FC Bayern:Wenn der Ball ins Tor fällt wie der Schnee

FC Bayern: Kingsley Coman bei seinem Treffer zum 1:0 - Niklas Stark fälscht entscheidend ab.

Kingsley Coman bei seinem Treffer zum 1:0 - Niklas Stark fälscht entscheidend ab.

(Foto: John MacDougall/AFP)

Vor der Reise zur Klub-WM müht sich der FC Bayern zu einem 1:0 bei Hertha BSC. An dem Sieg hat Manuel Neuer mindestens so viel Anteil wie der glückliche Torschütze Kingsley Coman.

Von Nico Fried, Berlin

Es war 21.55 Uhr, als die Spieler des FC Bayern am Freitagabend vom Spielfeld trabten, um sich von Berlin aus gen Katar aufzumachen. Bei Hertha BSC hatten sie sich noch drei Punkte für das ohnehin schon recht bequeme Bundesliga-Polster abgeholt, quasi ein letzter Tank-Stopp fürs Selbstbewusstsein auf dem Weg zur Klub-Weltmeisterschaft in der arabischen Wüste. 1:0 hieß es Ende aus Münchner Sicht, ein knapper Sieg, an dem am Ende Torhüter Manuel mindestens so viel Anteil hatte wie der Torschütze Kingsley Coman.

"Wenn Bayern München einen Top-Tag hat, hast du keine Chance", hatte Hertha-Trainer Pal Dardai vor dem Spiel gesagt. "Aber wenn Bayern München einen normalen Tag hat oder einen schwachen, dann kann man etwas machen." Das klang nach Binsenweisheit, aber der neue alte Coach hat persönliche Erfahrungswerte: Von fünf Siegen der Berliner gegen die Bayern in 40 Jahren hat Dardai vier Erfolge an der Seitenlinie oder auf dem Platz erlebt, einmal als Trainer, dreimal als Spieler. Am Ende dieses Abends kam spielerisch durchaus eine weitere positive Erfahrung dazu, aber kein zählbarer Erfolg.

Etwas machen - Sami Khedira traute Dardai das noch nicht zu. Der Zugang der Berliner habe Anfang der Woche eine anstrengende Anreise gehabt, viele Termine, und außerdem fehle ihm die Spielpraxis, berichtete Dardai unter der Woche. Deshalb wollte er sich genau überlegen, "ob ich den gleich reinschmeiße". Ergebnis: Der einstige Weltmeister trug sein Trikot mit der 28 erstmal unter einer dicken Daunenjacke, genauso wie sein Mannschaftskamerad von 2014 Jérôme Boateng. Bayern-Trainer Hansi Flick gab diesmal Niklas Süle den Vorzug neben David Alaba in der Viererkette.

Nach einem schnurgeraden Pass von Vladimir Darida durch die Innenverteidigung der Bayern hätte Flick diese Entscheidung schon in der dritten Minute beinahe bereuen müssen. Doch Dodi Lukébakio scheiterte alleine vor Manuel Neuer. Umgekehrt schien Herthas Torhüter Rune Jarstein, den Dardai gerade erst wieder anstelle von Alexander Schwolow als Nummer 1 installiert hat, nach zehn Minuten zum Unglücksraben zu werden. Nach einem klaren Foul an Leroy Sané stand der Torhüter Robert Lewandoski gegenüber - und hielt dessen Elfmeter. Der Schuss wirkte so, als habe Lewandowski vor lauter Trippelschritten beim Verzögern des Anlaufs glatt vergessen, auch ein bisschen Schwung zu holen.

Herthas Sportdirektor Arne Friedrich, der schon mit Dardai zusammen die Bayern geschlagen hat, hatte sich gewünscht, "dass wir mutig sind und mehr Lust darauf haben zu gewinnen, als Angst davor zu verlieren". Da konnte er seiner Mannschaft in den ersten 20 Minuten keinen Vorwurf machen. Zweimal hätte Krzysztof Piatek die Berliner in Führung bringen können, scheiterte aber an Neuer. Doch zu dem, was in Dardais Kategorisierung wohl als ein normaler Tag der Bayern anzusehen war, gehört eben auch, dass im Zweifel das Glück hilft: Einen Schuss von Kingsley Coman nach 20 Minuten fälschte Niklas Stark so unglücklich ab, dass er sich hinter Jarstein fast genauso senkrecht hinter die Torlinie senkte wie der Schneefall, der unaufhörlich ins Berliner Olympiastadion fiel und der Rasenheizung alles abforderte.

Nach der Führung beruhigte sich das Spiel, die Bayern traten jetzt souveräner auf, die Berliner nicht mehr ganz so couragiert. Vor allem Kingsley Coman nahm das Hertha-Tor immer wieder ins Visier, allerdings kam ihm der Gegner kein zweites Mal zur Hilfe.

In der zweiten Hälfte bestimmten die Bayern das Spiel, ohne zunächst mit dem letzten Biss aufzutreten. Coman und Sané blieben fleißig, rannten sich aber auch immer wieder fest. Immerhin half Sané, dem der Schneefall zwischenzeitlich eine Art Heiligenschein ins lockige Haar gepudert hatte, auch nach hinten aus, dass Flick seine Freude gehabt haben dürfte. Serge Gnabry hätte zweimal für die Entscheidung sorgen können. Doch einmal scheiterte er alleine vor dem Tor an Jarstein, beim zweiten Mal an sich selbst, als er freistehend im Strafraum den Ball nicht traf. Flick beendete schließlich Gnabrys erneut eher von Glücklosigkeit dominierten Auftritt und brachte Douglas Costa, Corentin Tolisso ersetzte Sané.

Hertha BSC - FC Bayern München

Die große Chance von Matheus Cunha aufs 1:1 kurz vor Schluss. Der Ball landet aber neben dem Tor.

(Foto: Michael Sohn/dpa)

In der 81. Minute gab es dann doch noch die Premiere für Sami Khedira. Kurz darauf leitete er mit einem gewonnen Zweikampf sogar einen Angriff ein, den der zweite Berliner Debütant, Nemanja Radonjic, zum Ausgleich hätte nützen können, wäre da nicht Manuel Neuer gewesen. In einer bemerkenswerten Berliner Schlussoffensive tauchte dann auch noch Matheus Cunha alleine vor Neuer auf, überwand ihn - traf aber nicht das Tor.

"Man kann nicht in jedem Spiel zelebrieren", sagte Thomas Müller danach im Interview bei Dazn, aber er sei zufrieden. Und nun: "Wollen wir uns die Krone aufsetzen." Die ermüdete Muskulatur der Bayern erwarten nach der Ankunft in Doha am Samstagmorgen angenehme 20 Grad.

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