FC Bayern II:Der Faktor Nagelsmann

Trainer Martin Demichelis (FCB II) klatscht, bedankt sich bei den Fans. Fussball / 3. Liga / FC Bayern München II vs. Ha

Auf geht's: Der neue Cheftrainer Martin Demichelis soll den FC Bayern II trotz niedrigem Etat am besten wieder in die dritte Liga führen.

(Foto: Mladen Lackovic /Imago Images)

Nach dem Abstieg der Ausbildungsmannschaft des FC Bayern in die Regionalliga steht der neue Münchner Cheftrainer Martin Demichelis unter Druck. Und hofft auf mehr Unterstützung durch die Profis

Von Christoph Leischwitz, München

Gerade ist die Mannschaft aus dem Trainingslager im Allgäu zurückgekehrt, gerade mal zwei Wochen bleiben noch Zeit, ehe die Regionalliga Bayern in die Saison startet. Keine zehn Kilometer liegen zwischen diesem Trainingslager und jenem, das die U23 des FC Bayern vor drei Jahren aufgesucht hatte. Das werten sie am Campus des Rekordmeisters als gutes Omen, schließlich war die Mannschaft damals in die dritte Liga aufgestiegen. Doch die Suche nach weiteren Indizien, die auch diesmal für eine Meisterschaft sprechen, gestaltet sich ein wenig schwieriger.

Wenn es nach Martin Demichelis geht, ist es ohnehin noch zu früh, genauere Angaben zu machen. Man befindet sich offenbar noch in der Klotzen-statt-Kleckern-Phase. "Wir haben gerade keine Spieler mit leichten Beinen, eher mit Muskelkater", erklärte der 40-jährige Ex-Profi mit Blick auf das letzte Testspiel im Trainingslager gegen die U21 von St. Gallen, das dann auch nur 1:1 endete. "Wir haben in den ersten sieben Wochen zwölf Spiele, das ist fast schon zu viel, um dazwischen auch noch hart zu trainieren." Nach dem Auftakt beim FC Augsburg II lernen Demichelis und die Spieler diese Liga gleich richtig gut kennen: Gegner wie Aufsteiger Eltersdorf oder Angstgegner Eichstätt warten schon bald. Es gibt vier, vielleicht fünf Favoriten für die Versetzung nach oben in die dritte Liga, die in der Spielzeit 2021/22 ohne zusätzliche Aufstiegsspiele erfolgt: Schweinfurt, Bayreuth, Unterhaching und Aschaffenburg, die zurzeit alle stark in Kader und Infrastruktur investieren. Bei ihnen ist oft zu hören: Es sind diese Spiele in kleinen Stadien und auf auf schlechtem Geläuf, in denen dir die Zuschauer beim Eckball Beleidigungen ins Ohr flüstern, wo sich die Meisterschaft entscheidet. Klar, die Fans dürften schon vom Meistertitel träumen, sagt Demichelis. Er selbst wolle das noch nicht so offensiv angehen. Seine Spieler seien jung, viele müssten die Liga erst kennenlernen.

Nach der verpatzten Saison und dem Abstieg wurde Demichelis zum Cheftrainer befördert

Das gilt beides auch für ihn. Wer behauptet, Demichelis sei vor zwei Jahren in einem Verzweiflungsanfall vom Verein angerufen worden, weil dringend noch ein zweiter U19-Trainer benötigt wurde - in der Hoffnung, der mit dem Bayern-Gen ausgestattete Ex-Profi fängt gleich am nächsten Tag an-, dürfte nicht ganz daneben liegen. Im vergangenen April, als die U23 in der dritten Liga gerade in den Abstiegskampf rutschte, übernahm er zusammen mit Danny Schwarz - und stieg ab. Ein wenig überraschend ist, dass er dank einer Entscheidung aus der Zentrale an der Säbener Straße nicht mehr gleichberechtigter Coach neben Schwarz ist, sondern offizieller Cheftrainer. Dabei hat Schwarz gerade erst die Fußballlehrer-Lizenz erhalten. So wurde Demichelis der Großteil der Verantwortung aufgeladen. Wenn er also von Druck spricht, der auf seinen Spielern lastet, dürfte er selbst auch ein wenig Erfolgsdruck verspüren. Trotz oder gerade weil man ja jetzt in Liga vier antritt.

Es gibt ein deutliches Anzeichen, dass der sofortige Wiederaufstieg in der Chefetage des Klubs, vorsichtig formuliert, nicht gerade oberste Priorität hat: der niedrige Etat für die so genannten Amateure. Es ist nicht geplant, einen Angreifer mit einer echten Torgarantie zu holen, so, wie man es vor drei Jahren tat. Kwasi Wriedt war Aufstiegshelfer, im Jahr darauf ein Garant für die Meisterschaft, sein Weggang fast schon eine Garantie für den darauf folgenden Absturz zurück in den Amateurfußball.

Unter Profi-Cheftrainer Hansi Flick gab es weder Wertschätzung noch Unterstützung für die Amateure

Eine kleine Hoffnung am Campus des FC Bayern haben sie aber auch. Es ist kein großes Geheimnis, dass sich Hansi Flick, zumindest in seiner Zeit als Cheftrainer der Profis, recht wenig für die Talente der U23 interessierte. Fast schon die einzige Ausnahme war Jamal Musiala, der allerdings auch kaum in der U23 spielte, sondern gleich nach oben durchgereicht wurde. Julian Nagelsmann schätzt man nun so ein, dass er sich öfter die Spiele im Grünwalder Stadion ansehen wird. Auch die Durchlässigkeit von oben nach unten dürfte wieder besser funktionieren. Das könnte ein Faktor werden, denn zuletzt war es ja so: Endlich hatte der FC Bayern wieder einmal eine Ausbildungsmannschaft in der von Dorfklubs befreiten dritten Liga, doch nicht einmal die Bankdrücker unter Flick durften dort Spielpraxis sammeln.

Viel wird davon abhängen, wie schnell sich die extrem jungen Spieler an die Regionalliga gewöhnen. Immerhin sind die drei Erfahrenen dabeigeblieben: Maximilian Welzmüller und Timo Kern, beide 31, sowie Nicolas Feldhahn, der sich bis zum letzten Tag des auslaufenden Vertrages Zeit ließ mit der Verlängerung. Ein Jahr hängt der 34-jährige Kapitän und Abwehrchef noch dran, parallel zu einem Jurastudium. Im Angriff hoffen sie, dass der zuletzt ausgeliehene Marvin Cuni genauso häufig trifft (19 Mal) wie vergangene Saison in der Regionalliga Südwest für Sonnenhof Großaspach. "Ein interessanter Spieler", sagt Demichelis, zurzeit ist er aber noch verletzt. Dass Rückkehrer Joshua Zirkzee in Eltersdorf oder Schalding-Heining zu sehen sein wird, ist eher unwahrscheinlich. Die Mannschaft, gerne "Bayern-Amateure" genannt, kommt diesem Spitznamen zurzeit tatsächlich ein Stück näher.

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