Fiete Arp zum FC Bayern:Der nächste aus dem Jahrgang 99/00

FILE PHOTO: DFB Cup First Round - TuS Erndtebrueck v Hamburger SV

Kommt nach München, nur wann? Jann-Fiete Arp.

(Foto: REUTERS)
  • Jann-Fiete Arp wechselt zum FC Bayern - die Münchner sichern sich damit relativ günstig die Rechte an einem jungen, hoch veranlagten deutschen Stürmer.
  • Dahinter steckt eine neue Transferstrategie des Klubs.
  • Beim HSV konnte Arp zuletzt allerdings selten überzeugen.

Von Carsten Scheele und Martin Schneider

Callum Hudson-Odoi folgt Jann-Fiete Arp jetzt auf Instagram. Das liest sich wie eine völlig belanglose Meldung aus der Reihe "Medien schreiben die sozialen Netzwerke ab", aber als der 18-jährige Brite am Donnerstagabend auf das Profil des 19-jährigen Hamburgers scrollte und den "Follow"-Button drückte, illustrierte das auf schöne und knappe Weise die neue Transferstrategie des FC Bayern. Auch wenn Präsident Uli Hoeneß vermutlich nicht einverstanden wäre, wenn man ihm erklären würde, dass sein Plan durchschaut ist, weil "calteck10" nun die Storys von "f.arp10" streamt.

Hudson-Odoi und Jann-Fiete, genannt Fiete, Arp haben ziemlich viel gemeinsam. Sie sind beide bei Instagram, sie sind beide sehr jung, sie sind beide talentierte Offensivspieler und sie sind beide noch nicht Spieler des FC Bayern. Der eine, Arp, wird es "spätestens 2020" sein, wie der HSV und der FC Bayern am Donnerstagabend bekannt gaben. Arp kann sich demnach selbst entscheiden, ob er im Sommer 2019 kommt oder doch erst 2020. Hudson-Odoi will der FC Bayern laut Sportdirektor Hasan Salihamidzic "unbedingt verpflichten" - der FC Chelsea wehrt sich derzeit noch mit Händen und Füßen. Ausgang offen.

Beim FC Bayern spielt aktuell auch noch der Kanadier Alphonso Davies, 18 Jahre, er kam im Winter aus Vancouver. Und sehr wahrscheinlich wird zu den bisher genannten Namen über kurz oder lang auch noch Kai Havertz (19, derzeit Bayer Leverkusen) stoßen.

Der FC Bayern wird am Transfermarkt früher aktiv

Die Strategie hinter den feststehenden Verpflichtungen (Arp und Davies) und den möglichen Verpflichtungen (Hudson-Odoi, Havertz) ist klar: Der FC Bayern wird am Transfermarkt früher aktiv - und holt gezielt die jungen Spieler, die noch keine Weltstars sind. Der Wechsel von Arp soll schon im Sommer 2018 eingefädelt worden sein. Die Münchner haben erkannt, dass es selbst für den reichsten deutschen Klub einigermaßen unrealistisch geworden ist, die besten Spieler zu verpflichten - weil für diese Sonne-, Mond- und Marspreise aufgerufen werden. Also sichert sich der Klub gerade prophylaktisch die besten Spieler der Jahrgänge 1999 und 2000. Im Fall von Jadon Sancho (Jahrgang 2000) war Konkurrent Dortmund schneller - ein für die Bayern untragbarer Zustand.

Im Fall von Arp ist das Geschäft für den FC Bayern nahezu risikolos. Die Ablöse soll je nach Bericht zwischen 2,5 und fünf Millionen Euro liegen. Das ist praktisch nichts. Zum Vergleich: Der BVB soll für den 19-jährigen Argentinier Leonardo Balerdi im Winter mehr als 15 Millionen gezahlt haben. Wenn Arp einschlägt, hat der FC Bayern einen Top-Stürmer. Wenn nicht, hat der Klub nur die Siegprämie für zwei Champions-League-Gruppenspiele (5,4 Millionen Euro) verzockt.

Ein Risiko scheint der Transfer aktuell mehr für Fiete Arp zu sein. Wer ihn zuletzt beobachtet hat, kommt schnell zu dem Schluss, dass der Spieler die Zeit bis 2020 noch brauchen wird, um sich zum vollwertigen Bundesligastürmer zu entwickeln. Dem Druck, das vielversprechendste HSV-Talent zu sein, hielt er zuletzt selten stand. Zwar sind sich die Experten weiterhin einig, dass Arp über große Anlagen verfügt: Er durchlief alle DFB-Jugendnationalteams, schoss bei der U 17 in 19 Spielen 18 Tore; Arp ist schnell, kann eine explosive Kraft ins Spiel bringen, die bei 19-Jährigen selten ist. Er sei "sehr weit für sein Alter", sagt Trainer Hannes Wolf, der zuletzt allerdings anmerkte, dass Arp vielleicht nicht alles aus sich heraushole.

Sind ja noch genug andere Talente da

Arp müsse "Vollgas geben", so Wolf, und die Chancen, die sich ihm bieten, "dann halt auch nutzen". So waren es andere junge Spieler, die beim HSV zuletzt aufblühten: Berkay Özcan, 20, der Torschütze aus dem DFB-Pokal. Flügelstürmer Bakery Jatta, 20, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen ist. Oder Verteidiger Rick van Drongelen, 20, der sich zur festen Größe entwickelt hat. Anders als Arp, der in den vergangenen fünf Zweitligaspielen jeweils jenseits der 77. Minute eingewechselt wurde - und kein Tor erzielte.

Arp fiel eher mit Social-Media-Aktivitäten auf, was selten ein gutes Zeichen ist. Rund um das Derby gegen den verhassten Lokalrivalen FC St. Pauli 2018 waren seine Postings derb; als im Oktober dann Christian Titz beim HSV entlassen wurde, postete Arp bei Instagram ein Bild seines Coaches mit traurigen und wütenden Emojis darunter, was als Kritik am Vorstand interpretiert wurde. Das brachte ihm ein klärendes Gespräch bei HSV-Sportchef Ralf Becker ein ("nicht zu akzeptieren"), der Arp anwies, sein Geposte künftig zu drosseln.

Arp muss in seiner verbleibenden Zeit beim HSV beweisen, dass er nun den Rucksack "künftiger Bayern-Spieler" schleppen kann. Auf öffentliche Kritik am Vorstand sollte er beim FC Bayern dann lieber verzichten. Die Münchner verpflichten gerade so viele Talente wie selten zuvor, aber daraus folgt auch: Wenn eines dieser Talente nicht die Leistung bringt, die man sich erhofft hat - Schwamm drüber. Sind ja noch genug andere da.

Und im Zweifel gibt es auch andere Stürmer, sogar in Deutschland. Timo Werner weigert sich zum Beispiel gerade beharrlich, seinen Vertrag in Leipzig zu verlängern. Und Werner ist auch erst 22 Jahre alt.

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