FC Bayern in der Bundesliga: Auf dem Weg zur europäischen Spitzenelf

Nach dem überaus souveränen Sieg gegen Kaiserslautern zeigen sich die Spieler des FC Bayern zufrieden - nur die Debatte um Arjen Robbens Reservistenrolle nervt sie gewaltig. Dabei zeigt doch genau dessen Degradierung, auf welchem Weg die Münchner sich befinden könnten.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

Arjen Robben stellte gleich zwei Rekorde auf an diesem Samstag. Nach dem Spiel bedankte sich der sensible Holländer ausgiebig bei den Fans des FC Bayern, um 17.21 Uhr ging er vom Rasen in die Katakomben. Exakt acht Minuten später huschte er durch die Mixed Zone, was natürlich einen Rekord für das schnellste Duschen, Eincremen und Umziehen in der mittlerweile fast 50-jährigen Geschichte der Bundesliga bedeutete.

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Endlich wieder im Einsatz, allerdings war Arjen Robben bei der Partie nur 35 Minuten im Spiel.

(Foto: AFP)

Freilich huschte Robben nicht, er marschierte im Stechschritt an den Journalisten vorbei, er war dabei schneller als jemals ein Profi zuvor in der mittlerweile fast siebenjährigen Geschichte der Arena in Fröttmaning. Flink vorbei an den nervenden Fragestellern, hinauf zu den Räumlichkeiten für die ganz wichtigen Personen im Stadion.

Natürlich hält sich Robben für die allerwichtigste Person im Stadion, womöglich hält er sich für den allerwichtigsten Fußballer auf der Welt, es könnte sogar sein, dass er sich für den allerwichtigsten Menschen überhaupt hält. Deshalb kommt es für Robben der Blasphemie nahe, wenn er nicht von Beginn an spielen darf - und das zwei Mal hintereinander und obwohl sich Robben für gesund und topfit erklärt hatte.

Deshalb wurde nach dem 2:0-Sieg des FC Bayern gegen den FC Kaiserslautern kaum über den Sieg des FC Bayern debattiert, sondern darüber, dass Robben nur 35 Minuten mitwirken durfte, weil ihn Trainer Jupp Heynckes wie schon beim Pokalspiel in Stuttgart zunächst auf die Ersatzbank geschickt hatte.

Es gab aber auch sonst nicht viel zu diskutieren. Der FC Bayern hatte die Partie gegen überaus harm- und mutlose Lauterer kontrolliert, früh die Führung durch Mario Gomez und rechtzeitig den zweiten Treffer durch Thomas Müller erzielt und in der ersten Halbzeit dafür gesorgt, dass der Gegner nur bei An- oder Abstoß an diesem Spiel teilnehmen durfte.

"Kontrolliert aber kein Feuerwerk"

Nach dem Spektakel ließen es die Münchner in den zweiten 45 Minuten ruhiger angehen und sorgten dafür, dass die Lauterer überhaupt nicht mehr am Spiel teilnehmen durften, weil es keinen Anstoß und kaum noch Abstöße gab. "Das war jetzt kein Feuerwerk in der zweiten Halbzeit", sagte Toni Kroos nach dem Spiel, "wir haben das Spiel kontrolliert und keine Gefahr zugelassen."

Für die Reduktion des Spieltempos hatten die Münchner Spieler jeweils ihre ganz persönlichen Gründe, Franck Ribéry etwa machte das Wetter dafür verantwortlich ("War ja auch ganz schön kalt!"), Mario Gomez seine Kollegen: "Ich hätte schon gerne weiter nach vorne gespielt, aber die Mittelfeldspieler wollten sich lieber die Bälle zuspielen."

Weil die Vorstellung der Münchner weder Anlass zu Kritik noch zu Lobgesängen bot, durften die Spieler auf Details eingehen. Etwa auf den Treffer von Thomas Müller, der nach fünf Monaten ohne Torerfolg (in Pflichtspielminuten: 1162) wieder einen Treffer erzielte. "Das sah ja ziemlich leicht aus", scherzte Mario Gomez, mittlerweile selbst bei 18 Saisontreffern angelangt, über den Kopfball seines Kollegen, "er setzt sich gegen drei Gegenspieler und den Torwart durch."

Gomez weiß, wie sich das anfühlt, wenn man als Stürmer lange ohne Treffer bleibt, die Minuten gezählt werden und die Kollegen Witze reißen: "In diesen Späßen steckt ja immer ein bisschen Ernst, dann beschäftigt einen das schon." Müller selbst dagegen reagierte betont locker, lächelnd stand er vor den Jurnalisten und gab Antworten, die letztlich ausdrücken sollten: Jaja, ich habe wieder getroffen, jetzt regt Euch mal wieder ab.

Tröstende Worte für Robben

Die Münchner mussten aber auch auf Details eingehen, und dazu gehörte eben, dass Arjen Robben wie schon in Stuttgart zunächst nur auf der Ersatzbank gesessen hatte. Nach seiner Hereinnahme war der Dribbler überaus aktiv, seinen zahlreichen Dribblings und Torschüssen ließ er die gewohnte Theatralik folgen, den Fehlpässen natürlich auch. Er arbeitete sogar nach hinten mit, weshalb Heynckes nach dem Spiel sagte: "Arjen ist hochmotiviert ins Spiel gegangen, hat sich nahtlos eingefügt und sehr gute Szenen gehabt. Das war sehr positiv - und das, was ich erwartet habe."

Robbens Mitspieler wählten tröstende Worte für ihren Kollegen, Franck Ribéry etwa sagte: "Das ist eine schwere Situation für ihn, er ist ein wichtiger Spieler für uns." Mario Gomez ergänzte: "Ich war vor zwei Jahren in einer ähnlichen Position, das ist nicht unbedingt einfach. Arjen geht sehr professionell damit um.

Die meisten reagierten eher genervt auf die Fragen zu Robben, Sätze wie "Gehört zum Geschäft" und "Das muss man jetzt nicht jeden Tag kommentieren" waren überaus häufig zu hören. Mimik und Tonfall deuteten an: Na und? Dann hockt er eben mal auf der Bank, was soll die Aufregung?

Dabei könnte die einstweilige Degradierung Robbens den Münchnern doch zeigen, dass sie sich durchaus auf dem richtigen Weg befinden könnten. Es ist nämlich lange her, dass beim FC Bayern eine derartige Debatte um einen Weltklasse-Bankdrücker geführt wurde. Das hat freilich damit zu tun, dass die Münchner lange Zeit außer Oliver Kahn und Philipp Lahm kaum Spieler im Kader hatten, auf die der Begriff "Weltklasse" tatsächlich anwendbar gewesen wäre.

Zuletzt gab es solche Situationen vor mehr als einem Jahrzehnt, als aufgrund des Rotationsprinzips von Ottmar Hitzfeld immer wieder prägende Akteure auf die Bank mussten. In diesen drei Jahren wurde der FC Bayern drei Mal Deutscher Meister und erreichte stets das Halbfinale der Champions League, 2001 gewannen die Münchner gar.

Der FC Bayern will eine europäische Spitzenmannschaft sein, dazu gehört, dass herausragende Spieler auch mal auf der Bank sitzen - nicht weil sie schlecht oder außer Form sind, sondern weil es einfach Spieler gibt, die derzeit sogar noch besser sind. Und die Offensive des FC Bayern gehört derzeit fraglos zum Besten, was es im europäischen Vereinsfußball gibt.

Das sieht auch Kapitän Philipp Lahm so: "Die Mannschaft muss Gas geben, das tut sie im Moment. Wir haben ein sehr gutes Team, und manche sitzen dann halt auf der Bank. Es ist egal, wer bei uns in der Startelf steht." Was Lahm zu erwähnen vergaß: Er selbst stand natürlich bei all seinen Einsätzen dieser Spielzeit in der Startelf.

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