FC Bayern: Einzelkritik:Erzürnte Friseurbesucher

Ein langhaariger Abwehrspieler, der wie ein Schiffskapitän agiert, ein offensiver Mittelfeldspieler, der über Haarschnitte diskutiert und ein Stürmer, der mit neuer Frisur und alten Torjägerqualitäten überzeugt.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

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FC Bayern: Einzelkritik:Thomas Kraft

Bayern Munich's Kraft poses during official team photo session in Munich

Quelle: REUTERS

Ein langhaariger Abwehrspieler, der wie ein Schiffskapitän agiert, ein offensiver Mittelfeldspieler, der über Haarschnitte diskutiert und ein Stürmer, der mit neuer Frisur und alten Torjägerqualitäten überzeugt.

Thomas Kraft

Wurde zu Beginn des Spiels von den Fans mit einem neuen Gesang bedacht, der ein wenig wacklig klang. Hatte derart wenig zu tun, dass er kurz versucht war, hinter die Absperrung zu springen und ein wenig mitzusingen. Durfte sich fünf Minuten vor dem Ende des Spiels tatsächlich noch auszeichnen - und tat dies herausragend, als er gegen den auf ihn zustürmenden Ryan Babel sicher parierte.

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FC Bayern: Einzelkritik:Philipp Lahm

FC Bayern Muenchen v VfL Wolfsburg - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Aus dem Umfeld des Kapitäns ist zu hören, dass er gewaltig erzürnt ist über Ergebnisse, Tabellenstand und Spielweise seines Vereins. Initiierte vor dem Spiel einen Kreis und sorgte nach jedem Treffer dafür, dass jeder Feldspieler an den Feierlichkeiten teilnahm. Im Zusammenspiel mit Arjen Robben an zahlreichen Angriffen beteiligt, wurde jedoch meist vom Holländer ignoriert. War aber nicht erzürnt, weil Robben meist eine noch bessere Idee hatte, als Lahm anzuspielen. Dürfte nach diesem Spieltag zumindest zufrieden mit Ergebnis und Spielweise sein.

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FC Bayern: Einzelkritik:Anatolij Timoschtschuk

FC Bayern Anatoli Timoschtschuk Vedad Ibisevic

Quelle: imago sportfotodienst

Gilt als herausragender Zuspieler, dem quasi nie Fehlpässe unterlaufen - und weil Trainer Louis van Gaal am Freitag sinngemäß gesagt hatte, dass bei einem Innenverteidiger das Passen wichtiger sei als das Verteidigen, musste Timoschtschuk wieder auf dieser ungeliebten Position spielen. Erledigte diese Aufgabe meist wie der Kapitän eines Schiffes: Er sichtete das Feld, gab Kommandos, delegierte Aufgaben - und griff nur im absoluten Notfall ein. In diesen wenigen Situationen aufmerksam und fehlerfrei. Schlich sich Mitte der zweiten Halbzeit nach vorne und versuchte einen Volleyschuss. Der misslang, war aber auch die einzige Aktion, die nicht funktionierte.

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FC Bayern: Einzelkritik:Holger Badstuber

FC Bayern München - TSG Hoffenheim

Quelle: dpa

Gilt grundsätzlich als formidabler Verteidiger und hervorragender Zuspieler, in den vergangenen Wochen allerdings mit auffälligen Schwächen in beiden Kategorien. Wurde gegen Hoffenheim zunächst wenig gefordert, weshalb er in der ersten Halbzeit nur einen grotesken Fehlpass spielte. In der zweiten Halbzeit nicht mehr so nervös wie zu Beginn des Spiels, durfte sich gegen den gelangweilten Hoffenheimer Stürmer Vedad Ibisevic durch gewonnene Zweikämpfe Selbstvertrauen holen.

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FC Bayern: Einzelkritik:Luiz Gustavo

FC Bayern Muenchen - TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: dapd

Agierte zweikampfstark und als Meister in der Kunst darin, einem Gegenspieler von hinten den Ball zu stibitzen. Bei seinen Pässen dagegen vermittelte er bisweilen den Eindruck, als hätte er Bügeleisen in seine Fußballschuhe gesteckt. Weil ihm hinten langweilig wurde, schaltete er sich hin und wieder nach vorne ein, doch die Bügeleisen-Problematik blieb auch bei seinen Flanken bestehen. Blieb deshalb danach wieder hinten und damit deutlich unauffälliger als Lahm auf der rechten Seite.

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FC Bayern: Einzelkritik:Bastian Schweinsteiger

FC Bayern München - 1899 Hoffenheim

Quelle: dpa

Durfte wieder im defensiven Mittelfeld agieren. Wirkt auf dieser Position ein bisschen wie der erwachsene Hund, der den Welpen ein Spielzeug zuwirft und ihnen dann beim Herumtollen zusieht. Inszenierte die meisten Angriffe durch einen scheinbar unspektakulären, aber immens effektiven Pass und wartete dann darauf, dass sich seine Kollegen die nächste Chance erspielten. Wollte in der ersten Halbzeit einmal auch mit herumtollen, vergab jedoch die Gelegenheit zum 3:0. Zog sich danach wieder zurück, spielte keinen einzigen Fehlpass mehr und verlor auch kaum einen Zweikampf. Als Leithund weit effektiver, als wenn er mit den anderen Welpen herumtollen muss.

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FC Bayern: Einzelkritik:Danijel Pranjic

FC Bayern München - 1899 Hoffenheim

Quelle: dpa

Es gibt eine Floskel, nach der ein Fußballer immer nur so spielt, wie es der Gegner erlaubt. Pranjic dagegen spielt immer so, wie es sein Nebenmann tut: War es van Bommel, da war Pranjic robust und bissig. War es Ottl, da war Pranjic zurückhaltend und blass. Gegen Hoffenheim war es Schweinsteiger - und Pranjic agierte zweikampfstark und ballsicher. Ist genau der richtige Mann, wenn der FC Bayern keinen Gestalter im defensiven Mittelfeld benötigt, sondern einen, der Robben, Ribéry und Müller den Rücken freihält und bereit ist, auch beim 20. unnötigen Ballverlust des Trios noch Löcher zu stopfen.

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FC Bayern: Einzelkritik:Thomas Müller

FC Bayern München - TSG Hoffenheim

Quelle: dpa

Führte sich ein mit einem gefühlvollen Zuspiel auf Arjen Robben, das schließlich zum 1:0 führte. Machte weiter mit irrwitzigen Laufwegen, kraftvollen Zweikämpfen und einem Tor, das weltweit eigentlich nur er schießen kann: Schnappte sich den Ball vom Gegenspieler, verwurstelte sich im Strafraum, bekam das Spielgerät von Ribéry zurück, wurstelte wieder herum, hätte ablegen können, schoss dennoch selbst aus der Drehung - und der Ball kullerte ins kurze Eck. In der zweiten Halbzeit mit dynamischen, jedoch meist erfolglosen Sololäufen. Diskutierte immer wieder mit Mario Gomez, es war jedoch nicht herauszufinden, worum es ging: um Gomez' Laufwege oder doch um dessen neuen Haarschnitt.

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FC Bayern: Einzelkritik:Arjen Robben

FC Bayern München - TSG Hoffenheim

Quelle: dpa

Guckte zu Beginn ein wenig verdutzt, dass nicht ihm, sondern Thomas Müller das erste geniale Zuspiel der Partie gelang. War deshalb scheinbar beleidigt und deshalb 30 Minuten lang nicht zu sehen. Dann jedoch gelang ihm der zweitschönste Pass der ersten Halbzeit und eine Minute später der schönste. Genoss das Raunen der Zuschauer bei jedem seiner Ballkontakte, das er in der zweiten Halbzeit meist zum Anlass nahm, nicht mehr abzuspielen, sondern so lange zu dribbeln, bis ihm ein Gegenspieler den Ball abnahm. Als man sich gerade über diese Form von Egoismus ärgern wollte, da umspielte Robben vier Gegenspieler und schoss das 3:0. Zirkelte danach noch den Ball zum 4:0 ins Kreuzeck - und natürlich hatte spätestens zu diesem Zeitpunkt jeder Mensch im Stadion die erfolglosen Dribblings vergessen.

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FC Bayern: Einzelkritik:Franck Ribéry

Bayern Munich's Gomez, Mueller and Ribery celebrate goal during German Bundesliga soccer match against TSG 1899 Hoffenheim in Munich

Quelle: REUTERS

Zuerst ein ungewohntes Bild: Ribéry durfte von Beginn an spielen. Dann ein noch viel ungewohnteres Bild: Ribéry arbeitete in der Defensive mit. Und das ungewohnteste Bild: Ribéry arbeitete hervorragend in der Defensive mit. Als man schon versucht war, die Identität infrage zu stellen, gab es doch noch ein paar gewohnte Bilder: kraftvolle Läufe die Linie hinunter, spektakuläre Dribblings, aber auch das beleidigte Abwinken, als er feststellte, dass das Spiel des FC Bayern primär über die rechte Seite und damit an ihm vorbei lief. Bereitete immerhin das 4:0 durch Robben vor - und wurde vom Holländer danach getätschelt, wie ein Besitzer seinen Hund tätschelt.

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FC Bayern: Einzelkritik:Mario Gomez

FC Bayern Muenchen - TSG 1899 Hoffenheim

Quelle: dapd

War unter der Woche beim Friseur, sieht ein bisschen aus wie der große Bruder von Thomas Müller. Drückte nach 90 Sekunden eine Hereingabe von Arjen Robben über die Linie. Stets präsent, immer anspielbar und torgefährlich. In der zweiten Halbzeit unauffälliger, was aber weniger an ihm lag als an der Tatsache, dass Robben diese 45 Minuten für seine Privatshow beanspruchte und den Stürmer nicht mehr anspielte. Dennoch: ein Tor gegen Köln, ein Tor gegen Hoffenheim. In Verbindung mit dem Friseurbesuch kann diese Woche als gelungen gewertet werden.

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FC Bayern: Einzelkritik:Hamit Altintop

Bayern Munich's Altintop poses during official team photo session in Munich

Quelle: REUTERS

Wurde eingewechselt, damit sich Arjen Robben den persönlichen Applaus des Publikums abholen durfte. Ob ihm diese Rolle als Platzhalter behagt, darf bezweifelt werden. Dürfte deshalb der einzige Mensch in München sein, der sich über eine Verletzung von Ribéry oder Robben nicht ärgern würde - denn nur dann dürfte er wieder von Beginn an auflaufen.

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FC Bayern: Einzelkritik:Trainer Louis van Gaal

Bayern Munich's coach Gaal welcomes Hoffenheim's coach Pezzaiuoli before German Bundesliga soccer match in Munich

Quelle: REUTERS

Beim Aufwärmen stand er apathisch am Spielfeldrand. Jubelte beim 1:0 gestenreich, beim 2:0 verhalten und beim 3:0 ausgelassen. Schickte nur einen Ersatzspieler zum Aufwärmen und wechselte nur ein Mal aus - wahrscheinlich, weil ihm bewusst war, bei diesem Spiel keine Korrekturen vornehmen zu müssen. Insgesamt ein ruhiger Nachmittag für den Trainer.

© sueddeutsche.de/jbe
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