Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Erst Urlaub, dann Cyber-Training

Trainer Flick hat keine große Zeit, das Double zu verarbeiten. Die Champions League wartet noch auf die Münchner.

Von Felix Haselsteiner

Um 9.37 Uhr Ortszeit Fröttmaning erreichte auch das dreizehnte Trophäen-Duo in der Geschichte des FC Bayern München das hauseigene Vereinsmuseum. Mit Meisterschale und Pokal in der Hand bzw. unter dem Arm spazierte Hansi Flick an den vielen anderen Meisterschalen und Pokalen vorbei, die im Bauch der Arena ihre Heimat gefunden haben, dann legte der Trainer der Münchner die Trophäen behutsam in einen Glaskasten. "Passt, oder?", fragte Flick mit prüfendem Blick in die Runde die vielleicht rhetorischste aller rhetorischen Fragen, denn: Natürlich passt das mit dem Double, wie eigentlich immer beim FC Bayern.

Am Montagmorgen besuchte Flick das Museum des Vereins nach eigener Aussage zum ersten Mal, er ging auf dem Weg hinein nicht nur an Silberware vorbei, sondern auch an einer Reihe Fotos von anderen Doubletrainern wie Udo Lattek, Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld. "Das ist noch sehr frisch alles", sagte Flick auf die Frage, ob er sich denn der historischen Bedeutung seines bisherigen Schaffens beim FC Bayern schon bewusst sei: "Das ist wie damals beim Weltmeistertitel", sagte Flick: "Man muss das alles erst einmal verarbeiten."

Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht, denn so schön die bisherigen zwei Titel für den FC Bayern in dieser Saison sein mögen, ein dritter ist ja bekanntermaßen noch auszuspielen. Ab dem 7. oder 8. August - ganz präzise wird das die Uefa erst noch festlegen - beginnt für den FC Bayern die Saison noch einmal, mit dem Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Chelsea, auf das angesichts eines 3:0-Vorsprungs aus dem Hinspiel wohl das Champion-League-Finalturnier in Lissabon folgen dürfte. "Das Ziel ist natürlich klar das Finale", sagte Flick. Er freue sich schon wieder, mit den Spielern auf das nächste Ziel hinzuarbeiten - nach dem Urlaub wohlgemerkt.

Urlaub haben die Münchner für die kommenden 13 Tage. Auf dem Programm steht laut Flick nun erst einmal Regeneration: "Die Spieler haben jetzt Zeit, mal durchzuatmen, auch mental sich zu erholen und neue Energie freizusetzen". Dann folgt eine Woche mit drei Corona-Tests für jeden Spieler sowie einem virtuellen Mannschaftstraining (Flick nannte es neu-deutsch "Cyber-Training"), in dem sich die Mannschaft unter Anleitung von Fitnesstrainer Holger Broich per Videochat gemeinsam vorbereiten soll, wie schon während der Corona-Pause im April.

Erst danach soll die gemeinsame Lissabon-Vorbereitung beginnen, allerdings ohne die dort nicht spielberechtigten Zugänge Alexander Nübel, Tanguy Kouassi und Leroy Sané: "Denkbar ist, dass die Neuzugänge im Cyber-Training reinschnuppern. Dann wird es aber schon so sein, dass es einen Champions-League-Kader gibt", sagte Flick, der sich selbst ein paar Tage Ruhe gönnen möchte - und daneben der weiterhin spielenden internationalen Konkurrenz zusehen: "Wenn meine Frau mir das erlaubt, werde ich das machen."

Gleichbedeutend mit der Pause ist auch, dass sich Flick vorerst von David Alaba und Thiago verabschieden muss. Bei beiden Spielern ist die Vertragslage über das Saisonende hinaus noch ungeklärt, sowohl der Österreicher als auch der Spanier haben sich noch nicht entschieden, ob sie im Alter von 28 bzw. 29 Jahren noch einmal einen Vereinswechsel wagen. Flick sieht jedoch kein Problem darin, dass er in den nächsten Wochen nicht mehr täglich Einfluss auf Alaba, Thiago und ihre Entscheidung nehmen kann - und gab stattdessen ein Beispiel dafür, warum man ihm gute Menschenführung nachsagt: "Beide wissen, was ich von ihnen halte und wie ich ihre Situation sehe. Man sollte die Dinge aber auch mal offen und ehrlich betrachten und nicht immer nur emotional von der Seite des Trainers", sagte Flick: Es sei "legitim", dass jeder seine eigenen Vorstellungen über die Zukunft habe: "Das muss man dann auch akzeptieren."

Dass der Trainer, der unter der Saison bereits mehrfach mehr Breite im Bayern-Kader der Zukunft forderte, gerne weiterhin mit Alaba und Thiago arbeiten würde, stellte er noch einmal klar: "Am Ende möchte man haben, dass beide da sind", so Flick, denn: Beide seien "Qualitätsspieler, die den Unterschied ausmachen" - genau solche Spieler braucht Flick, wenn er Ende August noch einmal einen Pokal ins Bayern-Museum bringen möchte.

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Quelle:
SZ vom 07.07.2020
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