Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Bundesliga:Die Liga verbeugt sich allzu demütig

Der FC Bayern dominiert die Bundesliga - daran haben auch die anderen Klubs Schuld. Sie bereiten den Münchnern einen unkomplizierten Weg.

Kommentar von Benedikt Warmbrunn

Ganz ohne Spannung an der Spitze verlief auch dieser Bundesliga-Samstag nicht. Knapp 90 Minuten lang war es immerhin möglich, dass der FC Bayern seinen ersten Tabellenplatz an Hertha BSC hätte abgeben müssen, vom Abpfiff in Ingolstadt bis zum ersten Tor in München. Wobei diese Spannung zugegebenermaßen eine rein mathematische war: Um die Tabellenführung noch am Samstagabend an Berlin abzugeben, hätte der FC Bayern gegen Mönchengladbach 0:10 verlieren müssen.

An diesem achten Spieltag hat der Titelverteidiger die Dominanz über die Liga zurückgewonnen. Der Auftritt des FC Bayern war vielleicht nicht ganz so berauschend wie der am achten Spieltag der vergangenen Saison, als die Mannschaft den damaligen ersten Verfolger, Borussia Dortmund, im direkten Aufeinandertreffen durch einen 5:1-Sieg auf sieben Punkte Rückstand distanzierte. Im Herbst 2016 reichte dem FC Bayern am achten Spieltag gegen Mönchengladbach eine starke Halbzeit, wohl die beste in den fast vier Monaten unter dem neuen Trainer Carlo Ancelotti. Vor allem ist die Dominanz jedoch eine von der Liga selbst verschuldete. Diese verbeugt sich allzu demütig vor dem Favoriten und bereitet diesem so den Weg.

Hertha war so gefährlich wie Kuscheltiere im Junglöwengehege

In der jüngeren Vergangenheit haben die Gegner schon vor dem Anpfiff gegen den FC Bayern kapituliert, indem sie sich absichtlich möglichst viele Gelbsperren holten oder sich für eine Taktik entschieden, in der sie möglichst viele Spieler im eigenen Strafraum unterbrachten. Im Moment jedoch ist die Kapitulation eine etwas dezentere. All die Ligakonkurrenten schalten sich einfach gegenseitig aus, manchmal auch vorübergehend sich selbst, und sei es wie in Dortmund durch eine kaum noch zu kaschierende Verletzungsmisere.

Für den FC Bayern ist das eine äußerst komfortable Situation. Die Mannschaft weiß nun, dass sie sich auch Verschnaufpausen wie zuletzt bei den Unentschieden gegen Köln und in Frankfurt gönnen kann, ohne Gefahr zu laufen, die Konkurrenz nicht mehr von der Spitzenposition aus zu beobachten. Vorerst steht auf dem zweiten Platz eine Mannschaft, Hertha BSC, die im September in München so chancenreich war wie Kuscheltiere im Junglöwengehege. Das spricht nicht unbedingt gegen die Stärke der anderen Mannschaften, Teams wie Leipzig, das sich am Sonntag noch bis auf zwei Punkte an den FC Bayern heranschieben kann, Hoffenheim oder Freiburg haben sehr wohl einen eigenen Stil entwickelt, mit dem sie im direkten Duell auch den FC Bayern vor eine Herausforderung stellen können.

Es spricht aber vor allem für den Tabellenführer, der in dieser Saison in aller Ruhe den wirklich wichtigen Wochen im Frühjahr entgegen blicken kann. Sie werden wohl noch den einen oder anderen Punkt liegen lassen. Sie werden aber auch davon ausgehen können, dass die Konkurrenz noch mehr Punkte unter sich aufteilen wird.

Am 18. November tritt der FC Bayern in Dortmund an, vielleicht kann er sich dann schon einen ruhigen Winter in der Liga sichern. Dazu muss er aber erst einmal das eigentliche Spitzenspiel bestehen, zwei Wochen vorher gegen Hoffenheim.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2016/ebc
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