wie sehr dieser Abend die Gäste überforderte.

Der FC Bayern dagegen verfolgte weiter seine Linie, in der Zentrale strukturierte der souveräne Kimmich das Spiel, Thiago verteilte die Bälle, und dann ging es immer wieder ganz schnell. Meist mit freundlicher Unterstützung Zagrebs.

In der 21. Minute tropfte Dinamo-Innenverteidiger Filip Benković der Ball vom Kopf, er rutschte aus, freie Bahn für Thiago. Ein Antritt, ein Querpass zu Robert Lewandowski, das zweite Tor. Fünf Minuten später spielte Götze im Strafraum einen Doppelpass mit Coman, seinen mäßig wuchtigen Schuss wollte Eduardo mit der linken Hand ablegen. Er scheiterte an diesem Vorhaben, das dritte Tor. In der 28. Minute, nach einem Eckball von Douglas Costa, schoss Lewandowski den Ball an die Unterkante der Latte, Schiedsrichter Kulbakow überlegte ein paar Sekunden, dann entschied er: das vierte Tor. Das Spiel war nun endgültig entschieden.

Costa zuckte und wackelte nun etwas langsamer. Thiago trickste. Götze trickste. Kimmich passte souverän. Und dann erst begann die zweite Halbzeit. Die Halbzeit, in der der FC Bayern in dieser Spielzeit bisher immer besser und effektiver spielte.

Auch in der zweiten Halbzeit am Dienstagabend blieb der Gastgeber das beherrschende Team. Mit der Ruhe eines Schachspielers, der weiß, dass er längst alle entscheidenden Züge erfolgreich hinter sich gebracht hat, passten sich die Spieler den Ball zu, es reichte ihnen nun, das Tempo nur gelegentlich anzuziehen. Zum Beispiel bei einer weiteren Zirkuskombination von Costa und Thiago, nach der Lewandowski frei vor Eduardo stand und den Ball lässig ins Tor lupfte (55.) - es war das zehnte Tor des Angreifers innerhalb von acht Tagen.

Danach gestattete der FC Bayern den Gästen sogar vermehrt Ausflüge in die gegnerische Spielfeldhälfte, zumal diese durchgehend harmlos blieben. Gefährlich wurde es weiter nur vor dem Tor von Eduardo. In der 74. Minute traf Götze den Außenpfosten, eine Minute später scheiterte Lewandowski, es war Eduardos erste nennenswerte Parade. Darüber ärgern wollte sich niemand mehr, das Spiel war ja schon seit mehr als 45 Minuten entschieden.

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SZ vom 30.09.2015/ska
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