FC Bayern:"Den haben sie die ganze Zeit vor mir versteckt"

FC Bayern Muenchen v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Der künftige Bayern-Trainer Niko Kovac beobachtet das Dribbling des Bundesliga-Debütanten Franck Evina.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der FC Bayern tritt beim 4:1 gegen Eintracht Frankfurt mit seiner jüngsten Startelf seit 47 Jahren an.
  • Besonders von Franck Evina ist Heynckes angetan.
  • Niklas Dorsch trifft zum 1:0, wird den Klub aber verlassen.

Aus dem Stadion von Matthias Schmid

Markus, zehn Jahre alt, schrie vor dem Spiel ins Mikrofon. Seine Stimme überschlug sich, als er am Samstag die Vornamen der Bayern-Spieler unten auf dem Rasen der Fröttmaninger Arena vorlesen durfte. Er machte seine Sache gut. Dass ein Zehnjähriger aus dem "Kids-Club" des Vereins die Mannschaftsaufstellung vorlesen durfte, passte wunderbar ins Bild an diesem Samstagnachmittag beim Bundesligaspiel zwischen dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Jugend. Bayern-Trainer Jupp Heynckes blieb vor dem Rückspiel in der Champions League am Dienstag bei Real Madrid angesichts einer Reihe verletzter und angeschlagener Profis fast keine andere Möglichkeit, als vor dem 4:1 gegen Frankfurt die jüngste Bayern-Mannschaft seit 47 Jahren aufzubieten. Ihr Durchschnittsalter: 24 Jahre und 35 Tage.

Drei Fußballer im Münchner Trikot feierten dabei ihre Bundesligapremiere. Ihre Namen, das musste auch Heynckes zugeben, waren ihm nicht gerade geläufig. Franck Evina, ein 17-jähriger Deutsch-Kameruner, hatte er zum Beispiel gar nicht gekannt. "Den haben sie die ganze Zeit vor mir versteckt", bekannte der 72-Jährige. Neben Evina schickte er noch die Debütanten Meritan Shabani, 19, und Niklas Dorsch, 20, aufs Feld. Der 18-Jährige Innenverteidiger Lukas Mai, der Kapitän der U19, hatte in der Woche zuvor in Hannover erstmals in der Bundesliga vorgespielt und soeben einen Profivertrag bis Sommer 2021 unterschrieben.

Dorsch wird die Bayern nach dieser Saison verlassen

"Sie haben es alle gut gemacht", lobte Heynckes. Dorsch traf gleich in seinem ersten Spiel. "Es heißt ja immer", sagte er danach, "dass nur der Fußball solche Geschichten schreibt." Der 20-Jährige stoppte abrupt, er staunte über sich selbst und klang so, als könnte er das alles gar nicht glauben, was er gerade erlebt hat. Erst nach einer angemessenen Kunstpause fügte er hinzu: "Das ist schon ein cooles Erlebnis."

Dorsch, der in dieser Spielzeit 30 Mal für die zweite Mannschaft in der Regionalliga Bayern auflief, steht stellvertretend für die begabten Nachwuchsspieler beim FC Bayern, die es ziemlich schwer haben, inmitten der zahlreichen Weltklassespieler. "Es ist nicht so leicht da oben reinzukommen und seine Leistung abzurufen vor so vielen Zuschauern", sagte der Mittelfeldspieler. Zumindest Dorsch hatte dabei ebensowenig Anpassungsprobleme wie Evina auf der linken offensiven Außenbahn oder Innenverteidiger Mai, der neben Hummels sehr abgeklärt verteidigte. Die größte Nervosität offenbarte noch Shabani auf Rechtsaußen, ihm versprangen einige Bälle und es dauerte fast eine Viertelstunde, bis er sich etwas freispielen konnte.

Evina und auch Dorsch traten dagegen furchtlos auf der großen Bühne auf, ihnen war die Freude in fast jeder Aktion anzumerken, sich endlich mal vor solch einer Kulisse präsentieren zu können. Besonders von dem wendigen und trickreichen Evina war Heynckes angetan. Aus ihm könne etwas werden, urteilte er, "aber er braucht noch Führung und Korrekturen im Training."

Stürmer Wagner gönnt den jungen Spielern Erfolgserlebnisse

Dorsch ist da schon weiter als Evina, der in der vergangenen Saison mit den Münchnern B-Junioren die deutsche Meisterschaft gewann. Er hat eine genaue Vorstellung davon, was er will: und zwar spielen, möglichst in der Bundesliga. Deshalb wird er den FC Bayern nach dieser Saison auch verlassen. "Daran wird sich nichts mehr ändern", sagte er. Er ist nun selbst gespannt, "ob sich durch heute neue Möglichkeiten ergeben haben". Erste Angebote habe er schon vorliegen, erzählte er, es gehört nicht viel Fantasie dazu, dass nach seinem lebhaften Auftritt ganz bestimmt noch weitere dazukommen werden.

Dorsch hatte die Münchner kurz vor der Pause in Führung gebracht. Sandro Wagner hatte präzise nach innen gepasst, wo Dorsch den Ball mit links stoppte und mit rechts routiniert ins Tor schob, im Stile eines Torjägers. "Nichts habe ich in diesem Moment gedacht", gab er zu, "nur, dass der Ball ins Tor muss."

Wagner, mit 30 Jahren so etwas wie der Anführer der Rasselbande, war hinterher ganz begeistert von Dorsch und den anderen. Die Jugendabteilung, in der Wagner einst selbst ausgebildet worden ist, sei in den vergangenen Jahren "in der Kritik gestanden", hob der Nationalspieler hervor. "Aber man hat heute gesehen, dass es sehr gute Jungs gibt und dass die Umstellungen Früchte getragen haben." Er, Wagner, hätte selbst das 1:0 aus halbrechter Position schießen können, aber er sah, dass Dorsch in der Mitte mitgelaufen war. "Ich wollte ihm ein Erfolgserlebnis gönnen", hauchte Wagner sanft wie ein Großvater, "und das hat ja auch gut geklappt."

Dorsch hatte erst am Freitag erfahren, dass er in der Startelf stehen würde. "Das war Gefühlschaos pur", wie er gestand. Er hatte die ganze Woche geglaubt, dass er an diesem Sonntag im Regionalligaderby zwischen dem FC Bayern II und dem TSV 1860 München auflaufen würde. Heynckes hatte andere Pläne mit ihm und verhalf Dorsch so zur Bundesligapremiere. Er hat diese sehr genossen, weil er ahnt, dass das seine letzten Bundesligaminuten im Bayern-Dress gewesen sein könnten. Seine Beine, das gab Dorsch noch zu, spüre er ganz schön, "ich bin viele Meter gelaufen". Ob es noch für einige Minuten gegen 1860 reicht, "weiß ich nicht". Ein möglicher Nachfolger stand übrigens am Samstag auch schon auf dem Rasen. Thiago führte seinen Sohn, der gerade das Laufen gelernt hat, an der Hand.

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