FC Bayern:Erfolg über den Kühlbox-General

SOCCER Bayern vs PSG test match KLAGENFURT AUSTRIA 21 JUL 18 SOCCER IFCS match Intenational

Zwei Trainer beim Nachdenken: Thomas Tuchel (vorne) und Niko Kovac.

(Foto: Wolfgang Jannach/imago/GEPA pictures)

Beim 3:1 gegen Paris Saint-Germain erfüllen die Münchner zwei Forderungen von Trainer Niko Kovac.

Von Benedikt Warmbrunn, Klagenfurt

Als dann derjenige spricht, der niemandem mehr etwas beweisen wird, schweigen sie alle. Die Zuschauer verstummen, aber von ihnen sind ohnehin nicht viele ins Wörthersee-Stadion in Klagenfurt gekommen, bei Preisen von 65 Euro (für Kinder) und 75 Euro (für Erwachsene). Die 20 Feldspieler sind still, aber von ihnen sind ohnehin die meisten gerade erst aus dem Alter heraus, in dem sie als Fan 65 Euro hätten zahlen müssen. Es schweigt auch Thomas Tuchel. Still sitzt er auf seiner Kühlbox, er hört sich an, was ihm der große Mann des Weltfußballs zu sagen hat. Wenige Worte nur ruft ihm dieser zu. Tuchel erwidert etwas, das letzte Wort hat aber wieder der andere, Tuchels Torwart, der unverwechselbare Gianluigi Buffon.

Ein paar Meter neben der Kühlbox steht Niko Kovac, die Arme vor der Brust verknotet, auch er sagt nichts. Aber er sagt an diesem Nachmittag ohnehin wenig. Er ist gekommen, um zu beobachten.

Die Partie zwischen dem FC Bayern und Paris Saint-Germain am Samstag ist die erste öffentliche von drei Männern, die in der kommenden Saison unter besonderer Beobachtung stehen werden. Für Tuchel ist es das dritte Testspiel als neuer Pariser Trainer, das zweite davon mit Buffon im Tor, mit dem 40-Jährigen also, der im Sommer zu PSG gekommen ist, nach 17 Jahren in Turin; die ersten beiden Partien fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Tuchel und Buffon sind in Klagenfurt besonders präsent, Buffon, da er von den Zuschauern am lautesten gefeiert wird; Tuchel, da er viel gestikuliert und wedelt. Außerdem sitzt er auf einer Kühlbox.

Im Jubel- und Bewegungsschatten dieser beiden debütiert Kovac als Trainer des FC Bayern, für ihn ist es tatsächlich das erste Spiel. Er wird nicht laut gefeiert, er wirbelt nicht herum. Doch was er sieht, gefällt ihm, nicht nur, weil er 3:1 gewinnt.

Das Duell mit Paris ist für Kovac auch das Duell mit dem Mann, den manche beim FC Bayern als neuen Trainer favorisiert hatten, allen voran Klubboss Karl-Heinz Rummenigge und Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Da Präsident Uli Hoeneß aber nicht glauben wollte, dass Jupp Heynckes im Sommer wirklich aufhört, sagte Tuchel im Frühjahr Paris zu - der FC Bayern verpflichtete Kovac. Dieser geht mit dem Treffen so um, wie es seiner Art entspricht: ganz unaufgeregt. Er schätze "den Thomas", hatte Kovac am Freitag gesagt, mit seinem Bruder Robert durfte er einmal in Dubai das Trainingslager von Borussia Dortmund unter Tuchel beobachten.

Am Samstag begegnen sich die beiden erstmals eine halbe Stunde vor dem Anpfiff. Eineinhalb Minuten lang lassen sie sich nicht los, wobei es vor allem Tuchel ist, der sich nicht aus der Umklammerung lösen will. Tuchel redet und klatscht ein und legt Hände auf und redet. Kovac bleibt ganz unaufgeregt.

In seiner Ruhe und in seinem Pragmatismus ist Kovac seinem Vorgänger Heynckes näher als der manchmal etwas rastlose, dafür aber immer wieder auch geniale Tuchel, das zeigt sich auch in Klagenfurt. Tuchel, der Kühlbox-General, gibt seinen Spielern viele Anweisungen, er verschiebt, lässt sie Lücken schließen. In der ersten Halbzeit ist Paris auch überlegen, die Spielanlage des Teams ist reifer, technisch versierter. Für PSG trifft Timothey Weah, der Sohn des großen George, Weltfußballer von 1995, seit Januar der Präsident von Liberia. Kovac steht in der ersten Halbzeit stoisch an der Seitenlinie, er zeichnet mit wenigen Handbewegungen Verbesserungen in die Luft, gelegentlich ruft er auch etwas. In der Halbzeit, nachdem er alles ausführlich beobachtet hat, stellt er dann um.

Für Franck Ribéry kommt Kingsley Coman, durch ihn kommt Dynamik, Schnelligkeit, Spielwitz in die Partie. "Die, die in der zweiten Halbzeit reingekommen sind, haben es gut gemacht", sagt Kovac, der allerdings einmal auch "alle" lobt - nach drei Wochen hat er bereits verinnerlicht, dass es für ihn als Leiter des Umbruchs auch auf die kleinen Töne ankommt.

In der vergangenen Woche hatte Kovac angedeutet, dass für ihn zwei Dinge wichtig sein werden: ein schnelles Spiel über die Flügel - und Standards. Beides funktioniert gegen Paris immer besser. Javier Martínez trifft nach einer Ecke mit dem Kopf. Renato Sanches, diesem fast vergessenen Versprechen auf eine große Zukunft, gelingt ein freches Freistoßtor. Den dritten Treffer erzielt Joshua Zirkzee, nach einem Zusammenspiel von Coman und Serge Gnabry. Kovac spricht später von "drei schönen Toren"; damit niemand durchdreht, sagt er noch, dass das, was in der Vorbereitung passiert, "nicht allzu wichtig ist". Die Beobachtung wird zunehmen, und mit ihr auch die Größe der Aufgaben für Kovac, Tuchel und Buffon. Von Tuchel verabschiedet sich Kovac mit weiteren innigen Umklammerungen, außerdem klatscht er ihm gönnerhaft auf den Hintern.

An diesem Montag fliegt der FC Bayern zu einer Werbetour in die USA, aber wer sich ruhige Tage erhofft, den warnt Kovac: "Es wird schon so trainiert werden, dass die Jungs wissen, dass wir trainiert haben."

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