Seit der FC Bayern Mitte April überraschend die Trennung von seinem Frauen-Trainer Alexander Straus bekannt gegeben hatte, schwebte diese Frage über dem Münchner Campus-Gelände. Auch am letzten Bundesliga-Spieltag gegen die SGS Essen war das so. Die Fußballerinnen feierten auffällig lange ihren dritten Ligasieg in Serie. Die Meisterschale ist in dieser Saison mit dem Pokal gar als Double-Paket in die Vitrine gestellt worden. Dazu gab es, fast vergessen, noch den Supercup. Sie beendeten also vergangenen Sonntag die erfolgreichste Runde ihrer Klubgeschichte. Aber die Euphorie darüber allein war nicht der Grund, warum manche Spielerinnen lange zusammen auf dem Rasen saßen. Der Abschluss der Bundesligasaison markierte schließlich den Beginn eines neuen Kapitels, von dem nicht ganz klar ist, ob es so viele schöne Episoden bereithält wie das endende. Also: Wie geht es weiter?
Die Antwort darauf hat der Verein am Donnerstag gegeben. Auf den 49 Jahre alten Norweger Straus folgt ein 43 Jahre alter Spanier: José Barcala wird ab 1. Juli neuer Chefcoach, ausgestattet mit einem zwei Jahre gültigen Vertrag. Barcala hat nach Stationen bei Vereinen in Spanien, Australien, Frankreich sowie als Co-Trainer des schottischen Frauen-Nationalteams zuletzt den Schweizer Erstligisten Servette Genf trainiert und dort vergangenes Jahr das Double gewonnen. Mit ihm, wird Frauenfußball-Direktorin Bianca Rech zitiert, habe der FC Bayern einen Trainer gefunden, „der sowohl menschlich als auch sportlich perfekt zu uns passt“.

FC Bayern im DFB-Pokal:Schöne Grüße an den Nachfolger
Die Frauen des FC Bayern feiern den Pokalsieg und das Double – die Dankbarkeit für Trainer Alexander Straus, den es in die USA zieht, ist groß. Warum geht er ausgerechnet jetzt, wo es so gut läuft?
Die Personalie mag manch einen überraschen, entscheidet sich der Klub damit doch für einen Trainer, der in Deutschland quasi unbekannt ist. Genau das war bei Alexander Straus allerdings auch schon der Fall. Dass die Münchner hier sauber recherchiert und eine gute Wahl getroffen hatten, ist inzwischen bestens belegt: Straus verabschiedet sich als erfolgreichster Trainer der Bayern-Frauen in die USA zu Angel City FC.
Auch Barcala legt Wert auf Ballbesitz und Kontrolle
Die Aufgabe, die Barcala übernimmt, ist groß. Straus hat in seinen drei Jahren – auch dank entsprechender Transfers – jenen Rollenwechsel vollzogen, den der FC Bayern mit seinem Frauenteam lange angestrebt hat: Aus dem Herausforderer ist national die Nummer eins geworden. Dieses Standing gilt es weiter zu festigen, gleichzeitig ist der klare Anspruch, international aufzuschließen und in der Champions League nicht wieder im Viertelfinale auszuscheiden. Um den Prozess fortzuführen, sagte der Technische Leiter Francisco De Sá Fardilha, werde Barcala „eine moderne Trainingsmethodik einbringen“, die jener seines Vorgängers sehr ähnlich sei. Wie Straus sei Barcala „ein guter Kommunikator, der viel Erfahrung mit der Entwicklung von Topspielerinnen“ mitbringe.
Vielleicht also wird der Wechsel von Straus zu Barcala ein sanfter. Auch er legt Wert auf Ballbesitz und Kontrolle. „Mein Ziel ist, unabhängig vom Gegner eine dominante und spielbestimmende Spielweise umzusetzen“, sagte Barcala. Er setze auf hohes Pressing, Dominanz im Umschaltspiel: „Ich will erreichen, dass das Team dem Gewinn der Champions League näherkommt.“ Dafür will er den Fokus auch auf eigene Talente legen. Dass sich Spielerinnen verabschiedet haben, wird der neue Trainer kaum merken. Linda Sembrant verstärkte zwar die Defensive, Magou Doucouré, Tainara, Michelle Ulbrich und Weronika Zawistowska aber schafften es in ihrer Zeit nicht, sich so zu etablieren, dass nun von einem Umbruch im Kader gesprochen werden müsste. Das dürfte es José Barcala zumindest erleichtern, die Nachfolge von Alexander Straus anzutreten.