FC Bayern: Franck Ribéry:Der Antastbare

Noch vor wenigen Monaten war Franck Ribéry über jeden Zweifel erhaben - sportlich wie menschlich. Das hat sich geändert, und der Franzose kann froh sein, dass er beim FC Bayern spielt.

Jürgen Schmieder

Auf die Unterstützung seiner Kollegen konnte Franck Ribéry nicht bauen nach diesem Spiel. Fast jeder Spieler des FC Bayern gab zu Protokoll, dass die rote Karte gegen den Franzosen zwar eine harte, aber vertretbare Entscheidung des Schiedsrichters gewesen sei. "Ich kann damit leben", sagte etwa Arjen Robben. "Franck und ich werden oft gefoult und fordern, dass wir vom Schiedsrichter beschützt werden. Deshalb muss dieser Schutz auch für andere Spieler gelten." Franz Beckenbauer bezeichnete Ribérys Aktion gar als "dumm" - Ribéry war seinem Gegenspieler Lisandro Lopes gegen Ende der ersten Halbzeit böse auf den Fuß getreten, obwohl ihn Schiedsrichter Roberto Rosetti nur zwei Minuten zuvor ermahnt hatte.

FC Bayern: Franck Ribéry: Bester Blickwinkel: Schiedsrichter Roberto  Rosetti sieht das Foul von Franck Ribéry.

Bester Blickwinkel: Schiedsrichter Roberto Rosetti sieht das Foul von Franck Ribéry.

(Foto: Foto: AFP)

Ribéry hörte diese Worte nicht mehr, gleich nach Spielende verließ er mit seiner Frau Wahiba das Stadion. Schon vor der Partie hatte sein Berater Jean-Pierre Bernès verkündet, dass Ribéry für Interviews nicht zur Verfügung stehe - allerdings war diese Ankündigung auf den längst zur Staatsaffäre ausgeweiteten Sex-Skandal um das französische Nationalteam bezogen.

Noch vor wenigen Monaten galt Franck Ribéry als überlebensgroßes Aushängeschild des FC Bayern. Der Verein war abhängig von den meist guten Leistungen des französischen Dribblers - wenn einer Spiele entschied, dann war es stets Ribéry. Vereine wie Real Madrid und Manchester United bekundeten wiederholt Interesse, immer wieder musste der FC Bayern den Avancen dieser Vereine widerstehen.

Dazu galt der Filou als Spaßvogel, der Kollegen gerne mal Zahnpasta an die Türklinke schmiert und so das Binnenklima auflockert - und als bodenständiger Familienmensch, der gerne bei Frau Wahiba und den beiden Töchtern weilt.

Mittlerweile ist Ribéry antastbar geworden - sportlich wie menschlich. Es begann mit der Verpflichtung von Arjen Robben im August vergangenen Jahres. Ribéry ging angeschlagen in diese Saison, verletzte sich erneut und musste von Anfang Oktober bis Mitte November pausieren. In dieser Zeit wurde Robben zum neuen überlebensgroßen Aushängeschild des Vereins, der Niederländer schoss wichtige Tore und begeisterte mit seiner Spielweise Kollegen, Trainer und Fans.

Nun hatte der FC Bayern plötzlich zwei Ausnahmekönner im Kader, die beide Auswechslungen als Blasphemie betrachten und sehr sensibel registrieren, wem das Volk lauter zujubelt. Wie zwei Teenager um die Gunst der Ballkönigin streiten, so buhlten Ribéry und Robben um die des Publikums - und immer wenn Ribéry den Kampf zu verlieren drohte, da zählte einer der Berater die unzähligen Vereine auf, die den Franzosen nach der Saison gerne verpflichten würden.

In dieser Woche dann wurde es heftiger für Ribéry: Zuerst kam heraus, dass er und zwei Kollegen der französischen Nationalelf (Sidney Govou und Karim Benzema) die Dienste einer Prostituierten in Anspruch genommen haben sollen - und dass die Dame zum Zeitpunkt des Verkehrs mit Ribéry gerade einmal 17 Jahre alt war. Zumindest juristisch soll Ribéry nach einem Bericht der Zeitung Le Monde entlastet worden sein, weil die Gespielin angegeben haben soll, ihre Minderjährigkeit verschwiegen zu haben.

Am Mittwoch dann gab es das unrühmliche Ende einer Partie, in der Ribéry stark begonnen hatte - sich dann jedoch zu einem Foul hinreißen ließ, das sowohl für Kollegen als auch für Trainer Louis van Gaal einen vertretbaren Feldverweis nach sich zog.

Der FC Bayern indes kann den negativen Schlagzeilen und dem damit verbundenen Imageschaden für Ribéry womöglich etwas Positives abgewinnen - die Chancen auf einen Verbleib über die Saison hinaus oder gar eine Vertragsverlängerung seien gestiegen, weil nun eben nicht mehr unzählige Vereine Interesse an einer Verpflichtung hätten.

Zum anderen könnte der FC Bayern mit seiner familiären Struktur genau der richtige Verein für Ribéry sein. Der Klub hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, kriselnde Akteure nicht fallen zu lassen - sondern sich im Gegenteil schützend vor sie zu stellen und durch schwierige Zeiten zu helfen.

Ribéry durfte nach seiner Karte keine schützenden Worte seiner Kollegen erwarten - er kann sich jedoch gewiss sein, dass er bei einem Verein unter Vertrag steht, der ihn in den kommenden Wochen schützen und unterstützen wird. Er wird das zu schätzen wissen - und vielleicht hört er auf die Worte des legendären französischen Trainers Guy Roux. Der sagte: "Wenn ich sein Vater wäre, würde ich ihm sagen: Wechsele nicht!"

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