FC Bayern: Franck Ribery:An der Gabelung

Pünktlich zum entscheidenden Duell des FC Bayern mit Inter gibt sich Franck Ribéry wieder als Könner zu erkennen - auch für ihn persönlich steht viel auf dem Spiel: Frankreichs Nationaltrainer Laurent Blanc könnte ihn in die Équipe Tricolore zurückholen.

Andreas Burkert

Was da genau jedes Mal los ist in seiner kurzen Sporthose, ist schwer zu sagen. Vielleicht schmiert ihm ständig jemand Juckpulver ans Bündchen, und Franck Ribéry dürfte sich darüber dann auch nicht wundern; gewöhnlich ist er es, der die Schnürsenkel der Kollegen verknotet und die Kabine mit Kindereien unterhält. Dass er im Spiel regelmäßig am Hosenbund nestelt, könnte allerdings auch ein Zeitvertreib sein. Denn Franck Ribéry steht relativ häufig still.

FC Bayern Muenchen - Hamburger SV

Will sich seinem Nationaltrainer wieder empfehlen: Bayerns Franzose Franck Ribery.

(Foto: dapd)

Wenn zuletzt darüber gerätselt wurde, weshalb der FC Bayern einfach nicht vorankommt in der Bundesliga, ist oft und zu Recht auf die "Probleme in der Innenverteidigung" verwiesen worden - die der streitbare Trainer Louis van Gaal übrigens nach dem 6:0 über den HSV erstmals einräumte. Ribérys sehr diskrete Leistungen wurden dagegen indirekt einer gewissen Eindimensionalität des Taktikarchitekten van Gaal zugeschrieben: Die Gegner hätten das Münchner Flügelspiel mit Ribéry und Robben decodiert. Dass der bald 28-jährige Franzose auch den Eindruck hinterließ, körperlich nicht in bester Verfassung zu sein und verstörend kopflos in Duelle zu gehen, blieb unerwähnt. Es musste erst eine den Dienst verweigernde HSV-Mannschaft erscheinen, damit Ribéry mal wieder in begeisternder Manier die Verteidiger narrte und auch ein schönes Tor erzielte.

Diejenigen, die van Gaals Abschied zum Saisonende für sinnvoll halten, haben rasch einen Zusammenhang zwischen der Vereinspolitik und Ribérys Frühlingserwachen hergestellt. Er selbst hat das allenfalls subtil bestätigt, "ich habe wieder Spaß auf dem Platz", sagte er am Wochenende gewohnt lapidar. Van Gaal äußerte zu dem Thema am Montag: "Mein Kopf ist frei."

Ribérys Abneigung gegen van Gaal ist schon lange kein Geheimnis mehr, bereits zwei Monate nach der Ankunft des Brachialpädagogen aus Amsterdam, im Spätsommer 2010, wünschte er sich offen dessen baldiges Dienst-Ende herbei. Der hart-und-herzliche Umgang van Gaals erschloss sich ihm nie, ebenso dessen Prinzip, den Offensivspieler nach den zahlreichen Verletzungen dosiert wieder einzubauen. Ribéry sei ein sensibler Künstler, bei dem Streicheleinheiten und Extratouren sinnvoll seien, maulten van Gaals interne Kritiker - und ließen Ribérys verbale Sticheleien ("Wenn der Trainer immer schlecht über einen redet, wenn er einen immer wieder runterzieht, dann wird es schwierig ") durchgehen.

Unter den Augen von Laurent Blanc

Doch spätestens gegen Inter, wenn es ums Champions-League-Viertelfinale geht, wird ihm die Art des Trainers nicht mehr als Ausrede dienen können; und auch nicht die oft wechselnden Partner auf der linken Abwehrseite, mit denen er stets gestenreich hadert. Für die Bayern steht viel auf dem Spiel, und Ribéry befindet sich ebenfalls an einer Gabelung: Denn am Donnerstag benennt der französische Nationaltrainer Laurent Blanc den Kader fürs nächste Länderspiel - Ribéry könnte erstmals nach der peinlichen Rebellion des Teams während der WM 2010 gegen Blancs Vorgänger Domenech wieder nominiert werden.

Hierzulande mag Ribérys Rolle bei dieser Revolution, für die sich ganz Frankreich heute noch schämt, kaum eine Rolle gespielt haben. Doch das Nachbarland diskutiert seitdem, ob Ribéry noch als Vorbild taugt. Er war verbandsintern für drei Spiele gesperrt worden, der Bann endet nun. Als "nicht akzeptabel" hatte deshalb Sportministerin Chantal Jouanno die mögliche Rückkehr bezeichnet.

Co-Kapitän Ribéry hatte in Südafrika den Streik gegen Domenech mit initiiert, dem widerwilligen Yoann Gourcuff (Lyon) soll er im Flugzeug eine Ohrfeige gegeben haben (was er bestreitet). Den Pariser Rotlicht-Skandal, zu dem ein Verfahren gegen Ribéry wegen "Kontaktanbahnung zu einer minderjährigen Prostituierten" offiziell noch anhängig ist, hatte Jouanno gar nicht als Argument verwendet.

Seit den Veröffentlichungen über seine Freizeitgestaltung im April 2010 boykottiert Ribéry die Heimatpresse: kein Interview, nirgends. Seine Gattin soll sich versöhnlicher zeigen, sie war gegen den HSV wieder gut gelaunt im Stadion. Sie trägt eine neue Frisur. Und Nationalcoach Blanc? Der hat bisher auf die Akte Ribéry reserviert reagiert. Er sei als Spieler "unverzichtbar" für die Auswahl, "sofern er sein bestes Niveau wiedererlangt", äußerte Blanc kürzlich. Auch ihm waren Ribérys Kunstpausen, seine Beschränkung auf wenige Quadratmeter des Rasens und die Dribble-Blockaden wohl aufgefallen, denn Blanc hatte auch ergänzt: "Ob er wirklich bestes Niveau erreicht? Da bin ich noch nicht sicher."

Nun hat Ribéry gegen den HSV erstmals in der Rückrunde auffällig gespielt. Blanc tendiere grundsätzlich zur Nominierung, ist aus seinem Umfeld zu hören; nur eine Enttäuschung, ein Aus gegen Inter könnte Ribérys Chancen schmälern. Blanc wird Dienstag in die Arena sein. Ribéry wird rennen.

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