FC Bayern gegen Arsenal:5:1 im Robert-Lewandowski-Spiel

FC Bayern Muenchen v Arsenal FC - UEFA Champions League Round of 16: First Leg

Robert Lewandowski (rechts) jubelt mit Arturo Vidal.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Mittelstürmer bestimmt die Dramaturgie: Im Achtelfinal-Hinspiel gegen Arsenal verschuldet Lewandowski erst einen Elfmeter - und löst später alle Verkrampfungen.

Aus dem Stadion von Christof Kneer

Nach allem, was man weiß, ist das Fernsehen auch in England bereits erfunden worden. Laut zuverlässigen Augenzeugenberichten sind auch Computer auf der Insel erhältlich, das World Wide Web ist ebenfalls in allen Winkeln des Königreichs abrufbar. Umso erstaunlicher, dass zumindest von jenen Inselbewohnern, die den FC Arsenal aus Nordlondon vertreten, offenbar noch nie jemand Arjen Robben gesehen hat. Das hätte man wissen können: dass dieser Robben rechts draußen den Ball fordert, dass er mit diesem Ball dann nach innen zieht und mit dem linken Fuß das sogenannte lange Eck anvisiert.

Es dauerte keine elf Minuten, bis der FC Arsenal diesen klassischen Robben-Move kennen lernte, und zur Ehrenrettung der Gäste-Verteidiger sei immerhin gesagt, dass man diese Art von Robben-Toren offenbar schwer verhindern kann - selbst wenn man seine Lieblingsbewegung kennt.

Nach elf Minuten führte der FC Bayern also mit 1:0 in diesem Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales - was sollte da noch groß schief gehen, zumal gegen eine Elf, die einen guten Namen und gute Spieler hat, aber in den vergangenen Wochen überhaupt keinen guten Fußball spielte. Das war die Gefühlslage im Stadion nach elf Minuten, es war auch die Gefühlslage nach 21 Minuten, aber nach 31 Minuten war sie es nicht mehr - da stand es plötzlich 1:1, nachdem Alexis Sanchez einen Elfmeter im zweiten Nachschuss verwandelt hatte.

"Wir haben gut gespielt, stark angefangen, ein guter Auftakt, aber dann wurde es ein bisschen schwierig", fasste der Trainer Carlo Ancelotti später die Dramaturgie der ersten Hälfte zusammen. Der überraschende Ausgleich, es war jener Moment, der aus dem Rückspiel in London Anfang März eine größere Herausforderung zu machen schien. Nach furiosem Start in die zweite Halbzeit setzte sich Bayerns individuelle Klasse aber schließlich doch souverän durch. Nach dem am Ende ziemlich bunten 5:1 (1:1)-Sieg dürfte die Partie in London deutlich entspannter werden. "Das ist eine sehr, sehr gute Ausgangslage", sagte der Kapitän Philipp Lahm: "Das sollte reichen".

Özil agiert nur zurückhaltend

Nun können sie in München wieder hoffen, dass es wahr ist, was auf der Visitenkarte des Trainers Carlo Ancelotti steht: Kann Champions League. Dreimal hat der Italiener den berühmtesten Klubwettbewerb bereits gewonnen, und aus diesen Eckdaten der Vita bezieht er auch in München seine Autorität. Der wird schon wissen, was er tut - dieser Untertitel steht Samstag für Samstag drunter, wenn die Bayern in Freiburg, Bremen oder Ingolstadt zu ihren Siegen rumpeln. Zu Ancelottis Image passte eines aber erst mal nicht: Ein Gegentor wie jenes durch Sanchez' Elfmeter, denn es war ein Tor, das sich weder angekündigt noch aufgedrängt hatte. Es war ein Tor, mit dem die bis dahin souveränen Ancelotti-Bayern ihren bis dahin sehr unterwürfigen Gegner - vorübergehend - zurück ins Spiel holten.

Man wolle den Münchnern "weh tun", hatte Arsenals Trainer Arsène Wenger, den es ungefähr so lange gibt wie den FC Bayern, vor dem Spiel gesagt. Davon war insgesamt wenig zu sehen, abgesehen von zwei albernen Fouls von Granit Xhaka und Shkodran Mustafi, die Arturo Vidal und Thiago in völlig ungefährlichen Räumen hart attackierten. Ansonsten zogen sich die Gäste doch erstaunlich weit zurück und sahen den Bayern beim Passspiel zu. Auch die Altherrenflanke mit Robben und Philipp Lahm durfte gemeinsam viele hübsche Kombinationen anzetteln, Gefahr schien für die Münchner zu diesem Zeitpunkt kaum im Verzug. Allerdings wurde mit zunehmender Spieldauer mehr fühl- als sichtbar, worauf es der FC Arsenal abgesehen hatte: darauf, dass seine beiden Spitzenspieler irgendwie an den Ball kommen.

Der zurückhaltende Spitzenspieler Mesut Özil und vor allem der sehr giftige Spitzenspieler Alexis Sanchez stachen gelegentlich in die Lücken, die die nicht immer organisierte Bayern-Defensive anbot. Das Gegentor allerdings fiel, weil Robert Lewandowski eine alte Fußball-Stammtischregel fahrlässig missachtete: jene, dass Stürmer alles dürfen, nur bitte nicht im eigenen Strafraum aufkreuzen. Bei seinem gut gemeinten Klärungsversuch brachte er Arsenals Laurent Koscielny zu Fall, der Elfmeter war die nachvollziehbare Folge.

Lewandowski, der Zentimetermann

Das war der Moment, in dem sich das Spiel entschloss, ein Robert-Lewandowski-Spiel zu werden. Der Pole war der Zentimetermann an diesem Abend, an ihm zeigte sich exemplarisch, wie schmal der Grat in diesem gnadenlosen Ergebnissport sein kann. In der ersten Hälfte war Lewandowski fleißig, präsent und ständig unterwegs, aber was schief gehen konnte, ging schief. Erst verstolperte er einen Pass von Alonso, später scheiterte er mit zwei Kopfbällen (36., 43.). Es war, wie man im Fußball sagt: nicht seine Halbzeit.

Was dann folgte, war: seine Halbzeit.

Kurz nach der Pause verloren die Gäste den angeschlagenen Verteidiger Koscielny, es war die Personalie, die Lewandowski den Weg zurück ins Spiel ebnete. Arsenals Abwehr wirkte nun fürchterlich durcheinander, und so konnte Lewandowski in der 53. Minute eine Flanke des immergrünen Philipp Lahm zum 2:1 einköpfen. Drei Minuten später leitete Lewandowski einen Pass von Alonso mit der Hacke weiter auf Thiago, der das 3:1 erzielte (56.). Nur bei Thiagos 4:1 - einem abgefälschten Distanzschuss - hielt sich Lewandowskis Beitrag in Grenzen. Er stand halt im Strafraumpulk herum und trug bestenfalls dazu bei, Arsenals Verteidiger weiter zu verwirren.

Am Ende stand Lewandowski stellvertretend für den FC Bayern an diesem Abend: So wie er in der zweiten Hälfte ins Spiel fand, so fand auch die ganze Bayern-Mannschaft ihren Weg zurück in alte, bewährte Verhaltensmuster. "Fast in einen Rausch gespielt" habe sich die Elf, fand Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Das galt sogar für Thomas Müller, der, gerade für Lewandowski eingewechselt, tatsächlich noch ein Tor schoss, das 5:1.

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