FC Bayern gegen Hamburger SV:Bei Bayern bricht die Ancelotti-Zeit an

Bayern München - Hamburger SV

Blumen zum Jubiläum: Trainer Carlo Ancelotti (r) bekam vor dem Spiel einen Strauß vom Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge.

(Foto: dpa)
  • Beim 8:0 gegen einen ganz schwachen HSV zeigen die Bayern wuchtigen, präzisen Ancelotti-Fußball.
  • Die Saison geht jetzt in jene Phase, in der Teams des Italieners meistens stark sind.
  • Der HSV kann sich Reisen nach München zukünftig sparen.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Auch lange nach dem Abpfiff wirkte der Spaß aus dem Spiel noch nach. Jedenfalls galt das für den FC Bayern, und zu spüren war das Vergnügen ganz besonders bei Arjen Robben. "Ich erwarte, dass was kommt und er einen ausgibt", scherzte der Niederländer über Carlo Ancelotti, den seine Mannschaft beim 8:0 (3:0) gegen den Hamburger SV reich beschenkt hatte in seinem 1000. Pflichtspiel als Trainer.

Doch nicht nur den höchsten Saisonsieg durfte Ancelotti in seinem Jubiläumsspiel genießen. Es war vor allem die rundum gelungene Darbietung, die auch den Italiener verzückte. "Es war ein perfektes Spiel für uns", sagte er in seiner kleinen Dankesrede beinahe verblüfft, "ich habe mir eine gute Leistung gewünscht zu meinem 1000. Spiel, aber das habe ich nicht erwartet."

Endlich auch einmal Begeisterung im Alltagsdienst

Das galt ebenso für die Zuschauer und die übrige Belegschaft des deutschen Branchenführers. Bisher waren die Ancelotti-Bayern ja kaum einmal damit aufgefallen, den Alltagsdienst mit Begeisterung zu verrichten. Anders als bei den wichtigen Spielen, wie vor der Winterpause gegen den damals punktgleichen Aufsteiger RB Leipzig (3:0) oder jüngst im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Arsenal (5:1). Nun aber demonstrierte der Meister, dass er sich durchaus auch in gewöhnlichen Ligaspielen an sich selbst berauschen kann. In halbwegs vergleichbarer Weise hatte das Arena-Publikum so etwas in dieser Saison nur am ersten Spieltag gegen Werder Bremen (6:0) und Mitte Dezember gegen den VfL Wolfsburg (5:0) erlebt.

Nach der fein säuberlichen und auch stilistisch hochwertigen Demontage des HSV durften die Zuschauer nun in dem beschwingten Gefühl nach Hause fahren, einen weiteren Hinweis erlebt zu haben, dass die Bayern dem Image ihres Trainers gerecht werden könnten. Demnach sind Ancelottis Mannschaften in den wichtigsten Spielen und der entscheidenden Saisonphase voll da.

Vor allem auf diesem Image des Italieners fußte bislang die These, dass der FC Bayern trotz vieler mittelprächtiger Auftritte auf einen reichen Ertrag zusteuern könnte. Oder wie der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge schon vor dem Spiel gedichtet hatte: "Die Zeit, die jetzt ansteht, in der es anfängt zu grünen und zu blühen - das ist die Ancelotti-Jahreszeit."

Rummenigge: "Wenn man 8:0 gewinnt, ist das ein Zeichen"

Gegrünt und geblüht hat am Samstagabend zwar noch nicht wirklich etwas, höchstens im übertragenen Sinne. Aber dass da eine Mannschaft voller Spielfreude und Gemeinsinn über den jämmerlich schlechten HSV hinweggefegt war, ließ sich nicht bestreiten. Womit jene These auch ein gutes Stück glaubhafter wirkt, wonach die Münchner in diesem Frühjahr womöglich mehr erreichen könnten als unter Ancelottis Vorgänger Pep Guardiola, bei dem rauschhafte Spektakel eher der Alltag waren - bis das Frühjahr kam. "Wenn man 8:0 gewinnt, ist das ein Zeichen", sagte Rummenigge nun beschwingt.

Eine Sturmflut bricht über Hamburg herein

Robert Lewandowski mit seinen Saisontoren 17 bis 19 (24./Foulelfmeter, 42. und 54. Minute), der eingewechselte Kingsley Coman (65. und 69.) sowie David Alaba (56.) und Robben (87.) hatten den vierthöchsten Ligasieg in der Vereinsgeschichte herausgeschossen. Nebenbei ließen sich bei den Bayern ungefähr so viele angekommene Hackenpässe bestaunen wie beim HSV Zuspiele der handelsüblichen Art.

"Wir haben mit dem Arsch eingerissen, was wir uns zuletzt aufgebaut haben"

Zurück blieben deprimierte Hamburger, die vor diesem Spieltag als zweiterfolgreichste Mannschaft der Bundesliga aus den vergangenen neun Partien geführt worden waren, was rasch wirkte wie ein Gerücht. "Die Art und Weise tut nicht nur weh, die ist unerträglich", sagte Torwart René Adler, "das ist bitter, weil wir mit dem Arsch eingerissen haben, was wir uns zuletzt an Ansehen aufgebaut haben."

Es war in der Tat ein Spiel gewesen, in dem sich die Hamburger vorkommen mussten wie bei einer plötzlichen einsetzenden Sturmflut, deren Wucht sie nur anfangs halbwegs eindämmen konnten. Danach wurden sie hinweggeschwemmt wie die nächtlichen Überbleibsel auf dem heimischen Fischmarkt. Ein Erlebnis, das ihnen in den vergangenen Spielzeiten so ähnlich schon häufig in München widerfahren war bei ihren vielen heftigen Niederlagen, deren Ergebnisse sich ebenfalls eher nach Eishockey mit Klassenunterschied lasen.

Diesmal allerdings entfaltete sich die bayerische Naturgewalt wegen der meist wenig mitreißenden Alltagsauftritte ziemlich unerwartet. "Wir hatten Lust auf das nächste Tor", sagte Lewandowski und sprach wie die Kollegen von einem "überragenden Spiel". Der besonders gut gelaunte Robben ergänzte: "Heute war es super schön, es hat Spaß gemacht." Und er lieferte auch noch das Argument, warum er eine Gegenleistung des Trainers für die acht Jubiläumsgeschenke erwartet. Robben sagte: "Besser kann man das nicht machen für ihn."

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