FC Bayern in der Einzelkritik:Kimmich knallt einen ans Gebälk

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Der Dirigent wird während der Partie immer besser, Robert Lewandowski ärgert sich erst und entscheidet dann das Spiel und Benjamin Pavard zeigt Hereingaben aller Art. Die Bayern in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp

Manuel Neuer

(Foto: Heiko Becker/Reuters)

Augsburg? War da nicht was? Hat gegen diesen Klub schon das ein oder andere Spiel verloren, zum Beispiel in der Hinrunde (1:2). Trug vielleicht auch deshalb die Signalfarbe Orange, ein Trikot als Wachrüttler sozusagen. Doch die Warnungen verpufften: Sah mehrere Augsburger Wellen auf sein Tor zurollen und war als Mitspieler gefragt, was er immerhin gekonnt löste. Musste keinen Ball heldenhaft abwehren und dürfte trotzdem zu dem Schluss kommen, dass diese Augsburger ein ganz schön unangenehmer Gegner sind.

Benjamin Pavard

(Foto: Andreas Schaad/AP)

Als verbissener Zweikämpfer vielleicht genau der richtige in einem Spiel gegen die ewigen Arbeiter aus Augsburg. Scheiterte bei einem Schussversuch am härtesten aller Arbeiter: Nicklas Dorsch. Suchte den Weg nach vorne, kombinierte mit und beackerte die rechte Bahn. Hauchte dem guten alten flach geschlagenen Flankenball neues Leben ein, den er mehrfach von rechts probierte. Packte auch die gechippte Hereingabe aus - es half nichts. Alles zu unpräzise.

Dayot Upamecano

(Foto: Matthias Schrader/AP)

Befindet sich weiterhin im Zentrum jener Debatten, die um die Suche nach einem echten "Abwehrchef" bei den Bayern kreisen. Wenn die Anforderung an einen solchen Chef das Löschen von Bränden ist, dann machte er seine Sache gegen den alleine lossprintenden Andre Hahn gut: Spitzelte dem Augsburger gerade noch den Ball vom Fuß. Verbrachte einen arbeitsreichen Nachmittag, musste immer wieder dazwischengehen und fightete sich hinein in diese Partie.

Tanguy Nianzou

(Foto: Matthias Schrader/AP)

In der Luft eine echte Erscheinung, aber auch er ist eher noch kein Abwehrchef, sondern allenfalls ein Chefchen. Kann mit gerade 19 Jahren alles noch werden, wenn er kleine und größere Leichtsinnigkeiten abstellt, wie jene in der 12. Minute: Da führte er sich mit einem fatalen Fehlpass ein, der fast das 0:1 bedeutet hätte (siehe Upamecano). Kollidierte später heftig mit Zeqiri, als er wieder einmal zu spät gekommen war und sah Gelb. Es war kein ausgewiesener Glückstag für ihn. Zu fahrig, zu wenig Klarheit im Spielaufbau.

Omar Richards

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Durfte für Alphonso Davies links ran, der nach seinem Comeback in Villarreal noch Schonzeit bekam. Bewies bald, dass er kein zweiter Turbotyp wie Davies ist, sondern eher ein solider Stellvertreter. Tempo und Technik sind bei ihm noch ausbaufähig - was ihn im Augsburger Dauerpressing immer wieder in die Bredouille brachte. Rettete immerhin gegen Caligiuri, der unerhörterweise allein im Sechzehner auftauchte. Steigerte sich dann und spielte ein paar clevere Pässe - eher er für Davies weichen musste.

Joshua Kimmich

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Nahm aus Villarreal die Erkenntnis mit, dass die Bayern wieder einen dominanteren Kimmich brauchen. Doch fürs Sortieren und Dirigieren blieb keine Zeit, weil Augsburg wie ein Ab-durch-die-Mitte-Geschwader nach vorne preschte. Schnappte sich wie immer beinahe jeden ruhenden Ball, was nicht immer zu voller Zufriedenheit aufging. Schnappte sich dann auch einen rollenden Ball, marschierte los und zwang FCA-Keeper Gikiewicz per Fernschuss zum Abtauchen auf Grasnarbenniveau. Begann mäßig, wurde dann aber immer besser und knallte noch ein ordentliches Geschoss ans Gebälk.

Leon Goretzka

(Foto: Lukas Barth/Reuters)

Nahm aus Villarreal einen "kleinen Cut" mit, wie Trainer Julian Nagelsmann es nannte. Er blutete ganz schön, nachdem ihn ein Ellbogen erwischt hatte. Aber wenn einer bei den Bayern ein blaues Auge wegstecken kann, dann er. Im Zentrum viel unterwegs, doch selten einflussreich, wie man das von ihm kennt. Ihm hängt seine lange Pause im Winter noch sichtlich nach - nach 57 Minuten war Schluss, diesmal immerhin unversehrt.

Serge Gnabry

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Wandelt derzeit mit ungeklärter Vertragslage und einigen Leistungsschwankungen durchs Leben - was natürlich immer Anlass für Spekulationen bietet. Ist er vielleicht zu sehr mit seiner Zukunft beschäftigt? Nutzte seinen Instinkt zu einigen Kurvenläufen, doch spätestens beim 3G-Riegel des FCA (Gikiewicz, Gumny, Gouweleeuw) war dann Schluss. Hatte dann ungewohnt früh ausgekreiselt - für ihn kam zur Halbzeit Jamal Musiala. Über Gnabrys stockende Vertragsverlängerung wird noch zu reden sein.

Thomas Müller

(Foto: Christof Stache/AFP)

Zukunft? Die war früher auch noch besser, sagte Karl Valentin, der bekanntlich ein Wiedergänger des Müllerthomas war. Oder umgekehrt, das müssen Anthropologen noch erforschen. Schlich auf den typischen Müller-Pfaden über den Platz, die noch kein Wissenschaftler ergründen konnte. Zum Ziel führte ihn aber keiner dieser versteckten Wege. Es hätte einen trotzdem nicht gewundert, wenn er noch mit irgendeinem Knie oder Hinterteil getroffen hätte.

Leroy Sané

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Spielt eigentlich eine sehr gute Saison, doch ausgerechnet in Villarreal wurde er dann Opfer von Nagelsmanns taktischen Rochaden (er setzte lieber auf die Sprinter Coman und Gnabry). Bemühte sich im Offensivzentrum um Spielkultur, was gegen diese Augsburger ziemliches Geschick bedurfte. Fand keine rechte Freude an diesem verbissen geführten Spiel, tauchte immer mehr ab und verschwand schließlich ganz - in der Kabine, als er ausgewechselt wurde.

Robert Lewandowski

(Foto: Lukas Barth/Reuters)

Muss keine taktischen Rochaden fürchten, es sei denn, der Himmel kracht irgendwann auf die Erde. Ehe das passiert, schießt er aber noch ein paar Jahre 40 Tore pro Saison. Bekam in der ersten Hälfte schlechte Laune, weil ihn kaum ein Ball erreichte. Bei einem Freistoß dann mit einem ungewohnt stumpfen Hieb ins Augsburger Beine-Labyrinth und bei einer Steilpassszene mit seiner Fußspitze im Gesicht von FCA-Keeper Gikiewicz. Hatte wie schon in Villarreal nur wenige Momente, doch wie das bei ihm so ist: Einmal war er doch per Kopf da und holte den Hand-Elfer gegen Oxford raus. Verwandelte höchstselbst, da war die miese Laune passé.

Einwechselspieler

(Foto: Lukas Barth/Reuters)

Jamal Musiala durfte zur Pause Gnabry ersetzen, Nagelsmann versprach sich davon offenbar mehr Tiefe im Bayern-Zentrum und bekam sie. Mit dem 19-Jährigen wurde die Münchner Offensive dominanter, ein Flachschuss von ihm verfehlte das Tor um ein paar Fußlängen. Als wenig später auch Alphonso Davies (rasant wie immer; für Richards) und Marcel Sabitzer (zögerlich wie so oft; für Goretzka) hereinkamen, war die Startaufstellung ordentlich durcheinander gewirbelt. Kingsley Coman kam auch noch und zielte mit rechts knapp vorbei und dann mitten auf Gikiewicz - irgendwie stellvertretend für einen zähen Nachmittag.

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