FC Bayern:Guardiolas Taktik? "Nur der Zettel war neu"

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Was ist der Plan? Zehn Minuten nach Beginn der zweiten Hälfte machte ein Zettel in der Bayern-Mannschaft die Runde. (Foto: imago)
  • Die Bayern tun sich lange schwer gegen Ingolstadt.
  • Bis der Trainer Pep Guardiola umstellt, eine Botschaft auf Papier schreibt und sie an Kapitän Lahm übergibt. Anschließend gewinnt der FCB 2:0.
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Aus dem Stadion von Thomas Hummel, München

Von der Ferne sah dieser Zettel aus wie ein normaler Zettel. Damit kann man sein Kind zum Einkaufen schicken, es solle bitte Milch, Semmeln und Eier mitbringen. Und eine Tafel Schokolade natürlich, damit die Motivation steigt. Mehr passt da kaum drauf. Insofern muss Pep Guardiola sehr klein geschrieben haben.

Der Trainer des FC Bayern übergab etwa zehn Minuten nach der Pause seinem Kapitän Philipp Lahm ein handliches Papier. Die Partie gegen den sehr unbequemen FC Ingolstadt wollte einfach nicht richtig laufen, es stand 0:0, es mussten Veränderungen her. Was sich anschließend auf dem Platz abspielte, war eine dieser Metamorphosen, die alleine der Fußballlehrer Pep Guardiola seiner Mannschaft zumutet. Von denen man allerdings dachte, dass sie keinesfalls auf einen handlichen Zettel passen würden.

Da sich später keiner der Beteiligten detailliert zur Botschaft äußern wollte, hier eine Annährung durch Beobachtung: Philipp Lahm rückte vor auf Rechtsaußen. Rafinha von links nach rechts hinten. Holger Badstuber von der Innenverteidigung nach links hinten. Javi Martínez vom Mittelfeld in die Innenverteidigung. Thomas Müller gesellte sich als zweiter Mittelstürmer zu Robert Lewandowski.

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Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Warum Guardiola entgegen seiner sonstigen Art die Mannschaft diesmal schriftlich instruierte? "Wir wollten nicht nur einen Spieler umstellen", erklärte der Spanier, "da ist es einfacher, wenn ein Spieler das auf dem Platz kommuniziert. Philipp Lahm ist dafür intelligent genug." Lahm las also und las. Und übergab den Zettel Martínez. Beim Spanier verschwand er zunächst, später aber sah man ihn bei Lahm wieder, als der Kapitän vor einer Ecke Lewandwoski und anderen Spielern den Zettel zeigte.

Minuten später ließen die Münchner im ersten Durcheinander die zweite Ingolstädter Großchance zu, als Stefan Lex freistehend an Manuel Neuer scheiterte. Danach griffen Guardiolas Rochaden besser, Robert Lewandowski und Lahm schossen die zwei entscheidenden Tore zum 2:0.

Was stand denn nun drauf auf dem Zettel, Herr Lahm? "Dass wir nachlegen und höher in Führung gehen sollen", antwortete der Kapitän. Guardiola habe ihn angewiesen, ein Tor zu erzielen, "am besten noch mit links". Angesichts seines ersten Treffers seit mehr als einem Jahr war Lahm zum Scherzen aufgelegt.

Guardiola selbst nutzte die Diskussion um die taktischen Umstellungen zu einer Hymne auf seine Spieler. Vor allem auf Rafinha und Joshua Kimmich. "Sie akzeptieren alles, das ist exzeptionell." Der Rechtsfuß Rafinha begann als linker Verteidiger und weil ihn die Ingolstädter als Schwachstelle ausmachten, sah das bisweilen nicht so gut aus. Nach dem Zettel durfte Rafinha auf rechts. Der junge Kimmich begann rechts vorne, wechselte nach acht Minuten in die Mitte und beschloss die Partie links hinten. Guardiola nannte sie "meine Helden". Der Trainer und seine willigen Figuren, die sich über den ganzen Platz verteilen lassen.

Thomas Müller erinnerte daran, dass die umfangreichen Wechsel während eines Spiels "nix Neues" seien bei Guardiola, "nur der Zettel war neu". Hat es der Spanier eventuell seinem Gladbacher Kollegen André Schubert abgeschaut, der zuletzt in Hoffenheim ebenfalls eine Zettelpost während des Spiels auf das Feld schickte und so noch ein Remis rettete? Guardiola gab sich ahnungslos, sagte dann in Erinnerung an die Niederlage vor einer Woche in Gladbach: "Er hat gewonnen, wir haben gewonnen. Also muss das jeder Trainer tun."

© SZ vom 13.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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