FC Bayern gegen Hertha BSC:Selke läuft jetzt clever

Hertha BSC v FC Bayern Muenchen - DFB Cup

Will auch in der Bundesliga gegen Bayern jubeln: Hertha-Stürmer Davie Selke.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Hertha BSC tritt in der Bundesliga beim FC Bayern München an.
  • Bei den Berlinern wird Davie Selke die zentrale Rolle im Angriff einnehmen.
  • Der Stürmer hat sich nach einem längeren Anlauf gut entwickelt und ist Stürmer Nummer eins.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es gibt Liebesgeschichten, die nicht richtig enden wollen, auch wenn man sich woanders längst wohl fühlt. Bei Davie Selke, 24, war das vor einer Woche zu beobachten: Der Stürmer von Hertha BSC traf gegen seinen früheren Klub Werder Bremen (2013-2015) zum 1:0 und bekam es doch nicht übers Herz, gegen die alte Flamme zu jubeln. Dass Claudio Pizarro, 40, in der Nachspielzeit für Werder den 1:1-Endstand erzielte, ärgerte Selke wie kaum einen Zweiten bei der Hertha: "Große Freude (über das eigene Tor/Anm. d. Red.) ist nicht mehr da", sagte er, als er noch ausgepumpt im Bauch des Berliner Olympiastadions stand. Dabei hätte es zur Freude Grund genug gegeben: Selke hatte in drei Spielen nacheinander getroffen, seine siebte Torbeteiligung im Jahr 2019 geliefert und Herthas erstem Mittelstürmer, Kapitän Vedad Ibisevic, kurz vor der Visite beim FC Bayern (Samstag, 15.30 Uhr im SZ-Liveticker) den Rang abgelaufen.

Bis zu diesem Zwischenhoch musste Selke einen extrem langen Anlauf nehmen. In der Saisonvorbereitung hatte er nach einem Zusammenprall im Training einen Lungenriss erlitten. "Das war eine Verletzung, wie ich sie in meiner Zeit als Trainer noch nie erlebt habe", sagte Herthas Coach Pal Dardai am Donnerstag.

Selke wurde operiert, lag mit einem Schlauch in der Lunge im Krankenhaus in Berlin, verpasste wie schon 2017 die Saisonvorbereitung, musste sich erst langsam wieder an seinen Körper herantasten - und mit einer Belastung umgehen, die auch andere erfasste. "Ich konnte nicht einschätzen, wie das psychologisch bei ihm ausgesehen hat", sagte Dardai. Selke trainierte zwar nach vier Wochen wieder, doch bis er wieder in einer Hertha-Startelf stand, wurde es November.

Mittlerweile ist er etabliert, in den letzten beiden Spielen musste der 34 Jahre alte Ibisevic auf der Reservebank Platz nehmen. Gegen die Bayern pausiert Ibisevic wegen einer Gelbsperre. Doch das sorgt in Berlin kaum für gewellte Stirnpartien. Selke "ist jetzt da, wo wir ihn haben wollten", sagt Dardai. Das hat etwas länger gedauert als nötig, sagt einer, der Selkes Weg aus der Jugend in den Profifußball zunächst eng begleitet und dann sehr interessiert verfolgt hat. Seine Präsenz und seine Schnelligkeit seien schon als Teenager beeindruckend gewesen, inzwischen ist es auch seine Körperlänge: Der Stürmer misst klar über 1,90 Meter. Man habe aus Selke auch Führungsqualitäten herauskitzeln können, heißt es bei der Hertha, wegen der mitreißenden Art seines Spiels und einer Grundsympathie, die er verströme und von der viele Leute schwärmen, die ihn kennengelernt haben.

Selkes Statistiken sorgen für Aufmerksamkeit

Andererseits lasse sich Selke noch immer dazu hinreißen, die Konzentration zu verlieren, indem er sich zum Beispiel immer wieder in Diskussionen mit den Ordnungshütern auf dem Platz verwickeln lasse. Der frühere Nationalspieler Mirko Votava, der ihn bei Werder Bremen in der U23 betreute und ihm den Weg ins Profiteam bereitete, hebt freilich eine andere Gabe hervor: "Er ist extrem lernwillig."

Das kommt nun bei Hertha zum Tragen. Dort landete er 2017 nach einem missglückten Versuch, beim Liga-Konkurrenten RB Leipzig Fuß zu fassen. Selke habe zuletzt eine "großartige Entwicklung" durchlaufen, versichert Dardai. Er leiste sich seltener sinnlose und ermüdende Läufe, "seine Wege" seien mittlerweile "richtig gut". Zudem habe sich Selke "im Kombinationsspiel tierisch verbessert". Davon zeugen Zahlen wie diese: Acht Torvorlagen in dieser Saison machen Selke (zudem drei Tore) hinter Spielmacher Duda (10/3) zu Herthas Top-Scorer.

Derartige Statistiken sorgen für Aufmerksamkeit, dies- und jenseits der Grenzen. Zum einen, weil das Angebot an klassischen Stoßstürmern, aus dem sich Bundestrainer Joachim Löw bedienen kann, in der Bundesliga überschaubar ist. Zum anderen, weil der nahe Stuttgart geborene Selke einen äthiopischen Vater und eine tschechische Mutter hat. Der Nationaltrainer Tschechiens ließ in diesen Tagen verlauten, dass er an einer Rekrutierung Selkes interessiert sei. Doch viel mehr als ein paar Tage Wallung in den Medien wird dieses Werben kaum produzieren. Selke wurde 2015 unter Stefan Kuntz U21-Europameister, es war nach dem EM-Titel 2014 mit der U19 sein zweiter internationaler Erfolg. Und nach allem, was man von ihm weiß, fühlt er sich dem DFB verbunden.

Perspektivisch sei Selke durchaus ein Thema für den DFB, sagte Herthas Manager Michael Preetz in diesen Tagen. Wenn Selke es schaffe, dauerhaft Topleistung abzurufen, sei es "nur eine Frage der Zeit, bis er Nationalspieler wird". Und so hoffen sie in Berlin auch für Selke, dass er den Fokus behält. "Ich hoffe, dass er dranbleibt", sagte Dardai und meinte damit wohl auch: Gern gegen die Bayern, gegen die Selke beim letzten Duell im DFB-Pokal traf.

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