FC Bayern und früherer Jugendtrainer:Der Streit geht weiter

Prozess um Rassismusvorwurf gegen Jugendtrainer

Der FC Bayern Campus.

(Foto: dpa)

Nach Rassismusvorwürfen am Campus trennte sich der FC Bayern von einem Jugendtrainer. Vor dem Arbeitsgericht treffen sich beide Parteien wieder - doch von einer Einigung sind sie weit entfernt.

Von Sebastian Fischer

Es ist nicht viel, was der FC Bayern München bislang zu den schwerwiegenden Anschuldigen gesagt hat, die den Klub inzwischen seit mehr als eineinhalb Monaten beschäftigen: Rassismusvorwürfe am Campus genannten Nachwuchsleistungszentrum, publik geworden durch Berichte des WDR-Magazins Sport Inside. Die einvernehmliche Trennung vom Jugendtrainer im Mittelpunkt dieser Vorwürfe hatte der Verein am 17. August in einer drei Sätze langen Mitteilung bekanntgegeben, zwei Tage vor dem Champions League-Halbfinale gegen Olympique Lyon. Viel mehr sagte auch am Montag Oliver Grimm nicht, der vom FC Bayern beauftragte Anwalt, als er vor dem Arbeitsgericht sprach. Diese Trennung halte er nach wie vor für eine gute Sache, sagte er. Und damit war klar, dass weiterhin sehr viele Fragen offen sind - und weiter vor Gericht geklärt werden müssen. Denn der Trainer hatte gegen die Umstände der Trennung geklagt.

In Sitzungssaal 1 des Münchner Arbeitsgerichts fand am Montag zunächst die Güteverhandlung zwischen dem FC Bayern und dem Jugendtrainer statt, vertreten vom Essener Arbeitsrechtler Christian Nohr. Sein Mandant sei dazu gedrängt worden, am 17. August eine Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarung zu unterschreiben, die keine Abfindung enthält und eine zuvor verfasste fristlose Kündigung ersetzte. Unterschreibe er nicht innerhalb einer Stunde, so habe der FC Bayern laut Nohr gedroht, werde der Name des Trainers in einer Mitteilung auf der Klub-Webseite veröffentlicht. Sein Mandant habe aus Angst unterschrieben. Der Name wurde in der Mitteilung zur Trennung nicht genannt.

Der Klub stellt die Dinge allerdings ganz anders dar: Die Initiative, die Trennung statt mit einer Kündigung kurzfristig mit einer einvernehmlichen Vereinbarung zu lösen, sei vielmehr vom Trainer und seinem damaligen Anwalt Werner Ruisinger ausgegangen. Der Verein habe niemals gedroht, es habe außerdem auch kein Drohpotenzial gegeben, da der Name des Trainers ohnehin bekannt sei - auch wenn dieser in der Presse bislang nicht auftaucht.

Da sich die Schilderungen auch nach Einschätzung des Gerichts diametral entgegenstehen, konnte von einer gütlichen Einigung natürlich keine Rede sein. Für den 13. Januar ist der nächste Termin angesetzt. Geht es nach dem Anwalt Nohr, ist das allerdings noch lange nicht der letzte. Es stehe ein "schwieriges und langwieriges Verfahren" bevor, in dem erst zum übernächsten Termin Zeugen gehört werden sollen, die Nohr zahlreich aufrufen will - unter anderem den Anwalt Ruisinger, der den Trainer vor ihm vertrat. Sein Ziel, sagt Nohr, sei nicht nur eine Abfindung für seinen Mandanten, sondern auch, dass die Vorwürfe fallen gelassen würden.

Schwerwiegende Vorwürfe stehen im Raum

Allerdings sind die Vorwürfe, die im Raum stehen, schwerwiegend. Der WDR bezog sich in seinem Bericht nicht nur auf durch einen Fake-Account auf Twitter publik gewordene Auszüge eines WhatsappChats, in dem sich Trainer und Scouts über die Sichtung und Verpflichtung von Nachwuchsspielern austauschten - und dabei vor allem besagter Jugendtrainer einen verstörenden rassistischen Sprachgebrauch pflegte - Aussagen mit "Geschmäckle", wie es Anwalt Nohr verharmlost. Die Echtheit dieser Chats steht nicht infrage. Es ging im WDR aber auch um anonym verfasste Beschwerdebriefe an die Campus-Leitung, den ersten im Jahr 2018, in denen die Methoden des Trainers als teils sadistisch kritisiert werden und auch sein Ton im Umgang mit Kindern angeprangert wird. Anonym wurden die Vorwürfe seitdem wiederholt bestätigt und erneuert.

Nach der WDR-Berichterstattung leitete die Staatsanwaltschaft München ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung ein, das weiterhin läuft. Zwischenzeitlich gab sogar ein zweites Ermittlungsverfahren, in dem es um mögliche Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit ging. Denn auch der Vorwurf der Zusammenarbeit des Jugendtrainers mit einem bestimmten Spielerberater, dem er Jugendspieler zugeführt haben soll, war Gegenstand der Berichterstattung. Das zweite Ermittlungsverfahren, eingeleitet aufgrund einer anonymen Anzeige im Mai dieses Jahres, sei allerdings in der vergangenen Woche mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Doch schon der Vorwurf allein zeigt, wie kompliziert die interne Aufarbeitung ist, zu der sich der FC Bayern bekannt hat. Es werde weiterhin in alle Richtungen ermittelt, heißt es auf SZ-Anfrage - und es würden nicht nur Mitarbeiter am Campus und Eltern, sondern alle möglichen potenziellen Mitwissenden befragt. Mehr Details gibt der Verein bislang nicht bekannt. Doch spätestens im Rahmen des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht könnte der Klub dazu aufgefordert sein, auch auf die Vorwürfe gegen den Jugendtrainer detaillierter einzugehen, um die Trennung genauer zu erklären.

Und es besteht weiterer Aufklärungsbedarf in der Frage, welches Klima im Nachwuchsleistungszentrum des deutschen Rekordmeisters herrscht, in dem eine solche Geschichte gedeihen konnte. Eine Geschichte, die noch lange nicht zu Ende ist.

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