FC Bayern gewinnt in Stuttgart:Erstaunliche Vorstellung

Beim 2:1-Sieg in Stuttgart profitiert der FC Bayern vom Feldverweis gegen Cristian Molinaro. Mario Gomez vergibt erst grotesk eine Chance, dann schießt er beide Tore für die Münchner. Weniger überzeugend geriet das Bemühen der Bayern, das Spiel souverän zu Ende zu bringen.

Es ist Erkältungszeit, auch den FC Bayern hatte es schwer erwischt, jedenfalls haben die Münchner das erzählt, als sie kürzlich mit einer B-Elf im für sie bedeutungslosen Champions-League-Spiel bei Manchester City (0:2) aufliefen. Niemand weiß, ob Trainer Jupp Heynckes nicht doch ein wenig geflunkert hat, als er von einem Lazarett berichtete, aber zumindest der Gedanke war erlaubt: Kann dieser Ehrenmann tatsächlich lügen?

FC Bayern gewinnt in Stuttgart: Flanke, Tor, Huckepack: Mario Gomez trägt seinen Kollegen Rafinha - nachdem der Brasilianer einen Treffer von Gomez vorbereitet hat.

Flanke, Tor, Huckepack: Mario Gomez trägt seinen Kollegen Rafinha - nachdem der Brasilianer einen Treffer von Gomez vorbereitet hat.

(Foto: AFP)

Nun ja, das kann er, in Manchester versicherte er der englischen Presse, Citys Stadtrivalen ManUnited könne er nicht beurteilen ("kaum gesehen") - um kurz darauf der Heimatpresse zu erklären, Uniteds K.o. überrasche ihn überhaupt nicht ("oft gesehen, nicht stabil"). Ein paar Notlügen sind wohl vonnöten, um Titel zu gewinnen, und Heynckes wird seit Sonntagabend wieder mit sich im Reinen sein: Seine nicht unerwartet wieder komplette A-Elf gewann problemlos 2:1 (1:1) beim VfB Stuttgart.

Somit kann der Tabellenführer dank seines Torverhältnisses vor der Winterpause von Dortmund kaum noch eingeholt werden; zum sicheren Herbsttitel genügt zum Abschluss der Hinserie kommenden Freitag in Köln bereits ein Pünktchen. Präsident Uli Hoeneß unterdrückte seine Zufriedenheit imponierend, er sagte: "Wir sind Herbstmeister, was soll ich dazu noch groß sagen."

Der am Mittwoch noch unpässliche Niederländer Arjen Robben, der wie Toni Kroos sogar daheim geblieben war, präsentierte sich in Stuttgart ausgesprochen fidel. Neben Kroos standen auch Thomas Müller, Mario Gomez und Daniel van Buyten wieder in der Startelf, zu der diesmal ebenfalls Rafinha (für Boateng) und Timoschtschuk (Rückkehr nach Rotsperre anstelle Gustavos) gehörten.

Robben wirbelte früh die linke Abwehrseite des VfB durcheinander, als habe er einen Zaubertrank verabreicht bekommen. Schon nach fünf Minuten lief er nach einem Steilpass von Gomez auf Torwart Ulreich zu, verzichtete sogar auf den in der Vorwoche gegen Bremen (4:1) noch kritisierten Eigensinn - und bediente Gomez. Doch der seit vier Wochen erfolglose Stürmer schaffte es, trotz Robbens präzisem Querpass in den Strafraum den Ball nicht zu berühren. Eine erstaunliche Leistung, zu der Gomez später sagen sollte: "Das war schon kurios."

Eine gute Minute nach dieser 100-prozentigen Chance führte Stuttgart. Molinaro sah mal nicht Robbens Hacken, sondern trieb den Ball über links, Rafinha ließ ihn eine schöne Manni-Kaltz-Gedächtnisflanke schlagen, die Harnik erreichte - der Österreicher legte mit dem Kopf geschickt ab auf Gentner, der gierig per Dropkick abschloss.

Gomez: 68 Tore in 92 Ligaspielen

Die Bayern brauchten ein paar Minuten, bis sie wieder Gefahr ausstrahlten, aber dann schlugen sie eiskalt zu. Timoschtschuk nutzte die erstaunlichen Freiheiten, die der VfB dem Gast im Mittelfeld gönnte, zur Spielverlagerung auf Rafinha. Der Brasilianer flankte in den Strafraum, Molinaro fälschte noch leicht ab, sodass Gomez trotz seines Schattens Tasci an den Ball kam und zum Ausgleich (13.) ins Netz prallen ließ. Sein 14. Saisontor und eine diesmal im positiven Sinne erstaunliche Leistung.

Der VfB befand sich nun im Rückwärtsgang, Hajnal und Kvist bekamen nie einen Zugriff auf das Zentrum. Müller, auch er freigespielt von Gomez, hatte die Chance zur Führung. Doch Ulreich parierte den leicht abgelenkten Schuss mit starkem Reflex (25.).

Den munteren Schlagabtausch mit leichten Vorteilen für die Bayern verwandelte dann der unglückliche Italiener Molinaro in ein durchschaubares Spiel, das nur in eine Richtung lief. Nach einem harten Einsteigen gegen Robben kurz zuvor mit Gelb verwarnt, näherte er sich dem Holländer fünf Minuten später an der Mittellinie erneut entschieden von hinten, Referee Gräfe zeigte Gelb-Rot (29.).

Die Bayern kontrollierten nun das Spiel eindeutig, weil sich der VfB massiv zurückzog. Seltsamerweise fiel Heynckes' Team, wie in den vergangenen Wochen häufiger gegen kompakte Blöcke, bis zur Pause wenig ein. Auf der Gegenseite bemühte sich Gebhardt noch einmal um Entlastung, sein Distanzschuss rauschte über die Latte (37.). Nach dem Wechsel standen die Münchner dann noch höher, Stuttgart verteidigte nur noch am eigenen Strafraum. Das 2:1 war jetzt eine Frage der Zeit.

Kroos' Schuss wehrte der tadellose Ulreich noch ab (50.), doch gegen Gomez' zweiten Torschuss war er machtlos: Kroos spielte den in Stürmerposition lauernden Linksverteidiger Lahm frei, der geschickt zurücklegte auf den schwäbischen Torjäger (57.). Gomez, und auch das ist erstaunlich, hat jetzt in 92 Ligaspielen für die Bayern 68 Tore erzielt.

Weniger überzeugend geriet das Bemühen der Bayern, das Spiel souverän zu Ende zu bringen. Nach einer Ecke hätte Pogrebniak beinahe ausgeglichen (77.), und nach einer miserablen Rückgabe von van Buyten stürmte Cacau dazwischen, der Ball landete auf dem Tordach (78.). Der VfB kämpfte, aber das reichte diesmal nicht.

"Wir waren beflügelt durch das Ergebnis von Dortmund", sagte Gomez und ergänzte: "Es war nur ärgerlich, dass wir die letzten 20 Minuten nicht sauber weitergespielt haben." Trainer Heynckes sah das ähnlich: Man habe es versäumt, mehr Tore zu machen und sei dadurch in Bedrängnis gekommen, was "vollkommen unnötig gewesen" sei. Das klang ausgesprochen ehrlich.

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