FC Bayern:Voll auf Spannung

Lesezeit: 4 Min.

Hat nun gegen jeden Bundesligisten ein Tor gechossen: Robert Lewandowski. (Foto: REUTERS)

Der FC Bayern zeigt nicht den Hauch einer Schwäche und marschiert mit einem 5:0 gegen Düsseldorf Richtung Titel. Trainer Flicks größte Sorge scheint unbegründet.

Aus dem Stadion von Sebastian Fischer

Kurz vor dem Spiel war Thomas Müller schon da. Alleine stand er auf dem ansonsten leeren Rasen, seine Kollegen vom FC Bayern waren noch im Kabinengang. Er machte ein paar Kniehebeläufe auf der Stelle, kickte einen Ball durch die Gegend. Wären Zuschauer dagewesen am Samstagabend in der Münchner Arena, dann hätte man ihm vielleicht unterstellen können, dass er ihnen zeigen wollte, wie viel Lust er auf diese Begegnung mit Fortuna Düsseldorf hatte. Da aber natürlich keine Fans da waren, bot sich eine andere Erklärung an: Vielleicht hatte er einfach nur wirklich sehr viel Lust. Ein Fußballspiel, fünf Tore und kein Gegentor später hatten dies auch seine Kollegen gezeigt.

"Wir sind sehr, sehr ehrgeizig. Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist positiv und das sieht man auch", sagte David Alaba nach dem Spiel. "Wir haben dem Gegner nicht den Hauch einer Chance gegeben", sagte der Münchner Trainer Hansi Flick. "Wir haben es auch nicht ganz schlecht gemacht, aber Bayern ist einfach eine andere Liga", sagte Düsseldorfs Erik Thommy.

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Was bedeutet eine Partie gegen den Tabellensechzehnten Düsseldorf für den Rekordmeister, vier Tage nach einem 1:0 gegen Borussia Dortmund, das den Vorsprung an der Tabellenspitze sechs Spiele vor Saisonende auf sieben Punkte vergrößerte? Flick hat vorher recht deutlich gesagt, worum es in den restlichen Wochen der Saison gehen wird. "Ich mache mir Gedanken, wie man die Spannung hochhalten kann. Das ist das Entscheidende." Er sagte das, weil er in der Pressekonferenz vor dem Spiel bereits darüber sprechen sollte, wo, wenn nicht wie sonst auf dem Marienplatz, in diesem Jahr die Meisterfeier stattfinden wird.

Wenn es eine Szene besonders belegte, dass die Münchner in Spiel eins auf der Vorsprungsverwaltungszielgeraden dieser Saison die Spannung hochhielten, dann war es das 3:0 kurz vor der Pause. Es waren alle Protagonisten der neuen Münchner Achse unter Flick beteiligt, unter dem Trainer also, der nun von seinen ersten 25 Spielen 22 gewonnen hat, eins mehr als Pep Guardiola. Innenverteidiger David Alaba spielte den Pass in die Spitze, Robert Lewandowski ließ ihn passieren, weil er die Laufwege der Kollegen sah. Joshua Kimmich lief in den freien Raum aufs Tor zu, ließ den Ball dann im Strafraum für Müller liegen, der ihn in die Mitte zu Lewandowski spielte. Der Stürmer musste ihn nur noch ins Tor schießen.

Der Düsseldorf Uwe Rösler hatte vorher Mut angekündigt, wie Gäste-Trainer das vor Spielen in München oft sagen. Doch er hatte auch richtig geahnt, dass seine Mannschaft eher nicht "70 Prozent Ballbesitz" haben werde. Es waren bald nicht mal zwanzig Prozent. Nach 15 Minuten gingen die Münchner durch ein Eigentor von Mathias Jörgensen in Führung, Benjamin Pavard hatte geschossen, der Düsseldorfer den Ball über die Linie bugsiert. Eine Viertelstunde später traf Pavard selbst, per Kopfball nach einer Ecke von Kimmich, es war eine ziemlich gute Kopie des Treffers beim 2:0 gegen Union Berlin im ersten Spiel nach der Saisonunterbrechung. Eckbälle, bei denen die Räume im Strafraum genau vorgegeben sind, standen zuletzt ganz offensichtlich auf Flicks Trainingsplan.

Flick bringt Cuisance und Odriozola

Es klappte auch sonst ziemlich viel im Spiel der Bayern, in der zweiten Halbzeit trafen zunächst noch mal Lewandowski mit der Hacke (50.) und kurz darauf Alphonso Davies (52.) Es spielten in der zweiten Hälfte auch Fußballer, die man noch nicht so oft gesehen hat im Bayern-Trikot: Michael Cuisance, 20, wurde nach 45 Minuten eingewechselt und spielte damit länger als in seinen zuvor fünf Kurzeinsätzen zusammen. Er war währenddessen sogar der Münchner Standardschütze, einmal versuchte er es aus fast 40 Metern direkt und schoss weit drüber. Ebenfalls eingewechselt wurde der im Winter von Real Madrid geliehene Alvaro Odriozola, der damit erst zum zweiten Mal überhaupt zum Einsatz kam.

Wesentlich interessanter war es vielleicht, dass Cuisance zur Pause für Lucas Hernandez kam, was wiederum bedeutete, dass der Innenverteidiger erstmals seit Februar in der Startelf stand. "Aktuell ist das Vertrauen in die Viererkette da", hatte Flick zuletzt gesagt und eine Viererkette mit Jérôme Boateng und ohne den Franzosen gemeint, den der Klub im Sommer immerhin für rund 80 Millionen Euro verpflichtet hatte. Hernandez, 24, der im Oktober nach einer Sprunggelenksverletzung rund vier Monate ausgefallen war, spielte zuletzt so selten, dass sein Berater öffentlich erklären musste, sein Klient werde bei den Bayern bleiben.

Müller: "Krieg ich wieder Anschiss daheim"

Hernandez spielte als linker Innenverteidiger zwischen den Linksfüßen Alaba und Davies - eine Linkslastigkeit, die Hernandez' Position nicht unbedingt stärkt. Gegen Düsseldorf lief er einmal einem Konter etwas desorientiert hinterher, was zu einer Torchance durch Kenan Karaman führte. Ansonsten war er gegen die mit tiefem Verteidigen beschäftigten Düsseldorfer nicht sonderlich gefordert. Zur Pause musste er wegen Adduktorenproblemen vom Platz.

Er habe der Mannschaft gesagt, dass er sehr zufrieden mit ihr sei, sagte Flick nach dem Spiel. Er hob die Leistung von Leon Goretzka auf der Sechserposition hervor. Und so war vielleicht nur Thomas Müller am Samstagabend ein ganz klein wenig unzufrieden. Vor seiner Auswechslung in der 75. Minute hatte er eine Chance vergeben und sich lautstark geärgert. Als ihm nach seiner Auswechslung die Kollegen auf der für mehr Sicherheitsabstand auf die Tribüne verlegten Ersatzbank applaudierten, hatte er diese Torchance noch nicht vergessen. Müller sagte lächelnd, bei Geisterspielen ist das ja deutlich zu verstehen: "Kriege ich wieder Anschiss daheim." Man sollte vielleicht eher nicht davon ausgehen, dass er in den kommenden Wochen die Spannung verliert.

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