FC Bayern in der Champions League:Alles gewonnen, alles verloren

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Treffen Philipp Lahm (links) und Cristiano Ronaldo erneut aufeinander?

(Foto: AFP)

Erinnerungen an große Duelle mit Real Madrid gibt es viele beim FC Bayern. Wie mutig das Team diesmal agiert, hängt auch davon ab, auf welchen Positionen Philipp Lahm und Javier Martínez eingeplant sind.

Von Benedikt Warmbrunn

Der dunkle Anzug, die dunkle Weste, dazu das hellblaue Hemd, alles saß tadellos, nur die Augenbrauen präsentierte Manuel Neuer etwas zerknittert. An manchen Tagen gehören die zerknitterten Augenbrauen fest zu Neuers Attitüde, er bewahrt sich so die Distanz in all der Hektik, so auch an diesem Dienstagvormittag. Die Hektik war enorm im Terminal 2 des Münchner Flughafens, der FC Bayern reiste nach Madrid, zum Champions-League-Halbfinale, Spieler, Fans, Journalisten, alle rannten durcheinander. Schließlich kam Manuel Neuer, nur die Augenbrauen zerknittert, so hielt er das Durcheinander von sich fern, er sagte nichts. Musste er auch nicht. Er ging ja doch so leichtfüßig.

Die Wade von Manuel Neuer war dann nur kurz ein Thema vor dem Halbfinal-Hinspiel des FC Bayern bei Real Madrid, zuletzt war der Torwart wegen ihr ausgefallen, sein Gang nun widersprach seinen zerknitterten Augenbrauen: Wade okay, Neuer wird spielen. Es konnte also schnell wieder das große Ganze thematisiert werden. Real Madrid gegen den FC Bayern, das verspricht ja: einen Abend für die Geschichte.

Verantwortlich für Pathos war am Dienstag Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende. Er erinnerte an all die Duelle des FC Bayern im Estadio Santiago Bernabéu, "wir haben alles dort erlebt", sagte Rummenigge, er zählte auf: "Wir haben dort schon Unentschieden gespielt, wir haben dort schon gewonnen. Wir haben aber auch schon verloren."

Zuletzt hatte die Mannschaft vor knapp zwei Jahren in Madrid gespielt, ebenfalls im Champions-League-Halbfinale, es war wieder mal einer dieser Abende für die Geschichte. Das Hinspiel hatte der FC Bayern 2:1 gewonnen, nach 14 Minuten im Rückspiel hatte Cristiano Ronaldo zweimal getroffen. Arjen Robben verwandelte einen Elfmeter, ansonsten traf erst einmal niemand, es ging ins Elfmeterschießen. Sergio Ramos schoss den Ball unter das Tribünendach, Bastian Schweinsteiger verwandelte, der FC Bayern hatte das Finale in der eigenen Arena erreicht.

Ein gutes Zeichen? "Im Moment kannst du keine Vergleiche ziehen", sagte Trainer Pep Guardiola. "Wenn du in Madrid nur eine Viertelstunde lang denkst, dass du langsamer spielen kannst, dass du nicht mit dem Kopf dabei sein musst, kriegst du zwei, drei Gegentore, und das Spiel kann vorbei sein", sagte Robben. Sein Wunschergebnis? "Ein 4:0 oder 5:0 wäre nicht schlecht."

Es war auch der Niederländer, der zu Wochenbeginn noch einmal an die Form der vergangenen Partien erinnert hatte, eine Form, die fern war von Abenden für die Geschichte. Dem kicker hatte Robben gesagt: "So wie wir in den letzten Spielen gespielt haben, kann man auch sagen, dass wir kein Favorit mehr sind."

Wo spielt Martínez?

Guardiola hält solche Statistiken im besten Fall für egal, er betonte lieber, dass er "immer wieder sehr zufrieden" sei, im Halbfinale zu spielen. Verzichten muss er außer auf die Langzeitverletzten Thiago und Shaqiri nur auf Daniel van Buyten. Der Verteidiger flog nach der Landung in Madrid zurück nach München, seine schwangere Frau wurde mit Wehen ins Krankenhaus gebracht. In den jüngsten Champions-League-Partien musste Guardiola mehr improvisieren, im Viertelfinal-Rückspiel gegen Manchester United fehlte etwa der gesperrte Bastian Schweinsteiger.

Von Real Madrid erwarten Spieler und Trainer eine andere Taktik als von Manchester, das sich weit vor das eigene Tor zurückgezogen hatte. Sie erwarten eine offensive Mannschaft, mit Cristiano Ronaldo und Gareth Bale. Die Flügelstürmer waren zuletzt angeschlagen, trainierten jedoch am Dienstag mit der Mannschaft. Bei Ronaldo soll ein Test am Mittwoch klären, ob er von Beginn an spielen kann. "Ob mit oder ohne Cristiano, sie werden viel Qualität auf dem Platz haben", sagte Robben.

Wer bei den Gästen für die Qualität auf dem Platz sorgen wird, verriet Guardiola nicht. Die spannendste Personalie dürfte jedoch Javier Martínez sein. Guardiola hatte seinen Landsmann in den vergangenen Wochen bevorzugt in der Innenverteidigung eingesetzt; gerade gegen Mannschaften, die von der Schnelligkeit einzelner Spieler leben, hatte sich Martínez jedoch als Abfangjäger im Mittelfeld bewährt.

Philipp Lahm dürfte sich dann wohl auf Ronaldo einstellen, einen Gegenspieler, den er aus so manchem Duell kennt. Ob er als Rechtsverteidiger (und somit gegen Ronaldo) oder vor der Abwehr spielen wird, Lahm weiß, dass er viel Qualität auf den Platz bringen muss. Gefragt nach seiner Rolle, sagte er: "Ich weiß es noch nicht."

Ansonsten sprach Lahm viel von "Leidenschaft", viel von "Herz". Es waren die Worte eines Kapitäns, der weiß, was es an einem Abend für die Geschichte braucht, um danach wieder Favorit zu sein.

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