FC Bayern in China:Flohwalzer im Spagat

FC Bayern Audi China Summer Tour 2015 - Day 1

Autogrammstunde mit Mario Götze im chinesischen Beijing.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern ist wieder zurück von seiner Marketingreise durch China und wertet die Tour als vollen Erfolg.
  • Schwierig dürfte nur werden, den Handel mit gefälschten Trikots einzudämmen.
  • Aus sportlicher Sicht darf sich Zugang Douglas Costa als Gewinner fühlen. In München stoßen der daheimgebliebene Arjen Robben und wohl auch Arturo Vidal zur Mannschaft.

Von Maik Rosner

Mit mehr als 100 Mitarbeitern war die Reisegesellschaft des FC Bayern am Freitag nach München zurückgekehrt, und zwar ziemlich geschlaucht. Was weniger an den drei Testspielen binnen acht Tagen in Chinas Metropolen Peking, Schanghai und Ghoungzhou gelegen haben dürfte, sondern an den ungefähr 1,4 Milliarden Marketingterminen im bevölkerungsreichsten Land der Erde.

Philipp Lahm und Thomas Müller beim Tischtennis, Rafinha und Thiago beim Karaoke und Juan Bernat als Double von Bernie, dem Maskottchen, mit überdimensionalen Torwarthandschuhen beim Elfmeterschießen mit Kindern: Nur eine bruchstückhafte Auswahl der Marketing-Maßnahmen. Aufmerksamkeit haben die Münchner mit ihren zahlreichen und eher ungewöhnlichen Auftritten jedenfalls erregt.

"Ein voller Erfolg in jeder Beziehung" sei die Reise gewesen, befand Karl-Heinz Rummenigge. Und Jörg Wacker, sein Vorstandskollege aus dem Ressort Internationalisierung, sagte nach dem Abschluss eines Sponsoringvertrages mit einem örtlichen Wasserproduzenten: "Wir hoffen, dass in Zukunft viele unserer chinesischen Fans das Mineralwasser trinken werden." Mit FCB-Logo, versteht sich.

Ob sich auch die Trikotverkäufe wie gewünscht einstellen werden? Wahrscheinlich, nur vielleicht anders als erhofft. Schon jetzt gibt es ungefähr 1,4 Milliarden gefälschte Bayern-Trikots auf dem chinesischen Markt. Ein Problem für die Münchner mit ihren vergleichsweise kostspieligen Originalen. "Jedes gefälschte Trikot ist eines zu viel. Wir müssen schauen, dass die Fans das Original kaufen", sagte Rummenigge. Er ahnt wohl, dass das knifflig werden könnte. Zehn Millionen Euro Einnahmen aus diversen Quellen soll die Reise aber schon jetzt eingebracht haben.

Teambuilding mit Lang Lang

Vielleicht wird die Reise zunächst einmal den größten Mehrwert für die Mannschaft haben. Was vor allem als Werbetour geplant war, entwickelte sich zur oft launigen Teambuildingmaßnahme. So viel Spaß haben die Profis in der Vorbereitung vermutlich selten gehabt. Zum Beispiel auch, als David Alaba dem Starpianisten Lang Lang auf dem Klavier den Flohwalzer vorspielte.

Oder als Alaba anschließend mit Tanzpartner Rafinha zu Lang Langs Interpretation von Beethovens "Für Elise" in Flipflops ein paar Walzerschritte aufführte. Wacker kam auch ein weniger lustiger Aufenthalt im Flugzeug auf dem Rollfeld in Peking über zähe drei Stunden "vor wie eine Teambuildingmaßnahme". Sie haben sich noch ein bisschen besser kennengelernt, vor allem die Zugänge.

Sportlicher Wert? Eher überschaubar

Die sportlichen Erkenntnisse der Reise? Eher überschaubar, wenngleich die Spielfreude bei den beiden Siegen gegen den FC Valencia (4:1) und Inter Mailand (1:0) schon recht beachtlich war. Die 4:5-Niederlage gegen den chinesischen Meister Ghuangzhou Evergrande? Nebensache. Pep Guardiola war wichtiger, dass "gut und mehr als gedacht" trainiert werden konnte, trotz der vielen Marketingtermine. "Wir mussten einen Spagat bewältigen. Das ist sehr gut gelungen. Die Mannschaft hat das großartig gemacht", lobte Rummenigge, "keiner hat gemeckert oder gemurrt." Wäre ja auch kontraproduktiv gewesen, bei ihren Auftritten in T-Shirts mit dem Aufdruck "Mia san China".

Reisegewinner: Eine Rakete

Als Gewinner der Reise aus sportlicher Sicht darf sich vor allem Zugang Douglas Costa, 24, fühlen. Sein Transfer von Schachtjor Donezk für 30 Millionen Euro Ablöse war ja ein bisschen skeptisch beäugt worden. Doch bei seinen bisherigen Auftritten im Bayern-Trikot hat der Brasilianer einen guten Eindruck hinterlassen, auch bei den Kollegen.

"Douglas bringt genau die Elemente mit, die uns in der letzten Saison gefehlt haben: Das Eins-gegen-Eins, die Leichtfüßigkeit, das Tempo über außen. Das tut uns sehr, sehr gut", sagte Kapitän Lahm. Torwart Manuel Neuer bezeichnete den Flügelflitzer gar als "Rakete". Franck Ribéry wird es vernommen haben. Costa soll den Ausfall des nach wie vor verletzten Franzosen links offensiv auffangen. Vielleicht wird er ihn sogar dauerhaft ablösen.

Ausblick: Angreifen beim Supercup

Am Montagvormittag beginnt für die Mannschaft nach dem freien Wochenende die letzte Phase der Vorbereitung. Möglicherweise steigt neben dem nicht mit nach China gereisten Arjen Robben dann auch der Zugang Arturo Vidal von Juventus Turin ein, der nach dem Medizincheck einen Fünfjahresvertrag unterschreiben soll. Der Mittelfeldantreiber aus Chile könnte schon am kommenden Samstag sein Debüt geben.

Dann steht das erste Pflichtspiel der Saison an, der Supercup beim Pokalsieger VfL Wolfsburg. In den beiden Vorjahren setzte es jeweils eine Niederlage gegen Borussia Dortmund. Solch ein Saisonstart soll nun vermieden werden. "Angreifen", gab Sportvorstand Matthias Sammer für den Supercup bereits in Auftrag. Für den Spaß in der Vorbereitung ist nun vor allem wieder Thomas Müller zuständig.

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