FC Bayern:Hilflos gegen den Trotz

Bayern Muenchen Women's v VfL Wolfsburg Women's - Women's DFB Cup Semi Final

Ratlose Bayern: Lina Magull (links) and Mandy Islacker bei der klaren Niederlage gegen Wolfsburg.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Der VfL Wolfsburg zeigt den Münchnerinnen im Pokalhalbfinale erneut die Grenzen auf.

Von Anna Dreher

Welches Problem sie bekommen würden, das hatten die Fußballerinnen des FC Bayern schon vor dem Pokalhalbfinale geahnt. Während sie am Mittwoch erstmals in ihrer Geschichte den Einzug ins Halbfinale der Champions League feierten, war ihr Gegner, der VfL Wolfsburg, ausgeschieden. Als Titelkandidat, das zweite Triple nach 2013 fest anvisiert. Und weil bekannt ist, wie ehrgeizig und gefährlich dieser VfL ohnehin ist, war klar, dass es zu einer Trotzreaktion kommen würde. Nur: Wie entschieden und hart diese Reaktion am Sonntag dann ausfiel, das hat die Münchnerinnen doch sehr überrascht und die Frage nach der tatsächlichen eigenen Stärke aufgeworfen.

Schon früh waren sie beim 0:4 (0:2) vor 1548 Zuschauern im Stadion auf dem Campus unterlegen. Und das in einer Saison, in der sie bis dahin erst ein Spiel verloren hatten und auch nach eigener Einschätzung als Team eine besondere Stärke entwickelt haben mit einem eigentlich großen Selbstvertrauen und einer hohen Flexibilität im Kader. "Wir hatten uns viel vorgenommen und wollten früh attackieren. Aber wir haben nach fünf Minuten schon gewusst, was los ist", sagte Bayerns Trainer Thomas Wörle. "Wir waren einfach nicht in der Lage mitzuhalten." Die Schnelligkeit und Technik von Wolfsburg sei unglaublich gewesen, wie auch die Präsenz auf dem Platz.

Hinzu kamen in der Neuauflage des Vorjahresfinals, und das hatte der FC Bayern vorher eben nicht geahnt, ungewohnt viele eigene Fehler - nicht immer direkt erzwungen vom hohen Wolfsburger Druck. Vor dem ersten Tor von Caroline Hansen (25. Minute) hatte Kathrin Hendrich den Ball verloren, vor dem zweiten durch Pernille Harder (31.) wollte Carina Wenninger den Ball im Strafraum stoppen und verlor ihn dabei. Vor dem dritten Tor wurde erst ein Angriff ungelenk abgewehrt und dann Ewa Pajor im Strafraum unbewacht gelassen (53.). Beim 4:0 durch Harder (65.) zeigte die dänische Nationalspielerin ihre Klasse und setzte sich im Strafraum clever durch, begünstigt durch die lückenhaft stehende Abwehr. "Uns hat die nötige Aggressivität gefehlt. Solche Tage gibt es einfach", sagte Simone Laudehr. "Das letzte Mal hat Wolfsburg geblutet, heute waren es wir."

Dieses letzte Mal war der 4:2-Sieg im Bundesliga-Rückspiel im Februar, bei dem Bayern keinen Zweifel an Können und Entschlossenheit ausgestrahlt hatte. Und Wörle hatte nun, im Pokalhalbfinale, auch fast der gleichen Startelf vertraut wie damals. Nur, dass statt Gina Lewandowski dieses Mal Verena Schweers anfing und erstaunlicherweise auf die zuletzt so souverän auftretende Kristin Demann verzichtet wurde. Selbst die Einwechslungen von Torgarantin Fridolina Rolfö und der kreativen Lina Magull noch vor der Halbzeitpause änderten nichts am Kräfteverhältnis.

22 Nationalspielerinnen standen auf dem Platz, darunter zehn deutsche. Die bessere Mischung aber hatte das ganze Spiel über Wolfsburg. Wörle sah sich darin bestätigt, dass der Tabellenerste immer noch die unangefochten beste Mannschaft der Liga hat. Und die Fernsehexpertin und frühere Nationalspielerin Nia Künzer sagte in der ARD: "Vielleicht muss man mal ernst machen und sich Topspielerinnen auch international holen." Dabei hatte der bisherige Saisonverlauf ja durchaus gezeigt, dass Bayern eine gute Zusammenstellung gefunden hatte. "Wir wollten unbedingt ins Finale", sagte Sara Däbritz, "für uns ist das eine mega Enttäuschung."

Für den FC Bayern wäre das eine schöne Geschichte gewesen: Am 1. Mai als Favorit im Pokalfinale zu stehen gegen den SC Freiburg, der trainiert wird von Jens Scheuer - Wörles Nachfolger ab der kommenden Saison. So aber bleibt dem mit Wolfsburg punktgleichen Zweiten noch die Hoffnung auf den Meistertitel und den Einzug ins Finale der Champions League gegen den FC Barcelona. Ein Videoscout der Katalanen diktierte am Sonntag Beobachtungen in sein Telefon. Allzu gefährlich dürfte München nicht auf ihn gewirkt haben. Aber wie heftig eine Trotzreaktion aussehen kann, hat der FC Bayern ja gerade am eigenen Beispiel gelernt.

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