DFB-Pokal:Bei Bayern ist die Lage kompliziert

Bundesliga - Bayern-Keeper Manuel Neuer nach dem Spiel gegen Hoffenheim

Manuel Neuer ist erneut verletzt beim FC Bayern.

(Foto: REUTERS)
  • Der FC Bayern trifft am Mittwochabend im DFB-Pokal bei Hertha BSC an - und muss seine Schwächen endlich hinter sich lassen.
  • Sorgen bereiten vor allem Manuel Neuers Verletzung und die unsichere Defensive des Meisters.
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Von Jonas Beckenkamp

Verschmitzt grinsen kann in der Bundesliga kaum einer so gut wie Pal Dardai, der bekannteste Ungar Berlins. Als Trainer von Hertha BSC wird er sich wieder einiges einfallen lassen gegen die Bayern, so wie er das gerne tut. Dardai weiß, wie man die Bayern besiegt, es gelang ihm mit seinem Team schon in der Hinrunde recht gut. 2:0 hieß es damals, Ende September war das.

Es war jene Zeit, als sich andeutete, wie überraschend verwundbar die Münchner in dieser Saison sind. Dardais Lächeln beim Pressegespräch in Berlin vor dem Pokal-Achtelfinale am Mittwoch verriet nun: Der alte Pal aus Pécs tüftelt bereits akribisch und voller Vorfreude daran, er will gut vorbereitet sein, wenn die Bayern kommen.

Dardai tüfelt bereits an der Taktik

In seine Überlegungen wird er auch Fragen wie diese mit einbeziehen: Was für eine Bayern-Elf reist denn nun in die Hauptstadt? Jene aus der sieben-Siege-Serie vor Weihnachten und vom Beginn des Jahres 2019? Oder jene, die in Leverkusen wieder so agierte wie damals in der Hinrunde in Berlin: ohne Souveränität, ohne defensive Standfestigkeit, ohne die letzte Kratzigkeit. Für Dardai steht fest, es werden starke Münchner sein, die seine Elf schlagen muss.

"Wenn die einen guten Tag haben, steht es schnell 0:3", sagte er. Es käme gar nicht in Frage, die Bayern zu unterschätzen. "Jetzt haben sie einmal verloren. Das bedeutet nicht, dass sie schlecht sind", sagte der Hertha-Coach. Er kündigte zudem an, vielleicht sogar sein System zu ändern. Mehr Druck in der Spielfeldmitte, damit sich die Münchner wieder so gestört fühlen wie phasenweise in Leverkusen. Dardai schwebt eine Viererkette statt des zuletzt praktizierten 3-5-2 vor, zwei defensive und drei offensive Mittelfeldspieler plus eine Sturmspitze. "Gegen Bayern ist unser Basic-System besser", glaubt der Berliner Trainer. Auf Abwehrspieler Peter Pekarik (Wadenblessur) muss er verzichten, der Einsatz des angeschlagenen Arne Maier ist offen.

Das 1:3 der Bayern gegen Bayer, jene irritierende vierte Saisonpleite in der Liga, ist in Berlin aber niemandem entgagen. Auch wenn Kapitän Vedad Ibisevic vorausblickend bemerkte: "Das Spiel gegen Leverkusen haben wir nicht extra analysiert. Wir wissen genau, dass Bayern sehr viel Qualität hat." Die Berliner finden ihre Underdog-Rolle in gewohnter Manier ganz passabel. Nach dem 0:1 gegen Wolfsburg trauen ihnen nur wenige einen erneuten Coup zu, Stürmer Ibisevic lieferte die entsprechend kleinlaute Einstimmung: "Wir müssen hier nicht davon reden, dass wir der Favorit sind. Das ist ein Gegner, der eine Top-Mannschaft in Europa ist."

Doch selbstredend tritt Hertha BSC nicht nur zum Spaß an in diesem Spiel vor vielen Zuschauern bei wohligen Null Grad am Mittwoch. "Man merkt schon, dass sie dieses Jahr Punkte verloren haben, die sie vorher nicht abgegeben haben", sagt Ibisevic über die Bayern. Dass der Meister schlagbar ist, gilt in Berlin für alle als Ansporn, findet er: "Natürlich gibt es Mut, dass sie immer mal wieder Ausrutscher haben. Wir wissen also, was möglich ist."

Dass bei Hertha bei allem Understatement überhaupt über die eigenen Möglichkeiten spekuliert wird, liegt auch an der Personallage beim Gegner. Die Bayern plagt vor allem der drohende Ausfall von Manuel Neuer. Der Torwart musste wegen eines verletzten Seitenbandes am rechten Daumen bereits in Leverkusen aussetzen, jetzt berichtet die Bild-Zeitung, dass die Geschichte vielleicht sogar komplizierter sei als bisher gedacht. Ist Neuers Einsatz im DFB-Pokal-Achtelfinale wirklich so unwahrscheinlich?

Harte Kritik an Robert Lewandowski

Sollte sich diese Annnahme bestätigen, würde erneut Sven Ulreich den Nationalkeeper vertreten. Wie schwer es Neuer wirklich an der Hand erwischt hat, ist kaum abzusehen - Beobachter sahen ihn immerhin beim Training der Münchner herumrennen. Als Feldspieler mit Handschiene, wohlgemerkt. "Wenn er Schmerzen hat, gehen wir kein Risiko ein", gab Trainer Niko Kovac als Maßgabe vor. Das gilt vor allem mit Blick auf den Champions-League-Knaller in zwei Wochen gegen den FC Liverpool.

Wichtig wäre aus Münchner Sicht derweil, dass sich die Probleme in der Hintermannschaft lösen, in der Neuer nur das hinterste Rädchen ist. Schon gegen Stuttgart (4:1) rumpelte es hier und da, auch in Hoffenheim zum Rückrundenstart (3:1) gab es Wackelmomente nach dem Anschlusstreffer der TSG. "Jeder weiß, dass die Meisterschaft in der Defensive entschieden wird. Vorne werden nur die Spiele gewonnen", sagt Kovac.

Kovac spricht die Dinge an

Während er die Schwachpunkte recht deutlich ansprach (er dürfte namentlich auch einige wirre Szenen von Mats Hummels im Rückwärtsgang gemeint haben), hielt sich der Rest der Belegschaft zurück. Die Klubbosse Rummenigge und Hoeneß wirkten in Leverkusen arg bedient, ihr Groll blieb aber wortlos. Kovac wirkte schon besorgter. "Du kannst es dir nicht erlauben, drei Gegentreffer zu kassieren, um dann noch den Anspruch zu haben, in Leverkusen zu gewinnen", erklärte er, um Sachlichkeit bemüht. Er forderte: "Daran müssen wir arbeiten. Nach vorne hat die Mannschaft sehr große Qualitäten. Aber wir müssen nach hinten den Laden zumachen." Nun gehört aber zu den Branchenweisheiten des Fußballs auch die Erkenntnis, dass Verteidigen mitunter ganz vorne anfängt: Da, wo auch Robert Lewandowski (der beim Training ebenfalls fehlte) herumläuft. Nur zeigte sich ausgerechnet der vorderste Münchner Pressing-Minister zuletzt ein bisserl lasch, weshalb er sich nun Kritik anhören muss.

Und zwar von Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann, der als TV-Experte bei Sky folgendes beobachtet hat: "Ich glaube, dass Lewandowski zum Problem für Bayern München wird. Seine Theatralik, sein Abwinken, sein zum Teil lustloses Verhalten auf dem Platz. Ich glaube, es ist offensichtlich, dass er ein Einzelgänger ist", sagte der langjährige Bayern-Profi im Fernsehen. Hamann, 45, erweiterte seine Kritik sogar: "Als Stürmer bei Bayern musst du auch einen Wert für die Mannschaft haben, wenn du keine Tore erzielst. Das ist für mich im Moment nicht gegeben. Ich glaube, dass er auch in der Mannschaft nicht allzu viele Freunde hat oder zum Teil umstritten ist."

Hamann rät daher, Lewandowski am Saisonende abzugeben - trotz seiner insgesamt 175 Tore für die Münchner in den vergangenen fünf Jahren. Der FC Bayern sollte sich im Sommer "ernsthaft überlegen, einen ersten und keinen zweiten Stürmer zu holen. Das würde natürlich heißen, dass du ihn abgibst. Das Problem wird sein, was die interessierten Vereine bezahlen würden." Zu diesen Vereinen dürfte Hertha BSC eher nicht zählen. Auch wenn Pal Dardai Lewandowski bestimmt mit einem schelmischen Grinsen begrüßen würde.

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