FC Bayern in Freiburg:Mit der Souveränität der 18-Jährigen

SC Freiburg - Bayern München

Ein 18-Jähriger als Retter: Joshua Zirkzee bejubelt seinen Treffer zum 3:1-Sieg des FC Bayern in Freiburg.

(Foto: dpa)
  • Der FC Bayern gewinnt mit viel Glück in Freiburg 3:1 - auch weil Joshua Orobosa Zirkzee mit seinem ersten Ballkontakt in der Nachspielzeit sein erstes Bundesliga-Tor erzielt.
  • Die Bayern fühlen sich trotz des erneuten Kontrollverlusts bestärkt: Unter Trainer Kovac hätten sie ein solches Spiel wohl nicht gewonnen.
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Von Maik Rosner, Freiburg

Als Joshua Orobosa Zirkzee mit seinen wippenden Locken später aus der Kabine trat und zum Mannschaftsbus lief, hatte er immer noch jenes Lächeln auf den Lippen, das er schon kurz nach dem Schlusspfiff in alle Welt gesendet hatte. Noch auf dem Platz hatte der 18-Jährige ein Selfie direkt nach seinem kurzen Bundesligadebüt geknipst, verbunden mit Erinnerungen für sein ganzes Leben. Zwei Minuten nach seiner Einwechselung für Philippe Coutinho war dem Nachwuchskicker am Mittwochabend mit seinem ersten Ballkontakt jenes 2:1 (90.+2) für den FC Bayern beim SC Freiburg gelungen, das den glücklichen 3:1 (1:0)-Sieg der Münchner maßgeblich herbeiführte.

Zirkzees Selfie wurde rasch über die sozialen Netzwerke verbreitet, und es zeigte einen Teenager, der sein Glück kaum fassen konnte. Strahlend und mit erhobenem Daumen grinste er in die Kamera. Es war zugleich ein Bild, das stellvertretend stand für einen Erfolg, bei dem der Begriff Bayern-Dusel nahelag.

Sogar Hansi Flick kam nicht umhin, auf die günstigen Fügungen zu verweisen. "Mit Glück haben wir es überstanden, aber das Glück auch erzwungen", sagte der Trainer und ergänzte zu den phasenweise mindestens gleichwertigen Freiburgern: "Sie waren immer brandgefährlich, hatten etwas Pech im Abschluss - zum Glück für uns."

"Am Anfang habe ich gedacht, dass sie uns aus dem Stadion knallen"

Wer es kritisch sehen wollte, erkannte in dem wankelmütigen und teils erstaunlich instabilen Auftritt ein vertrautes Muster aus der Zeit unter Flicks Vorgänger Niko Kovac, als den Bayern Spiele häufig entglitten waren und sie in der Defensive zuweilen mit der Souveränität von 18-Jährigen agiert hatten, wenn ihr ursprünglicher Plan A nicht für eine Vorentscheidung gereicht hatte.

So sah das auch diesmal in einigen Momenten aus, nachdem Robert Lewandowski mit seinem 19. Ligator dieser Saison das 1:0 gelungen war (16.) und die Münchner ihren erdrückenden Ballbesitzfußball etwa eine halbe Stunde lang wie für ein Lehrvideo aufführten, einige Chancen aber ausließen.

"Am Anfang habe ich gedacht, dass sie uns aus dem Stadion knallen", sagte Freiburgs Trainer Christian Streich. Doch mit seiner Umstellung auf eine Dreierkette in der Abwehr bremste er die Münchner zunehmend aus, ehe diese in der zweiten Halbzeit teilweise einen regelrechten Kontrollverlust erlitten. Vincenzo Grifos 1:1 (59.) folgten mehrere Großchancen für die Freiburger, die sehr nah dran waren, Flicks Bayern nach deren beiden 1:2-Niederlagen gegen Bayer Leverkusen und bei Borussia Mönchengladbach den nächsten Rückschlag im Titelrennen zu verpassen.

Die Bayern fühlen sich trotz ihrer Defizite bestärkt

Im Gegensatz zu den beiden Niederlagen hatte sich der Chancenwucher der Bayern nun allerdings in Grenzen gehalten. Ihre Verschwendungssucht beklagen mussten diesmal eher die Freiburger. Der Sport-Club habe "phasenweise das Spiel gemacht", erkannte Sportdirektor Hasan Salihamidzic, und Flick forderte ebenso kritisch, künftig nach einer Führung nachlegen zu müssen. Doch das gelang erst mit letzter Kraft in der Nachspielzeit durch Zirkzee und Serge Gnabry (90.+5). Sie hatten zudem dafür gesorgt, dass sich der FC Bayern auf Tabellenplatz drei vorschob und seinen Rückstand auf den Ersten RB Leipzig sowie den punktgleichen Zweiten Gladbach auf vier Zähler reduzierte.

Bestärkt fühlten sich die Münchner trotz mancher Defizite dennoch, und zwar nicht nur durch das Ergebnis. Von einem "Sieg des Willens und am Ende auch der Moral" sprach Torwart Manuel Neuer kurz vor dem Abschluss der komplizierten Hinrunde am Samstag gegen den VfL Wolfsburg.

Zumal die Münchner wegen einiger Ausfälle mit gerade einmal zwölf Feldspielern aus dem Profikader nach Freiburg gereist waren. Neben Zirkzee saßen noch die drei weiteren Nachwuchskicker Leon Dajaku, Sarpreet Singh und Lars Lukas Mai auf der Bank sowie Javier Martínez und Jérôme Boateng. David Alaba räumte zwar ein, dass man nur mit der ersten Halbzeit zufrieden sein könne. Zugleich erkannte er aber einen entscheidenden Unterschied zu ähnlich wankelmütigen Auftritten unter Kovac. In der Vergangenheit habe man solche Spiele "nicht für uns entschieden", erinnerte Alaba und befand über den spät errungenen Sieg: "Das zeigt, was wir für einen Geist in der Mannschaft haben."

Wenn man so wollte, war das fröhliche Gesicht dieses Geistes an diesem Abend das des niederländischen Stürmertalents Zirkzee nach seinen ersten Bundesligaminuten. Je nach Deutung lächelte aber vielleicht auch der berühmt-berüchtigte Bayern-Dusel beim Selfie in die Handykamera, was aus Münchner Sicht jedoch nicht unbedingt eine schlechte Nachricht sein muss. Bei der U23 in der dritten Liga war Zirkzee in 13 Spielen übrigens kein Tor gelungen.

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