Fußball:Alltag ausverkauft

Fußball: Viel Mühe: Giulia Gwinn (Mitte) und die Bayern-Frauen tun sich gegen Werder lange schwer.

Viel Mühe: Giulia Gwinn (Mitte) und die Bayern-Frauen tun sich gegen Werder lange schwer.

(Foto: Oliver Baumgart/Foto2press/Imago)

Die Frauen des FC Bayern München siegen beim Heimauftakt in der Bundesliga durch späte Tore 3:0 gegen Bremen. Defensiv klappt vieles schon gut, offensiv sieht der neue Trainer Straus Verbesserungsbedarf.

Von Christoph Leischwitz

Von Norden kommend war die Schlange der Linksabbieger zum Campus des FC Bayern München mehr als hundert Meter lang, die Rotphasen der Ampelschaltung bei Bundesligaspielen der Frauen sollten dringend überdacht werden. In den Gängen des Stadions an der Ingolstädter Straße war es so eng wie in einem Festzelt. Beim Heimauftakt der Münchnerinnen am Sonntagmittag ging es zwar nicht zu wie in Wembley und auch nicht wie bei ihrem Saisonauftakt bei Eintracht Frankfurt neun Tage zuvor (23 200 Zuschauer, 0:0), trotzdem ist auch in München ein Nachhall der Europameisterschaft zu hören und zu sehen. Allerdings wurden die 2500 Besucher (ausverkauft) nun mit jenem Phänomen konfrontiert, das wirklich Antwort bringen wird auf die Frage, wie sehr der Hype auch langfristig in der Mitte der Gesellschaft getragen wird: dem so genannten Fußballalltag.

Den präsentierte die Mannschaft des neuen Bayern-Trainers Alexander Straus bei der Heimspielpremiere: wenig Torraumszenen, mit der Hacke gespielte Doppelpässe, die nicht ankamen, eklige Zweikämpfe gegen Spielerinnen von Werder Bremen, die sehr hoch pressten und genau so spielten, wie Straus es vermutet hatte: als ob sie nichts zu verlieren hätten. So blieben auch auf dem Rasen die langen Rotphasen erst einmal eine Seltenheit. Erst als die Kräfte der Gegnerinnen nachließen, gab es noch einen recht deutlichen Sieg zu feiern: 3:0 (1:0) hieß es am Ende.

"Ich glaube, es war noch nicht das, was wir auf den Platz bringen wollen", analysierte Linda Dallmann nach dem Spiel, die das späte 2:0 für die eingewechselte Jovana Damnjanovic vorbereitet (85.) und das 3:0 mit einem haltbar aussehenden Fernschuss wenige Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit selbst besorgte hatte. Der 46-jährige Straus hatte vor dem Saisonstart angekündigt, dass es durchaus holprig laufen könnte zu Beginn. Sie seien nach einem 3:0 über Bremen jetzt "auch nicht die Könige der Welt, es gibt vieles, das wir ansprechen müssen", befand er nach seinem Heimspieldebüt mit dem neuen Klub.

Über sich selbst hatte der Norweger erzählt, dass er gerne dominant spielen lässt und sehr gerne alles unter Kontrolle hat. Das hat insofern ganz gut geklappt bisher, als dass die Bayern in vier Pflichtspielen in Serie noch kein einziges Gegentor hinnehmen mussten. Die Offensive braucht offensichtlich etwas mehr Zeit. "Wir müssen mehr Chancen kreieren", das war dann auch das Motto, das Straus nach dem Spiel ausgab.

Es sollte "unser Anspruch sein, über zwei Halbzeiten Chancen zu kreieren", findet Nationalspielerin Dallmann

In der ersten Hälfte gegen Bremen dauerte es lange, ehe es überhaupt einmal laut wurde im Stadion: Da schoss die Frau mit der Nummer 31 aus gut 20 Metern beherzt aufs Tor, Gäste-Torhüterin Anneke Borbe musste sich erstmals richtig strecken. Die Nummer 31, das war schnell zu sehen, ist schon wenige Wochen nach ihrer Ankunft drauf und dran, das Spiel an sich zu reißen, es handelt sich schließlich um die Europameisterin Georgia Stanway.

Die 23-Jährige, die sich die Rückennummer übrigens nicht als Reminiszenz an Bastian Schweinsteiger zugelegt hat, sondern wegen ihres Geburtstags am 3. Januar, war in der eher mäßigen ersten Halbzeit noch die auffälligste Akteurin, weil sie sich defensiv stets stressfrei aus dem Pressing spielte und offensiv an vielen der gefährlichen Aktionen beteiligt war, auch wenn es nicht viele waren. Die Führung fiel dann eher glücklich, in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, als Giulia Gwinn einen Eckball direkt verwandelte - Torhüterin Borbe war wohl die Sicht verdeckt. Bis dahin hatten auch die zahlreichen Münchner Standards wenig Gefahr gebracht.

Der Sieg sei auch in dieser Höhe letztlich verdient gewesen, fand Straus, allerdings hatte die glückliche Führung zur Folge, dass auch die Bremerinnen mehr Risiko gingen und so auch zu zwei gefährlichen Abschlüssen kamen (59., 80.). Außerdem war den Bayern-Spielerinnen ein Anflug von Ungeduld anzumerken, etwa, wenn sie sich über Fehlpässe ärgerten, oder als Kapitänin Lina Magull gefoult wurde und sie ihre Gegenspielerin Lina Hausicke erzürnt schubste (73.). Man habe aber gesehen, dass die Kräfte beim Gegner geschwunden seien, in der Schlussphase wurden die Münchnerinnen dann der Favoritenrolle gerecht. Es sollte aber "trotzdem unser Anspruch sein, über zwei Halbzeiten Chancen zu kreieren", befand Nationalspielerin Dallmann.

Das Team stecke noch mitten in der Entwicklung, sagte der Trainer, es müsse sich noch "ein, zwei Levels" nach oben spielen. Am kommenden Donnerstag steht allerdings das immens wichtige zweite Heimspiel der Saison an: Real Sociedad kommt an den Campus, es gilt für die Bayern einen 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel zu verteidigen, um in die Champions League einzuziehen. "Wenn wir ein Tor schießen, werden wir es schaffen", prophezeite Straus.

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