FC Bayern:Die letzten Meter einer großen Generation

FC Bayern: Arjen Robben (re.) und Franck Ribéry: Best Ager beim FC Bayern

Arjen Robben (re.) und Franck Ribéry: Best Ager beim FC Bayern

(Foto: AFP)

Auf seine alternden Künstler Arjen Robben und Franck Ribéry kann der FC Bayern noch immer nicht verzichten. Ist das jetzt beeindruckend oder bedenklich?

Von Christof Kneer

Warum eigentlich nicht 1984? Man kann in diesem Jahr durchaus geboren sein, es spricht im Grunde nichts dagegen. 1984 ist das Geburtsjahr bedeutender Fußballer wie Bastian Schweinsteiger, Per Mertesacker, Stefan Kießling und sogar David Odonkor, und auch erhebliche Stützen der Gesellschaft haben "1984" als Geburtsjahr in ihrem Pass stehen (Helene Fischer). Man kann also alles in allem zustimmen, wenn Arjen Robben, Jahrgang 1984, sagt, er fühle sich "noch nicht alt" und als Fußballer "sogar jung". Robben wird an diesem Montag 33 Jahre alt werden und dann vorübergehend Franck Ribéry eingeholt haben, der im April 34 wird.

Nein, Robben und Ribéry haben in diesen Tagen nicht ihre letzte Wintervorbereitung als Profis des FC Bayern absolviert, es war mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre vorletzte. Beide haben ihre Aufenthaltserlaubnis in München noch mal ein Jahr verlängert, beide stehen nun bis Sommer 2018 beim FC Bayern unter Vertrag, und die hausinternen Diskussionen waren am Ende kürzer als gedacht. Noch im Herbst haben die Klubverantwortlichen mit wohlwollender Skepsis auf Robbens Muskelfasern und Ribérys Geburtsdatum (1983!) geschaut, aber nach den jüngsten Darbietungen der beiden hätten sich "die Dinge fast von selbst geregelt", heißt es im Klub.

Natürlich forschen die Bayern schon nach Nachfolgern - etwa Julian Brandt oder Serge Gnabry

Aus wohlwollender Skepsis wurde wohlwollendes Wohlwollen, und die leichte Restskepsis glauben sich die Bayern leisten zu können. Jeder in diesem Verein weiß, dass die beiden alternden Künstler immer noch genügend Momente in sich haben, auf die das Team noch nicht verzichten kann; und mindestens genauso unverzichtbar sind sie als längst ins stolze Bayernland eingemeindete Identitätsstifter.

Der FC Bayern, der an diesem Freitagabend beim SC Freiburg ins Fußballjahr 2017 startet, ist immer noch der Klub von Robben und Ribéry. Man kann es je nach Geschmacksrichtung beeindruckend oder bedenklich finden, dass an manchen Tagen immer noch zwei Spieler den Unterschied ausmachen, die seit 2007 (Ribéry) bzw. 2009 (Robben) Bayern-Profis sind.

Als Ribéry kam, war es übrigens eine große Geschichte, dass er direkt die Nummer "7" vom großen Mehmet Scholl übernehmen durfte. Ja, so lange ist das her.

Robben und Ribéry sind mehr als nur folkloristische Verzierungen in der aktuellen Gemengelage dieses Klubs, im Moment stehen die beiden vielleicht mehr denn je fürs große Ganze. Sie stehen für die letzten Meter einer großen Generation, der auch Bastian Schweinsteiger angehört hat und der Philipp Lahm (Jahrgang 1983) immer noch angehört. Lahm hat noch nicht erklärt, ob er schon diesen oder erst kommenden Sommer damit beginnen will, ein Ex-Profi zu sein, das Karriere-Ende von Xabi Alonso (Jahrgang 1981) dagegen wird klubintern schon für diesen Sommer erwartet.

All diese best ager hören zurzeit auf das Kommando eines Trainers, der das Spiel seiner Elf nicht bis in den hinterletzten Winkel ausleuchtet, Carlo Ancelotti ist auch nicht der Coach, der im Winter 2017 schon am Team der Saison 2018/2019 herum entwickelt. Gut möglich, dass diese Robben & Ribéry-Elf im Moment genau so einen Trainer braucht: einen, der etwas oberflächlicher coacht als die hippen Gelehrten der Neuzeit, der aber genau weiß, wann welcher Handgriff gefragt und wann welchen Regler zu drehen ist. So haben die Bayern-Bosse mit einiger Erleichterung registriert, dass im Trainingscamp in Katar intensiver und präziser trainiert wurde als in so manchen Vorrundenwochen, in denen nicht immer alle ganz glücklich waren mit der manchmal etwas lässigen Handhabung des Trainingsbetriebs.

Ancelotti kann Robbery auch mal toben lassen

Die neue Trainingsschärfe lässt die Verantwortlichen hoffen, dass Ancelotti der passende Begleiter für die letzten goldenen Zuckungen dieser Umbruch-Elf sein könnte - zumal dieser Trainer auch die Gabe besitzt, auch mal professionell aus dem Bild zu gehen und Robbery auf der Zielgeraden nach Herzenslust toben zu lassen.

Als Robben und Ribéry in die Stadt kamen, war der FC Bayern kein Verein, den man mit einer gewissen Selbstverständlichkeit fürs Halbfinale der Champions League setzen durfte; erst mit Robben und Ribéry begann jener große Bayern-Zyklus, der den Klub unter den Trainern Louis van Gaal, Jupp Heynckes und Pep Guardiola in imposanter Regelmäßigkeit unter die letzten Vier und dreimal sogar ins Champions-League-Endspiel führte (2010, 2012, 2013), wovon das letzte gewonnen wurde.

Ein letzter großer Titel stecke vielleicht noch drin in diesem Team, hoffen sie im Klub, bevor sie dann, spätestens ab 2018, an einem neuen Zyklus arbeiten müssen.

So sind Robben und Ribéry auf ihre alten Tage noch so etwas wie Brückenspieler geworden, sie sollen mit ihrer Wucht und ihrer immer noch rührenden Hyperaktivität den Übergang in die neue Zeit erleichtern. Wer in der neuen Zeit an Robberys Stelle die Flügel hinaufsausen wird, wird in den stillen Kämmerlein des Klubs längst diskutiert; in der nächsten Saison wollen die Bayern Robbens und Ribérys Anwesenheit noch nutzen, um in deren Schatten den nicht mehr ganz jungen Douglas Costa, 26, und den immer noch sehr jungen Kingsley Coman, 20, zu konstanterem und verantwortungsvollerem Spiel zu erziehen, aber flankierend sichten die Bayern schon Flügelspezialisten in fremden Unternehmen. Leverkusens Julian Brandt, 20, steht ebenso unter freundlicher Beobachtung wie Bremens Serge Gnabry, 21, mit dem die Bayern auf unverbindliche Art angeblich bereits verabredet sind. Gnabry, so hört man, könne zumindest nirgendwo anders hin wechseln, ohne dass der FC Bayern die Chance bekomme, mitzubieten.

Es sei im Übrigen keinesfalls auszuschließen, hat Arjen Robben gerade gesagt, dass er seinen Vertrag in München vielleicht sogar noch mal verlängere. Das schließen sie zwar auch bei Bayern nicht aus - aber eigentlich rechnen sie damit, dass Robben und Ribéry im Sommer 2018 nach China wechseln, um in ihrem Leben endlich mal richtig Geld zu verdienen.

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