Süddeutsche Zeitung

FC Bayern II in der 3. Liga:Der Titelverteidiger stürzt ab

Zehn Monate nach dem Drittliga-Meistertitel erleben 250 Anhänger im Grünwalder Stadion den Abstieg des FC Bayern II aus dem Profifußball. Das letzte Saisonspiel ist beispielhaft für die Leistung der vergangenen Wochen.

Von Christoph Leischwitz

Vor einem Jahr hatte man sich das als Anhänger der Bayern-Amateure, wie die U23 des FC Bayern gerne genannt wird, sicher ganz anders vorgestellt: Das erste Spiel mit Fans im Grünwalder Stadion, es wird eine große Befreiung sein, endlich zurück im Grünwalder Stadion, endlich wieder singen, trommeln, anfeuern... 489 Tage später war es wieder so weit, aber letztlich waren die 250 Anhänger nur gerade rechtzeitig gekommen, um den Abstieg ihrer Mannschaft mitzuerleben.

Den Abstieg des Titelverteidigers in die Regionalliga, dem in der nun abgeschlossenen Saison vor allem ein abgezockter Angreifer gefehlt hatte. Was zu der kuriosen Statistik führt, dass die Mannschaft im Abstiegsjahr tatsächlich zwei Gegentore weniger kassiert hat (58) als im Meisterjahr.

Es hätte ja ohnehin viel passieren müssen am abschließenden Drittliga-Spieltag, damit die jungen Bayern die Klasse halten. Sowohl der KFC Uerdingen als auch der SV Meppen hätten patzen müssen, die Bayern hätten freilich einen Sieg gegen den Halleschen FC benötigt. Nichts davon trat ein. Schon eine Viertelstunde vor Schluss, es stand lediglich 0:1, begannen die Anhänger auf der Gegengeraden, einen doppeldeutigen Satz zu singen: "Und ihr wollt Amateure sein!" Es klingt einerseits wie ein Vorwurf, weil von der Zweitvertretung des FC Bayern Kampfgeist und absoluter Siegeswille verlangt wird.

Andererseits hörte es sich so an, als ob diese Mannschaft in der kommenden Saison eben wieder in der Amateurliga spielen will. Aber: "Wir haben den Killerinstinkt nicht an den Tag gelegt", sagte Trainer Danny Schwarz nach dem Spiel.

Jann-Fiete Arp saß nicht einmal auf der Auswechselbank

Er fasste damit eigentlich die vergangenen Wochen zusammen, aber es traf auch gegen Halle wieder zu: Mehrere gute Chancen blieben ungenutzt, in einer niveauarmen Partie hatten die Gäste ihren Gegner in der Schlussphase zum Toreschießen eingeladen.

Allerdings hatte Halle nach 25 Sekunden aber auch schon in Führung gelegen, wegen des Fehlers eines Bayern-Youngsters: Justin Che hatte seinen Gegenspieler Braydon Manu offensichtlich gar nicht kommen sehen und sich deshalb in der Rückwärtsbewegung den Ball abluchsen lassen - Manu hatte keine Mühe, einzuschieben (1.). Che war vor wenigen Tagen erstmals in den Kader der US-Nationalmannschaft berufen worden, bei Bayern steht dem Vernehmen nach seine Vertragsverlängerung bevor.

Solche Fehler sind in gewisser Weise aber eingeplant, wenn 17-Jährige Verantwortung übernehmen sollen. Nicht eingeplant ist allerdings die Hast, mit der vor dem gegnerischen Tor agiert wird; die Nervosität, die das Spiel bestimmt. Insofern war das letzte Saisonspiel beispielhaft für die Leistung der vergangenen Wochen, seitdem das Trainerduo Martin Demichelis und Danny Schwarz übernommen hatte. "Relativ bescheiden" falle seine persönliche Bilanz nun aus, sagt Schwarz nach dem Spiel, "ist ja klar, da fehlen einem als Trainerteam die Argumente."

Aufgefallen war, dass sie viele personelle Umstellungen vorgenommen und immer wieder neue Debütanten ins Rennen geworfen hatten. Umgekehrt saß gegen Halle dann sogar Jann-Fiete Arp dann nicht einmal bei den Auswechselspielern auf der Tribüne, sondern 20 Reihen weiter oben, bei den Spielern in Zivil. Es gebe jede Woche harte Entscheidungen, sagte Schwarz zur Erklärung, und Trainingseindrücke.

Nach dem Schlusspfiff wurde es kurze Zeit recht still, trotz der Rückkehr der Fans. So still, dass man sogar hören konnte, wie still draußen die arg verfeindeten 1860-Fans geworden waren, die am nahe gelegenen Grünspitz auf die Aufstiegs-Relegation gehofft hatten. Übrigens waren auch auf der Haupttribüne einige Anhänger der Mannschaft zurückgekehrt, die lange nicht da gewesen waren: Oliver Batista Meier zum Beispiel oder auch der zuletzt nach Parma verliehene Joshua Zirkzee.

Spieler der Meistermannschaft im vergangenen Jahr. Auch sie nahmen es auf den Rasen stierend und stumm hin, dass die Zeit von Bayerns U23 im Profifußball nach zwei Jahren erst einmal wieder beendet ist.

Immerhin, einige Fans spendeten am Schluss noch ein wenig tröstenden Applaus. Und Jochen Sauer, Leiter am Nachwuchs-Campus der Bayern, gab nach dem Spiel bekannt, gleich wieder angreifen zu wollen. Wie der künftige Kader aussehen wird, werde in den kommenden Tagen besprochen. So muss zum Beispiel noch geklärt werden, ob Abwehrchef Nicolas Feldhahn, 34, noch einmal um ein Jahr verlängert, sein Vertrag läuft Ende Juni aus. Dahinter steht auch die größere Frage, wie stark die Verantwortlichen den eigenen Jugendlichen vertrauen wollen bei dem Unternehmen, sich wieder aus dem Amateurfußball herauszuspielen.

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