FC Bayern:Der Schmerz des Bergarbeiters

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Ein Vorstopper wie aus den Vogts'schen Terriertagen, und Flachpässe gegen Jonas - Bayerns Spieler in der Einzelkritik.

Von Jonas Beckenkamp

Manuel Neuer: Ging in der Hoffnung in dieses Spiel, dass sich sein freudscher Versprecher ("Klar, dass Benfica ein Tor erzielen wird. . . ähh will!") nicht erfüllen würde. Bei Anpfiff erfüllte sich erst einmal seine Hoffnung auf ein wenig Teilhabe am Geschehen. In der Bundesliga will ja oftmals keiner so richtig ein Tor gegen ihn erzielen (außer natürlich Mainzer und Gladbacher). Gab als "Manni, der Libero" den elften Feldspieler, freute sich über jeden Ballkontakt und pflückte fleißig Flanken vom Himmel. Parierte gegen Mitroglous Stocherei schulterzuckend.

Philipp Lahm: Als einrückender Rechtsverteidiger unter anderem dafür zuständig, dass Benfica kein Tor erzielt. Als Kapitän zudem privilegiert genug, um im Sechzehner auch mal mit dem Oberarm in einen Ball zu schlittern. Kreiselte strategisch gewieft durchs Zentrum, vermied Laufduelle (ist ja schon ein Grandseigneur) und sorgte dafür, dass Benficas Wuchtbrumme Renato seinen Atem spürte.

Joshua Kimmich: Mit 1,76 Meter Körpergröße der kleinste Vorstopper seit den Terriertagen von Berti Vogts (in etwa 1,43 Meter). Besitzt aber zwei bombenfitte Beine, was in diesen Tagen der Abwehr-Engpässe schon für die Startelf reicht. Zelebrierte das Aufbauspiel mit der Finesse eines Feinstrichpinslers. Bis er mal einen Ball brachial nach vorne bolzt, muss schon viel passieren. Seine Dauerlösung heißt: Flachpass. Hielt sich so Supersuperstürmer Jonas erfolgreich von der Pelle, bis Martínez für ihn kam.

David Alaba: Oh wie schön ist Alaba! Besitzt nach gesicherten Erkenntnissen der SZ (2,6 Terabyte!) zwar keine Briefkastenfirma, dafür aber ebenfalls super Beine - und immerhin 1,80 Meter Körperlänge. Verlieh der Zwergenabwehr der Bayern damit wenigstens etwas Ochsenhaftigkeit. Klärte selbst in höchster Bedrängnis per No-Look-Fallrückzieher, was man sich auch erst mal trauen muss.

Juan Bernat: Besitzt nach gesicherten SZ-Erkenntnissen den o-beinigsten Unterbau aller Bayern. Gab den Linksaußen in der Mini-Mauer, aber das war erst mal wurscht. Viel wichtiger war seine margarineweiche Flanke, die zum 1:0 führte. Zeigte mit einem gelbgeahndeten Fußfeger gegen Pizzi, dass er auch Haudruff kann. Spielte seriös wie ein deutscher Bankangestellter - in Zeiten der Offshore-Hallodris durchaus ein Kompliment.

Arturo Vidal: Besitzt eine Frisur, die dem Gegner Angst macht. Anders ließe sich kaum erklären, dass die Benfica-Abwehr ihn beim 1:0 kaum störte. Verbrachte einen Abend nach dem Motto "Vidal überall". Grätschte nach Herzenslust, schraubte sein Kilometerkonto in die Höhe und debattierte nebenbei mit Guardiola (es ging wohl nicht um Frisuren). Blockte im Liegen Gaitans Kanonenschuss und hielt sich danach seinen ganzen Rumpf vor Schmerz. Spielte natürlich weiter, der alte Bergarbeiter.

Thiago: In wichtigen Momenten für Guardiola so unverzichtbar wie eine ordentliche Firewall zum Datenschutz. In seiner DNA steckt die Essenz der Pep'schen Spielidee: Streckte den Kopf nach oben und dirigierte wie ein Orchester-Zampano. Schlug weite Bälle, die bis nach Panama reichten, aber es leakte keiner durch bis in die Gefahrenzone. Trommelte nach einem Fehlpass wie Rumpelstilzchen auf den Rasen. In dem Spanier schlummert halt tendenziell sehr viel Ehrgeiz.

Douglas Costa: 2,6 Terabyte reichen nicht aus, um Videofiles seiner Dribblings an die Übersteiger-Polizei zu leaken. Verging sich aber am Wackler-Overkill und schaffte sich so Probleme, wo eigentlich keine waren. Verbrachte einen fahrigen, hyperaktiven Abend, der wieder einmal offenbarte: Der Costa der Hinrunde macht schon länger Pause.

Thomas Müller: Braucht sich vor der Übersteiger-Polizei nicht zu fürchten, denn er wird in diesem Leben koa Dribbler mehr. Versuchte es dafür mit einem Volleygeschoss, das dem armen Ederson beinahe die Handschuhe zerfetzte. Ansonsten: Ein typischer Müller-Abend voller eifrigem Gestocher - mit dem kleinen, allerdings kaum übersehbaren Makel, dass er diesmal keinen rein stocherte.

Franck Ribéry: Ja mei, der Fronck, mehr Dribbler geht ja kaum. Seine Haken sind immer noch gemeingefährlich. Leider ist seine Verletztenakte mittlerweile fast ein Terabyte dick. Weil aber gerade nichts zwickt, doubelte er sich gleich mal selber und probierte (wie gegen Frankfurt) einen Seitfallzieher. Ging mit gewohntem Esprit zu Werke, suchte Lücken, fand aber oft nur Lissaboner Beine. Spielte am Ende, nunja, comme ci, comme ca.

Robert Lewandowski: Konnte sich damit Mut machen, dass ein gewisser Bayern-Stürmer namens Klinsmann mal vier Tore gegen Benfica schoss. Das war 1995. Doch solch einladende Verteidiger wie damals traf der Pole diesmal nicht an. Befreite sich von den Bluthunden Lindelöf und Jardel durch Ausflüge ins Kombinationsspiel und bereitete so das 1:0 mit vor. Verhedderte sich danach immer häufiger und musste feststellen: nicht sein Abend.

Javi Martínez: Kam herein, als hinten etwas mehr Ochsenhaftigkeit gefragt war - und schwupps hatte er einen Schuss im Gesicht, der das 1:1 bedeutet hätte. Lohnenswerter Einsatz.

Kingsley Coman: Ersetzte Costa und tat noch ein bisschen was für die Übersteiger-Statistik.

Mario Götze: Noch mehr Übersteiger, herrje.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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