Süddeutsche Zeitung

FC Bayern in der Einzelkritik:Lewandowski kämpft sich zu Fischer vor

Der Pole trifft dreimal Aluminium und holt dennoch Klaus Fischer ein, Thomas Müller spielt eine Vorlage für Joachim Löw und Manuel Neuer schreit im Bremer Regen. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Martin Schneider

Manuel Neuer

Stand im Bremer Regen. Punkt, das war bis zur 85. Minute sein Spiel. Fing nach sechs Minuten einen schwachen Schuss von Ludwig Augustinsson, in der 41. Minute köpfte Milot Rashica über sein Tor und in der 51. Minute fing er eine Flanke ab - mehr war nicht. War trotzdem nicht festgefroren, als Rashica fünf Minuten vor Schluss allein auf ihn zulief, parierte dessen Schuss stark - gegen Niclas Füllkrugs Nachschuss war er machtlos. War danach sichtlich sauer ob seines erneuten Spiels mit Gegentor.

Benjamin Pavard

Sah in den vergangenen Wochen in Niklas Süle einen unerwarteten Konkurrenten auf der Rechtsverteidigerposition reüssieren. Weil Süle aber laut Flick nicht komplett fit war, bekam Pavard seine Chance - und spielte das, was man vom ihm gewohnt ist. Solide nach hinten, solide nach vorne. Fällt gegen Süles spektakuläre Dribblings aber ein bisschen ab.

Jérôme Boateng

Hat an Milot Rashica furchtbare Erinnerungen, weil der schnelle Kosovare ihn mal in der Münchner Arena aussehen ließ wie der Hase die Schildkröte. Hatte diesmal nichts zu befürchten, weil es bei Bremen noch nicht mal für ein paar Konter reichte. Dafür ein Spiel, wie er es sich vorstellt: Ball am Fuß, kein Gegnerdruck, viel Zeit für ein paar schöne lange Bälle.

Lucas Hernandez

Ist gerade eine recht spannende Personalie, weil er keine Einsätze und zuweilen noch nicht mal Einwechslungen bekommt, aber in der kommenden Saison David Alaba ersetzen soll. Weil der Österreicher aufgrund muskulärer Probleme in München blieb, startete Hernandez und zeigte wie so oft, wenn er spielt, eine gute Leistung. Aber das war gegen offensiv komplett harmlose Bremer auch nicht so schwer. Haltungspunkte für eine artistische Grätsche gegen Josh Sargent (Foto).

Alphonso Davies

Offenbar haben die Bremer ein Gegenmittel gegen Davies gefunden: Nicht gegen ihn sprinten. Zwei Grün-Weiße warteten immer auf den Kanadier, er tat sich mit dem Abwehrdickicht schwer. Aber so ist das beim FC Bayern - wenn einer blockiert wird, sind andere da.

Joshua Kimmich

Ist bekanntlich ein großer Freund des sogenannten Chip-Balls (aus dem Zentrum halbhoch hinter die Abwehrkette) und Bremen war mal wieder so ein Chip-Ball-Spiel. Probierte es mehrfach, erfolgreich war er vor dem 2:0. Ist bekanntlich kein besonders erfolgreicher Eckenschütze und freute sich deswegen besonders, dass gleich zwei seiner Standards zu Toren führten.

Leon Goretzka

Klar, in den vergangenen Wochen guckten alle auf Lewandowski, ein paar auf Leroy Sané - aber die substantielle Verbesserung des Bayern-Spiels im Vergleich zu manchen Dreidreis gegen Bielefeld kam mit der Rückkehr von Leon Goretzka. Gegen Bremen sah man nochmal, warum: Harmoniert perfekt mit Joshua Kimmich, wenn der eine nach vorne stößt, fällt der andere zurück, einer sichert, einer geht und so weiter und so fort: Das Zentrum agiert mit einem Gedanken. Dass er dann auch noch das 1:0 köpfte - nimmt er mit.

Serge Gnabry

Saß in den vergangenen Spielen auf der Bank, weil Leroy Sané plötzlich im Bayern-Modus spielt. Zeigte gegen Bremen, dass er schon lange dort ist. Aktivster Offensivspieler, schoss erst über die Querlatte, verpasste dann knapp trotz eingesprungener Grätsche einen Querpass von Davies. Lenkte kurz darauf einen Boateng-Ball listig direkt auf und an den langen Pfosten, belohnte sich schließlich durch das 2:0 (Foto) - leider war da die Vorlage schöner als das Tor (siehe Müller). Spielte wie jemand, der zwingend in die Startelf gehört, aber so spielen Coman, Müller und Sané halt auch.

Thomas Müller

Je kleiner die Räume, desto eher findet sie Thomas Müller. Das ist keine neue Analyse, der Fakt ist seit Jahren bekannt, aber wenn man sieht, wie Müller vor dem zweiten Münchner Tor den Ball von Kimmich per Sprint antizipiert, im Sprung annimmt und Serge Gnabry anspielt - und all das in einer Zone, die Bremen eigentlich mit allen Mitteln zustellen wollte - dann ist das doch wieder beeindruckend, auch wenn man es von Müller schon zigmal gesehen hat. Eine - man beachte die Doppeldeutigkeit - perfekte Vorlage, auch für Joachim Löw.

Kingsley Coman

Dass Bremen tief stehen würde, das war so erwartbar wie Wind über der Nordsee, also hatte sich Hansi Flick was ausgedacht und Coman und Gnabry auf die jeweils andere Seite gestellt. Über rechts sollte Coman mit seinem starken linken Fuß nach innen ziehen und Abschlüsse statt Vorlagen sammeln. Coman versuchte das, wurde aber immer wieder irgendwie von zwei Bremern geblockt.

Robert Lewandowski

Bekam nach ein paar Sekunden Ömer Topraks Finger ins Auge (Foto) und wurde danach mit einem Eiswürfel am Spielfeldrand behandelt. Der erfüllte offenbar seinen Zweck, jedenfalls ging es weiter für den Polen. Schöner Spielfilm in der zweiten Halbzeit: 54. Minute: Innenpfosten. 58. Minute: Latte. 66. Minute: Glanzparade Pavlenka. In der 67. Minute durfte Lewandowski dann deswegen guten Gewissens abstauben, der Ball fiel vor seine Füße- dafür traf er dann in der 77. Minute kurz vor seiner Auswechslung nochmal die Latte. Also: Ein Tor, drei Aluminium-Treffer. Aber viel wichtiger: 32 Saisontore und nun zusammen mit Klaus Fischer zweitbester Torjäger der Bundesligageschichte (268 Tore). Wäre natürlich schön, wenn er Fischer dann mit einem Fallrückzieher-Tor überholen würde.

Einwechselspieler

Flick wechselte Lewandowski aus - und schonte ihn damit für kommende Aufgaben. Es kamen Eric Maxim Choupo-Moting, Jamal Musiala, Leroy Sané, Marc Roca und Bouna Sarr, von denen keiner mehr nennenswert auffiel.

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