Süddeutsche Zeitung

FC Bayern II:Aufstieg mit Edelfans

Vor den Augen von Alaba, Ribéry und Co. dreht der FC Bayern II eine mitreißende Relegationspartie gegen Wolfsburg und siegt 4:1. Neuer Trainer soll Uli Hoeneß' Neffe werden.

Von Christoph Leischwitz

Die Feier der Bayern auf dem Marienplatz war gerade erst vorüber, und es gab dann tatsächlich einige besondere Fans, die es rechtzeitig aus der Innenstadt nach Giesing ins Stadion an der Grünwalder Straße geschafft hatten, um das Aufstiegsspiel der zweiten Mannschaft auch noch mitzunehmen. Zumindest ab der 23. Spielminute gesellten sich Niklas Süle, David Alaba, Franck Ribéry, Serge Gnabry und Sportdirektor Hasan Salihamidzic zu den Zuschauern auf die Haupttribüne und feuerten lautstark an - eine Gruppe, die offensichtlich Lust hatte, mit einem Kaltgetränk in der Hand ein Fußballspiel zu konsumieren.

Und ganz zum Schluss, nach einer dramatischen Aufholjagd nach der 1:3-Niederlage im Hinspiel, nach sieben gelben Karten, einer dramatischen Schlussphase und fünf Minuten Nachspielzeit, gab es dann noch etwas mehr zu feiern: Die U23 der Bayern spielt in der kommenden Saison dank eines 4:1 (2:1) über den VfL Wolfsburg II zum ersten Mal seit 2011 wieder in der dritten Liga. Und das - im Selbstverständnis der Bayern: standesgemäß - als einzige Zweitvertretung der Republik.

Bevor die Edelfans eingetroffen waren, hatten die jungen Bayern allerdings, wieder mal, der viel umschriebenen individuellen Klasse im Kader krasse individuelle Fehler entgegengesetzt. In der achten Spielminute schien schon die Vorentscheidung in der Aufstiegsfrage gefallen zu sein, als Bayern-Verteidiger Lars Lukas Mai den Ball an Daniel Hanslik verlor - der sprintete allein auf Torwart Ron-Thorben Hoffmann zu und traf souverän zur Wolfsburger Führung. "Aber ich glaube, das war auch für Wolfsburg psychologisch nicht leicht. Ich glaube, sie dachten, sie wären jetzt schon durch", sagte Bayerns Kapitän Nicolas Feldhahn später. Die Bayern hatten in der Anfangsphase viel Ballbesitz, zunächst aber wenige klare Möglichkeiten. Ein Schuss von Kwasi Wriedt wurde aus kurzer Distanz geblockt (27.), dann aber hatte sich die Anfeuerung von allen Seiten gelohnt: Jannik Rochelt traf nach Zuspiel von Wriedt zum Ausgleich (33.).

Und obwohl auch das 2:1 noch nicht zum Aufstieg reichte, hatten sich die Bayern in der 41. Minute einen psychologischen Vorteil erkämpft: Mai machte seinen Fehler wieder wett und köpfelte nach einem Eckball zum umjubelten Führungstreffer ein. Die Profis auf der Haupttribüne begannen erstmals zu hüpfen.

Nach der Pause hatte die Mannschaft von Holger Seitz die Partie dann im Griff. Der Torschützenkönig der Regionalliga Bayern, Kwasi Wriedt, musste eine Hereingabe von Wooyeong Jeong nur noch über die Linie drücken (49.). Wiederum eine Viertelstunde später hatten die Bayern den Rückstand aus dem Hinspiel gedreht: Feldhahn pflückte am Fünf-Meter-Raum eine Flanke herunter, zögerte, stocherte herum - dann staubte erneut Wriedt ab (64.).

Doch so sehr sich Trainer Seitz auch im Anschluss darum bemühte, seiner Mannschaft weiter Ballbesitz und Offensivspiel zu predigen: das Spiel kippte. Wolfsburgs Blaz Kramer kam innerhalb gleich zu drei guten Kopfballchancen, die beste in der 71. Minute; dann musste Innenverteidiger Maxime Awoudja verletzt vom Platz (73.), Kwasi Wriedt folgte wenige Minuten später und verabschiedete sich mit ausführlichem Applaus von den 7200 Fans. Es folgten zahlreiche harte Zweikämpfe und Grätschen, dann fehlten den Wolfsburgern nur Zentimeter, um das Duell erneut zu drehen, doch Robin Ziegele traf für den VfL nur die Unterkante der Querlatte (89.).

Im Gegensatz zum knappen Verpassen des Aufstiegs vor fünf Jahren gegen Fortuna Köln gelang es den Bayern diesmal. Ebenso knapp, und obwohl der eingewechselte Joshua Zirkzee in der Nachspielzeit noch zwei große Chancen zur Entscheidung gegen Wolfsburgs Torwart Phillip Menzel vergab. Plötzlich war er da, der Schlusspfiff, die Riesenweißbiergläser waren sofort griffbereit, die Edelfans aus der Profiabteilung liefen aufs Feld und herzten ihre potenziellen Nachfolger, Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge klatschten Beifall.

"Es ist unheimlich wichtig für uns, dass die zweite Mannschaft jetzt wieder in der dritten Liga spielt, weil der Sprung zu den Profis nicht mehr so groß ist. Das ist für die Entwicklung der Jungs ein wichtiger Schritt", sagte Hoeneß. Es war gelungen, was die Fans auf ein riesiges Banner geschrieben hatten: "Lasst vergessen die Wunden, die Fortuna schlug."

Dass diese Wunde heilt, war indes wohl die letzte Amtshandlung von Trainer Holger Seitz. Der 44-Jährige hatte die Mannschaft vor einem Jahr übernommen. Sportdirektor Salihamidzic bestätigte noch während der Feierlichkeiten, dass Seitz "wahrscheinlich" im Nachwuchs-Leistungszentrum in die sportliche Leitung wechseln und dort Jochen Sauer und Hermann Gerland assistieren wird - dem Vernehmen nach ist dieser Schritt schon beschlossen. Seitz' Nachfolger als U23-Trainer wird Sebastian Hoeneß, also Uli Hoeneß' Neffe, der bislang die U19 leitete.

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SZ vom 27.05.2019
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