Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Guardiola bekämpft den Schlendrian

Zuletzt wirkten die Bayern etwas müde - das soll sich gegen Stuttgart ändern. Zum Schwärmen bringt den Trainer eine andere Mannschaft.

Von Sophie Rohringer

Manchmal täuscht der äußere Schein über die wahre Befindlichkeit eines Protagonisten hinweg. Pep Guardiola zum Beispiel versprühte an diesem grauen Freitag Frühlingslaune. Der Bayern-Trainer hatte es sich im Pressekabuff seines Vereins gemütlich gemacht, er trug die lebensfrohe Farbe knallrot (Bayern-Trainingsjacke) und wirkte entspannt. Doch innerlich denkt ein Akribiker wie Guardiola natürlich immer an Fußball. Er kann nicht ohne, selbst wenn es nach dem internationalen Abend gegen Benfica Lissabon "nur" gegen den VfB Stuttgart geht.

Das Spiel gegen die Schwaben am Samstag hat bei ihm oberste Priorität, das macht er deutlich - ebenso wie eine gewisse Anspannung: "Der VfB kann morgen gewinnen", verkündete der Katalane auf der Pressekonferenz. "In einem Spiel kann alles passieren, wir müssen immer fokussiert sein." Sechs Bundesligaspiele stehen den Bayern noch bevor und jede Partie betitelte der Trainer als einen kleinen Showdown.

Verfolger Dortmund ist den Münchnern nach wie vor ziemlich nahe, trotz des Polsters von fünf Punkten Vorsprung. Am Sonntag trifft Dortmund im Revierderby auf Rivalen Schalke 04, Guardiola rechnet fest mit einem Sieg des Tabellenzweiten. "Wir können nicht auf einen BVB-Fehler warten. Wir müssen unsere Spiele gewinnen", lautet die klare Anweisung des Trainers.

Der Zweikampf mit Dortmund könnte in diesem Jahr allerdings zum Vorteil für die Bayern werden. Schließlich scheiterten die Münchner in den vergangenen beiden Spielzeiten im Halbfinale der Champions League, nachdem sie bereits als deutsche Meister feststanden beziehungsweise kurz davor waren. "Unser Kopf war nicht mehr da", räumte Guardiola ein. Trotzdem hätte er den vierten Meistertitel in Serie gerne schon sicher, um sich auf die Aufgaben im Pokal und der Champions League zu konzentrieren.

Die nächste Aufgabe lautet also VfB Stuttgart. Guardiola rechnet damit, dass die Schwaben, wie die Mehrheit der letzten Gegner, seinen Bayern fünf Verteidiger entgegen stellen werden, um die Außen wie Ribéry und Coman doppeln zu können. Gleichzeitig haben ihn die schwäbischen Flitzer in der Offensive ganz schön beeindruckt: "Sie haben schnelle, physisch starke Spieler vorne, wie Kostic und Didavi." Physisch nicht ganz so gut ist derzeit Arjen Robben drauf. Er ist weiterhin auf unbestimmte Zeit verletzt und wird laut Guardiola "nicht bis nächste Woche fit." Dabei würde den zuletzt etwas müde wirkenden Münchnern eine Rennsemmel wie Robben sicherlich helfen.

Schließlich gewannen die Bayern die vergangenen drei Partien glanzlos mit 1:0, von einer Schwächephase will Guardiola jedoch nichts wissen. Stattdessen verwies er auf die Stabilität in der Defensive: Gegentore waren kürzlich ja eher eine Ausnahme.

Und dennoch: Wie schnell vermeintliche Favoriten scheitern können, hat auch der Sieg des VfL Wolfsburg gegen Real Madrid am Mittwoch gezeigt - diese Heldentat ist Guardiola natürlich nicht entgangen. Er sprach den Niedersachsen ein großes Kompliment für ihre Leistung aus. "Vor der Auslosung hieß es: Wolfsburg ist der beste Gegner. Aber Fußball ist fabelhaft", sagte der 45-Jährige, der gleich zu einem Pauschallob ausholte: "Die Gegner sind gut, haben gute Trainer, gute Spieler."

Dass Wolfsburg derzeit nur im Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle rangiere, sage nicht viel über die Qualität der Wölfe aus, betonte Guardiola. "Wolfsburg hat Draxler, Schürrle, dieser junge Spieler Henrique hat Wahnsinn gespielt. Sie haben Naldo, Dante, viel Erfahrung und Benaglio im Tor. Und sie haben Manchester United in der Gruppenphase ausgeschaltet, toll!", schwärmte er. Da strahlte Guardiola. Sein Gesicht und sein Gemüt lagen endlich im Einklang.

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