FC Bayern in der Einzelkritik:Lewandowskis 14-Minuten-Show

Der Pole trifft schneller als sein Schatten - und schafft so einen Champions-League-Rekord. Coutinho dribbelt sich ins Fußball-Nirwana und Goretzka erinnert an den jungen Kroos. Die Bayern in der Einzelkritik.

Von Johannes Kirchmeier

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Manuel Neuer

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Quelle: AP

War wenig beschäftigt im Stadion der vielen Namen: Stadion Rajko Mitic heißt die Arena ja offiziell, Marakana oder Marakana von Belgrad heißt sie liebevoll - und Hexenkessel soll sie auch schon mal wer genannt haben. Obwohl nicht geklärt ist, ob jemals Hexen darin gewirkt haben. Allerdings, diese Information gehört nun schon dazu, steht ein Panzer davor. All das hat wenig mit Manuel Neuer zu tun, doch der deutsche Nationaltorhüter hatte halt nicht allzu viel zu tun an diesem Dienstagabend, zu Beginn der zweiten Halbzeit legte er nur mal einen Zwischensprint ein. Daher noch die Randnotiz am Ende: Was man in München nie für möglich gehalten hätte, wurde hier wahr. Das Stadion entfaltet tatsächlich eine eigene, laute Atmosphäre - trotz Leichtathletiklaufbahn wie im Olympiastadion außenrum. Neuer hatte dafür sicher auch Augen und Ohren, da er ja nicht allzu viel mitspielen musste.

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Benjamin Pavard

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Quelle: AP

War einer von neun gebürtigen zentralen Fußballern in der Startelf des gebürtigen defensiven Mittelfeldspielers, Heidelbergers und Löw-Assistenten Hans-Dieter Flick. Pavard hat sich aber schon seit Langem daran gewöhnt auch auf der rechten Verteidigerseite zu spielen. Machte das daher ohne Aufhebens und mit viel Ruhe - das mit dem Hexenkessel weiß der Franzose aber jetzt auch. Legte dann, als es schon ruhiger war, das 4:0 per feiner Flanke auf Lewandowski vor.

(Archivbild)

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Jérôme Boateng

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Quelle: AFP

Er hatte wochenlang nicht mitgespielt. Doch der Innenverteidiger und 2014er-Weltmeister kickte dann an diesem Europapokalabend in Belgrad gleich wieder wie einst unter dem 2014er-Weltmeister-Co-Trainer Hans-Dieter Flick: Intelligent, souverän und mit feinen Ideen im Spielaufbau. Liegt vielleicht auch daran, dass der 2014er-Weltmeister-Co-Trainer mittlerweile der FC-Bayern-Trainer Hansi Flick ist und ihm ähnlich viel Vertrauen wie damals schenkt. Traurig war für ihn nur, dass sein genialer Flugball wie zu Weltmeisterzeiten nur vermeintlich das 2:0 einleitete. Denn Corentin Tolisso stoppte ihn mit der Hand herunter.

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Javi Martínez

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Quelle: AP

Der Spanier wurde überlaufen. Ja, das passierte auch, dass die Münchner an diesem Jubelabend patzten. Doch sein Gegenspieler drosch die Kugel halt am Tor vorbei - und so genoss der Spanier einfach und schwieg ein bisserl über seine Leistung als Innenverteidiger im Belgrader Stadion, das auch nach dem 0:6 daheim noch stimmungsvoll war. Martínez hörte sich die Fangesänge dann nach etwas mehr als einer Stunde nach seiner Auswechslung von außen an.

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Alphonso Davies

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Quelle: AP

Ersetzte den aufs Baby wartenden David Alaba auf der linken Abwehrseite. Nach zehn Minuten war der Kanadier im kalten Belgrad dann auf Betriebstemperatur. Er zog einen Sprint an, da hätten andere die Muskelfasern bersten hören. Wird langsam immer sicherer. Uli Hoeneß lobte daher sicher daheim am Tegernsee den baldigen Sportvorstand Hasan Salihamidzic für dessen Weitsicht, ihn als sog. 10-Millionen-Schnäppchen zu verpflichten. Vielleicht war dabei auch er auf Betriebstemperatur. Wenngleich der ehemalige Bayern-Präsident weiß: Es kommen noch andere Gegner im Lauf so einer Champions-League-Saison.

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Corentin Tolisso

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Quelle: AP

Lange lief noch nicht so ganz alles zusammen bei ihm. Immer wieder waren Ballverluste oder Fouls dabei, obwohl die Belgrader gar nicht viel Gegenwehr lieferten. Erst kurz vor der Halbzeit schaltete sich der Franzose dann auch in die Offensive ein. Doch seine Vorlage für Lewandowski wurde nach einem Handspiel zurückgepfiffen. Holte das mit der Vorlage später dann beim 3:0 nach. Kurz vor Schluss lief's dann ähnlich als Vollstrecker: erst traf er nur die Latte, ehe er in der vorletzten Minute das 6:0 erzielte.

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Thiago

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Quelle: AP

Ja, das ist ja schon eine Meldung derzeit: Das Münchner Fußball-Schmuckstück Thiago durfte auch mitspielen. Und ja, er leitete das Spiel wie der frühere Thiago, der zuletzt unter Hansi Flicks ehemaligen Vorgesetzten und Trainervorgänger Niko Kovac plötzlich so verschwunden schien wie die Schmuckstücke aus dem Grünen Gewölbe in Dresden. Der Spanier wurde jedenfalls nicht eingeschmolzen in den vergangenen Monaten. Vielleicht erhöht das auch die Hoffnung in Dresden.

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Kingsley Coman

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Quelle: AFP

War für die Belgrader wie ein Transrapid - ein Zug aus einer anderen Welt und nicht zu stoppen. Immer wieder dribbelte er sich links wie rechts an allen vorbei, seine Sprints so lässig aus der Hüfte gewackelt wie Lucky Luke seine Comic-Schüsse. Nur wer die Entstehungsgeschichte vom Transrapid in München kennt, der weiß, dass es den vermeintlichen Wunderzug anders als vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber im Januar 2002 erhofft gar nicht gibt.

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Leon Goretzka

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Quelle: AFP

Sozusagen der Toni Kroos unter den Münchnern von 2019: Denn der 17 Jahre junge Kroos führte die Bayern als letzter zentraler Spieler zum Erfolg im Marakana: damals, 2007, per Freistoßtor im sogenannten "Cup der Verlierer" (Franz Beckenbauer), den der Europäische Fußballverband einst Uefa-Cup nannte. Kroos traf damals per Kuller-Freistoß. Goretzka nun köpfte das 1:0 aus elf Metern, das muss man auch erst mal hinbekommen. Kurz darauf scheiterte er aus 16 Metern per Gewaltschuss und er sah, dass es auch ohne weitere eigene Tore gut wurde.

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Philippe Coutinho

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Quelle: AFP

Der zweite zentrale Mann, der außen mitspielen musste - auf der linken Seite. Noch kriselt's a bisserl mit Hansi Flick. Prägend war seine erste Szene: Der Brasilianer dribbelte und dribbelte um die Strafraumlinie herum, hin und her. Ihm dabei zuzusehen, ist für Fußballliebhaber in etwa so wie für Buddhisten das Nirwana, das vollkommene Glück. Nur dass Coutinho halt bei all der Dribbelei um eine weiße Linie das Schießen vergaß. Als er dann doch abzog, hatte er fünf Spieler vor sich, die den Ball abfälschen konnten. So eine Erfahrung lässt auch den gläubigsten Mönch zum sturen Pragmatiker werden: Kurze Zeit später flankte Coutinho einfach mal in den Strafraum statt zu viele wilde Dinge mit dem Spielgerät zu veranstalten, Goretzka köpfte das 1:0. Kurz vor der Pause spielte er dann ein Zuckerpasserl mit der Sohle, nur halt im Mittelfeld. Die Liebhaber schwärmten trotzdem.

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Robert Lewandowski

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Quelle: AFP

Fiel zuletzt damit auf, dass er NICHT getroffen hatte. Gegen Fortuna Düsseldorf blieb er am Samstag in der Bundesliga erstmals ohne Tor. In Belgrad musste er dann zu Beginn gleich mal einen Treffer einstecken - einen Ellbogencheck vom früheren Sechziger (!) Milos Degenek. Davon noch etwas verdattert, vergab er gleich nach acht Minuten die große Chance zur Führung: Alleine vor dem Torwart Milan Borjan stolperte er den Ball neben das Tor. Erst kurz nach der Pause war Lewandowski dann erfolgreich - per Elfmeter, nur eben mit Tor Nummer 60 (!) in der Champions League. Die Bayern-Fans mussten aber nicht lange hoffen, dass sich diese Zahl ändert, denn der Pole traf in der zweiten Halbzeit schneller als sein Schatten: In der 60. (!) Minute schoss der Pole Tor Nummer 61, kurz danach Nummer 62 und 63. Die Vier-Tore-Show in 14 Minuten! Rajko Mitic, der Stadionnamensgeber, wäre stolz gewesen. Der einstige Angreifer erzielte 262 Tore in 572 Spielen für Belgrad. Die Tormaschine Lewandowski steht nun bei 218 Bayern-Toren in 262 Spielen. Und so schnell wie er hat noch nie ein Spieler vier Tore in der Champions League erzielt.

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Ivan Perisic

Crvena Zvezda v Bayern Muenchen: Group B - UEFA Champions League

Quelle: Getty Images

Spielte nach einer Stunde für den Dribbelmönch Philippe Coutinho mit. Doch weil es eben schon 3:0 stand, musste der Kroate dann nicht mehr ähnliche Kunststücke vollbringen wie der Brasilianer. Blieb so ein recht ruhiger Abend für den nach dem Kovac-Rücktritt letzten verbliebenen Kroaten mitten in Serbien. Er durfte sogar das 6:0 vorbereiten.

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Joshua Kimmich

Crvena Zvezda v Bayern Muenchen: Group B - UEFA Champions League

Quelle: Bongarts/Getty Images

Wärmte sich erst rechts neben Serge Gnabry und kam dann mit einem riesigen Grinsen aufs Feld für Javi Martínez. Was sollte er auch noch tun, verriet er mit dieser Szene, stand ja schon 5:0. Das sechste Tor durfte er dann live begrinsen.

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Thomas Müller

Roter Stern Belgrad - Bayern München

Quelle: dpa

"Müller spielt immer", sagte Louis van Gaal einst. Niko Kovac brachte das eherne Gesetz dann aber heftig ins Wanken - und mit dem Gesetz gleich die bayerische Identifikationsfigur, den Müllerthomas, mit. Bei Hansi Flick stimmt der van-Gaal-Spruch aber wieder eher. Nun ersetzte Müller als Einwechselspieler immerhin Lewandowski für die letzte Viertelstunde.

© SZ.de/dsz
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