FC Bayern gewinnt 1:0:Ein bisschen wenig kreativ

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Robert Lewandowski hätte gegen Berlin gerne mehr Bälle gesehen. (Foto: AFP)
  • Der FC Bayern beendet mit dem 1:0 gegen Hertha eine für die Münchner erfolgreiche Woche und ist vorerst punktgleich mit dem BVB.
  • Wie gegen Liverpool steht die Abwehr sicher - allerdings zu Lasten des Angriffs.
  • Der leidtragende Stürmer Robert Lewandowksi, aber auch Joshua Kimmich und Sportdirektor Hasan Salihamidzic äußern zumindest vorsichtig Kritik am Spielstil.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Dem überschaubaren Unterhaltungswert des Spiels folgte ein beinahe kurioser Nachgang. Von einen guten Leistung sprachen die Verlierer, während die Sieger nur mit dem Ergebnis wirklich zufrieden waren. "Das war kein perfektes Spiel", befand beispielsweise Robert Lewandowski und bemängelte gleich mehrfach, es sei "offensiv ein bisschen wenig" gewesen, was seine Mannschaft des FC Bayern gegen Hertha BSC zustande gebracht habe.

Doch weil die Münchner auf ein zwar mühsames, aber sehr wertvolles 1:0 (0:0) zurückblickten und zudem zumindest vorübergehend zu Tabellenführer Borussia Dortmund nach Punkten aufschlossen, konnten sie trotz des sehr zähen Vortrags von einer erfolgreichen Woche sprechen. "Die Ausgangsposition sieht gut aus", sagte Innenverteidiger Niklas Süle vor dem Spiel des BVB an diesem Sonntag gegen Bayer Leverkusen, "wenn wir es jetzt noch hinbekommen, die Defensive mit der Offensive zu paaren, ist vieles möglich in dieser Saison." Gemeint war: Nicht nur in der Bundesliga, sondern auch im Pokal und in der Champions League.

FC Bayern in der Einzelkritik
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Der Verteidiger muss sich nicht nur mit Berlinern herumschlagen. Kingsley Coman verletzt sich und Javi Martínez krönt seine Woche. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Vivien Timmler

Es war gegen die Hertha in groben Zügen eine Fortsetzung jenes Stils gewesen, mit dem die Bayern am Dienstag in der Champions League ein 0:0 beim FC Liverpool erkämpft hatten. Auch gegen die Berliner, die zuletzt vier Mal in Serie nicht gegen die Münchner verloren hatten, stand erkennbar im Vordergrund, erstmal kein Gegentor zu kassieren. Heraus kam ein Spiel wie ein Schlafmittel, und das Beste an der ersten Halbzeit war aus Publikumssicht der Pausenpfiff.

"Ich habe schon gegen bessere Bayern gespielt"

Wer es allein aus Sicht der zahlenden Zuschauer betrachten und die Anstrengungen aus Liverpool ignorieren wollte, der konnte phasenweise auf die Idee kommen, er wohne einer Partie des FC Baldrian München bei. Nur eine ernsthafte Torannäherung der Bayern durch Joshua Kimmichs Flachschuss, der knapp das Tor verfehlte (14.), war über eine Stunde lang zu beobachten gewesen.

Die Berliner hatten durch Salomon Kalou (28.) und Davie Selke (56.) immerhin zwei Mal die Führung knapp verpasst, als die Abschlüsse der beiden Stürmer von Jérôme Boateng und Kimmich jeweils vor der Torlinie abgefangen worden waren. "Ich habe schon gegen bessere Bayern gespielt", bilanzierte später Berlins Verteidiger Niklas Stark.

Es fügte sich ins Bild, dass die ideenarmen Münchner durch eine Standardsituation den Siegtreffer erzielten, als Herthas Torwart Rune Jarstein James Eckball unterlief und Javier Martínez per Kopf ins leere Tor traf (62.). Zum "Spieler der Woche" ernannte Sportdirektor Hasan Salihamidzic den Spanier, der schon in Liverpool mit seinem enormen Engagement im defensiven Mittelfeld wesentlich zum Teilerfolg beigetragen hatte. "Javi hat diese Woche rund gemacht, nicht nur für sich, sondern auch für die Mannschaft", sagte Trainer Niko Kovac, und wenn Martínez so spiele, "dann ist das der Sechser, den wir brauchen."

Es ist ein neuer Minimalismus, dem sich die Bayern gerade verschrieben zu haben scheinen, und der in Liverpool in die Startelf zurückgekehrte Martínez gibt dem Sicherheitskonzept mit seinem kampfbetonten Stil das Gesicht. Keines der ersten sechs Spiele des Jahres hatten die Bayern ohne Gegentor überstanden, nun stand mit Martínez zum zweiten Mal hintereinander die Null in der Defensive. "In der Hinrunde hätten wir das Spiel wahrscheinlich nicht gewonnen", befand Kimmich. So aber ist man vorerst gleichauf mit dem BVB.

Die neue Betonung der Defensive hat allerdings die Kehrseite, dass die Offensivspieler wie Stürmer Lewandowski eher nicht angetan auf den sehr verhaltenen Vortrag gegen die Hertha zurückblickten, abgesehen vom Ergebnis. Das galt auch für Kimmich, den meist sehr offensivfreudigen Rechtsverteidiger.

Schon in Liverpool sei nicht viel nach vorne gegangen, erinnerte er, gegen die Hertha sei man ebenfalls "nicht so zwingend" gewesen, auch nicht nach der etwas fragwürdigen roten Karte gegen Berlins Karim Rekik wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit (84.).

Als "bisschen zu wenig kreativ" kritisierte Lewandowski sanft die Angriffsbemühungen. Sogar Salihamidzic stimmte dem grundsätzlich zu. "Die Defensive ist wichtig", sagte er, "genauso müssen wir schauen, dass wir für die Offensive etwas tun." Es gelte nun, die richtige Balance zu finden, allerdings vorerst wieder ohne Flügelsprinter Kingsley Coman, der sich kurz nach seiner Einwechselung einen Muskelfaserriss im linken, hinteren Oberschenkel zugezogen hatte. Für eine schwungvollere Offensive spricht seine Absenz eher nicht, sogar für das Rückspiel gegen Liverpool könnte es knapp werden.

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