Süddeutsche Zeitung

Bayern-Aus in der Champions League:Flicks Rede

Nach dem Ausscheiden in der Champions League hält Bayern-Trainer Hansi Flick im Fernsehen einen Monolog, der schon sehr nach Abschiedsworten klingt.

Von Martin Schneider

Der FC Bayern, man hat das angesichts der Titelflut in den vergangenen Monaten beinahe vergessen, ist schon ein paar Mal aus der Champions League ausgeschieden und jedes Aus hatte so seine eigene Geschichte. Da war zum Beispiel die ohne Körperspannung hingenommene Niederlage gegen den FC Liverpool 2019, die mit Verspätung das Ende des Trainers Niko Kovac bedeutete. Davor gab es ein paar monumentale Duelle mit Real Madrid (2017, 2018) und auch Neymar war schon mal entscheidend daran beteiligt, dass die Münchner nicht ins Finale kamen. 2015 war das, der Brasilianer spielte noch in Barcelona, erzielte drei Tore in beiden Spielen und die Münchner reisten damals mit dem allerletzten Aufgebot an. Franck Ribéry, Arjen Robben und David Alaba fehlten verletzt.

Diesmal waren Robert Lewandowski, Leon Goretzka, Niklas Süle und Serge Gnabry nicht dabei - aber trotz der Parallelen taugt kein Spiel so wirklich als angemessener Vergleich für das, was den Bayern diesmal passiert ist. Es waren ja schon zwei völlig gegensätzliche Spiele gegen Paris Saint-Germain, bei denen jeweils die Mannschaft gewann, die weniger klare Torchancen hatte. Bayern vergeigte im Hinspiel 29 von 31 Torschüssen und PSG gewann 3:2, im Rückspiel traf allein Neymar dreimal Aluminium und Bayern gewann 1:0.

Sportlich war es das Duell des Brasilianers mit Manuel Neuer, das dieses Rückspiel auf Champions-League-Niveau hob - beide spielten Weltklasse. Ansonsten agierten die Bayern bemüht, engagiert, mit der angemessenen Körperspannung, glaubten ans Weiterkommen, erzielten durch Eric Maxim Choupo-Moting auch das 1:0 und hatten bis zum Schluss die Chance aufs 2:0 - aber in ihren gefürchteten Walzen-Modus, der sie in Lissabon noch zum Titel getragen hat, kamen sie nicht.

"Sehr zerfahren" sei das Spiel gewesen, urteilte Thomas Müller, der selbst höchstens eine nachhaltige Torchance hatte. "Wir kamen nie in so eine richtige Druckphase." Joshua Kimmich sah man ausgerechnet diesmal an, dass er in dieser Saison vielleicht ein bisschen zu oft spielen musste und Kapitän Manuel Neuer haderte lieber gleich mit dem Hinspiel, das er als Ursache fürs Ausscheiden benannte.

Flick verteidigt seine oft genervten Auftritte in Interviews

Nein, wenn man mal in der Rückschau über dieses Champions-League-Aus der Bayern sprechen wird, dann wird es mit dem Flick-Salihamidzic-Streit verbunden bleiben - ein Streit, der sich auch darum dreht, warum der Trainer Flick eigentlich im entscheidenden Saisonspiel nur zweimal auswechseln kann (Jamal Musiala und Javi Martínez als verkappten Mittelstürmer in der Schlussphase), warum die Amateurspieler Josip Stanisic und Maximilian Zaiser auf der Bank sitzen müssen und ob es nicht die Aufgabe des Sportvorstandes Hasan Salihamidzic gewesen wäre, das zu verhindern.

Am Abend schien es nun so, als müssten sich die beiden nur noch ein paar Bundesligaspiele lang streiten. Denn zugeschaltet beim Sender Sky hielt Hansi Flick einen mehr als vierminütigen Monolog, den man schon sehr als Abschiedsrede interpretieren konnte.

Flick fing damit an, dass manche Medien geschrieben hätten, er habe diese Woche einen Termin beim Vorstand Oliver Kahn. Den Termin habe er nicht, sagte Flick, aber er hätte Zeit für einen solchen. Flick verteidigte seine oft genervten Auftritte in Interviews in der Vergangenheit: "Ich habe nie etwas anderes zu verkünden gehabt und deshalb gibt es auch da, was die Antworten auf bestimmte Fragen betrifft, auch keine Notwendigkeit, etwas anderes zu sagen." Es würde ihm immer um die Weiterentwicklung der Mannschaft gehen, für ihn sei Erfolg ein ständiger Prozess.

"Meine Familie steht hinter mir, egal wie meine Entscheidung ausfällt"

Doch dann ging es um seine Zukunft und Flick sagte da wörtlich, es gebe "immer wieder für mich die Situation, alles immer wieder neu zu bewerten und neue Herausforderungen zu stellen. Da habe auch ich meine Vorstellungen. Egal was ich machen werde, meine Familie steht immer hinter mir und würde mich immer unterstützen."

Und: "Ob ich jetzt vielleicht beim DFB bin und einen anderen Rhythmus hätte, wäre es ihnen völlig egal. Entscheidend ist für sie, dass der Job mir Spaß macht und das ist das, was sie sich wünschen. Deswegen wird sie in allen Dingen, egal wie meine Entscheidung ausfällt, komplett hinter mir stehen."

"Situation neu bewerten", "Familie steht hinter mir, egal wie meine Entscheidung ausfällt", "vielleicht beim DFB im anderen Rhythmus" - so deutlich wie nach dem Aus hatte Flick noch nie über seine Situation gesprochen, die man ja kennt. Flick ist unglücklich beim FC Bayern und der Bundestrainerposten wird nach der Europameisterschaft frei. Auf der anschließenden Pressekonferenz versuchte Flick, seine Worte wieder ein bisschen einzufangen, zurück nahm er sie nicht.

Wer weiß, vielleicht finden Oliver Kahn und Flick in dieser Woche einen Termin. Wer weiß, vielleicht spricht sich Flick noch mit der Führungsebene aus, räumt den Zwist mit Salihamidzic wirklich aus der Welt und erfüllt seinen bis 2023 gültigen Vertrag an der Säbener Straße. Im Fußball ist vieles möglich, allerdings erscheint exakt diese Möglichkeit mit dem Abend von Paris noch ein bisschen unwahrscheinlicher geworden zu sein.

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