FC Bayern:Die Schnell-Schließer

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Es ist ein Kulturkampf, den sich der FC Bayern mit seinem Trainer Louis van Gaal liefert. Diese Orientierungssuche, hat den Verein schon heute bereichert.

Klaus Hoeltzenbein

Jüngst, nach dem 2:1 beim SC Freiburg, meldete ein Aufsichtsrat des FC Bayern seine Bedenken an: Er sei kein Fußball-Fachmann wie der Herr van Gaal, er sitze nur auf der Tribüne, aber er verstehe eines nicht: "Wieso hat er gesagt, wir müssen diesen Herrn Braafheid kaufen?"

Louis van Gaal wacht über das Spiel des FC Bayern. (Foto: Foto: ddp)

Willkommen im Fußball-Land Deutschland, willkommen in der Bundesliga, in der sich all das Weltwissen über die Gladiatoren der Gegenwart sammelt. In der sich dieses Wissen zu einer solch furchterregenden Schlagkraft verdichtet hat, dass der letzte europäische Titelgewinn einer Bundesliga-Elf beinahe ein Jahrzehnt (2001, FC Bayern) zurückliegt, und der vorletzte nicht ganz, aber doch schon sehr nah an die Steinzeit (1997, Dortmund, Schalke) reicht.

Abgesehen davon, dass ein Klub, der einen wie Zé Roberto ziehen lässt und damit den Hamburger SV, einen direkten Rivalen, stark macht, sich ruhig selbst ein einjähriges Schweigegelübde in allen Transferfragen auferlegen könnte, gibt es zu Edson Braafheid dreierlei zu sagen: Erstens, muss ein Aufsichtsrat seine Personalschelte im Fernsehen äußern? Zweitens, dass dieser Braafheid für relativ kleines Geld, rund zwei Millionen Euro, erworben wurde. Und drittens, dass jeder sich fortan Prophet nennen sollte, der heute schon weiß, dass diesem flinken linken Fuß des Edson Braafheid niemals mehr Szenen gelingen werden, an denen sich selbst ein Aufsichtsrat des FCBayern begeistern kann.

Jupp Heynckes, inzwischen 64, hat jüngst erklärt, er habe sich als Trainer jetzt, da er in Leverkusen wieder dauerhaft tätig ist, in seinem Arbeitsansatz noch einmal neu definieren müssen. Vom strengen Drillmeister zum väterlichen Ratgeber, von einem, der Druck aufbaut, zu einem, der Druck ventiliert. Man könne sich als Außenstehender kaum vorstellen, was alles auf die Jungprofis von heute einwirke, was sie emotional zu bewältigen hätten, wenn das Elternhaus drängt, der Verein die Ablösesumme permanent in (Fehl-)Leistung umrechnet, das Publikum eine Fratze zieht und Aufsichtsräte ihre Blitzurteile sprechen.

Die Bundesliga ist eine Ansammlung der Schnell-Schließer, die hundert Tage, die der amerikanische Präsident bekommt, um sich im Amt zu akklimatisieren, werden dort nicht gewährt. Louis van Gaal hatte nicht mal richtig begonnen, da wurden vor und hinter den Türen des FC Bayern bereits Trennungsszenarien durchgespielt.

Doch die Debatte über Etikette, die diesen eigentümlichen Niederländer dauerhaft begleiten wird, überlagert den Blick fürs Wesentliche: Van Gaal, dieser radikale Verfechter des Teamgedankens, prallt mit seiner Idee vom Fußball auf die Star-fixierte Geld-schießt-Tore-Mentalität des FC Bayern. Ein Kulturkampf, der dauern wird, aber die bissige Orientierungssuche, die hausintern stattfindet, hat den FC Bayern schon heute bereichert.

© SZ vom 30.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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