Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:Das Phantom geht

Nach 129 Spielen und 78 Toren verlässt Roy Makaay die Bayern nach Rotterdam. Viele Fans trauern dem Torjäger schon jetzt nach.

Markus Schäflein

Roy Makaay hat die Entwicklung aus der Distanz beobachtet. Er verbrachte die vergangenen Wochen im Urlaub in Griechenland und Spanien, zuletzt weilte er mit seiner Familie in seinem Geburtsort Wijchen in den Niederlanden. Die stetig sinkende Wertschätzung seiner Dienste durch die Führung des FCBayern erfuhr der Stürmer daher nur aus der Zeitung. "Makaay möchte gehen, falls Klose kommt", sagte Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge vor zwei Wochen, "das ist okay."

Am Donnerstag wurde Makaays Wechsel zu Feyenoord Rotterdam offiziell bestätigt. Der holländische Ehrendivisionär, bei dem der ehemalige Dortmunder Trainer Bert van Marwijk als Übungsleiter wirkt, bot dem Stürmer einen Dreijahresvertrag bis 2010. Über die Ablöse vereinbarten die Klubs Schweigen, sie wird auf rund drei Millionen Euro geschätzt. Allzu hoch dürfte sie jedenfalls nicht gewesen sein, schließlich trug das stetige und erfolgreiche Werben der Bayern um Nationalstürmer Miroslav Klose nicht gerade zur Wertsteigerung des vorhandenen Personals bei.

Klose kommt, Makaay geht, alles okay? Viele Fans sehen das anders. 78 Treffer in 129 Spielen hat der Niederländer erzielt, das ist beim FC Bayern mit 0,60 Toren pro Partie die zweitbeste Quote der Vereinsgeschichte hinter Gerd Müller (0,85). Das weinende Gesicht mit hängenden Mundwinkeln war gestern der meistbenutzte Smiley in diversen Internet-Foren der Anhängerschaft. Auf der offiziellen Seite hatte sich sogar einer unter dem Namen "Klooose" eingetragen, um zuzugeben: "Ich bin schuld!"

Vor vier Jahren, im Sommer 2003, war Makaay den Bayern noch 19,25 Millionen Euro wert. Damals war das die höchste Ablöse, die sie je für einen Spieler gezahlt hatten - nun kommt Franck Ribery für 25 Millionen, insgesamt wurden zur neuen Saison 69 Millionen in Zugänge investiert. Der FC Bayern eiste Makaay damals in einer legendären Transferposse vom spanischen Klub Deportivo La Coruña los. Mit seinen zwei Treffern in der Vorrundengruppe der Champions League hatte der Stürmer die Münchner in der Saison zuvor aus dem Wettbewerb befördert.

Die hohe Ablöse und das Klischee, dass umgehend verpflichtet wurde, wer den FC Bayern einmal geärgert hatte, förderten Neid und Spott der anderen Klubs ("Rheuma-Kai"). Statistisch gesehen erfüllte er die Erwartungen bei den Bayern aber voll und ganz, er hatte allerdings auch ein Problem: In wichtigen Spielen gegen namhafte Konkurrenz traf Makaay zu selten. Und wenn er nicht traf, setzte er im Spiel sonst kaum Akzente. Deshalb wurde er ja "Phantom" genannt: Weil er nicht da war und plötzlich traf. Das hieß leider im Umkehrschluss: Wenn er nicht traf, war er überhaupt nicht da. So wie in der vergangenen Saison im Champions-League-Viertelfinale gegen den AC Mailand. Den Vorwurf, in den wichtigsten Spielen zu versagen, hatte sich auch Makaays Vorgänger Giovane Elber schon anhören müssen.

Angesichts seines schweren Standes im Klub ist es verständlich, dass sich der 32-jährige Makaay dem Konkurrenzkampf im Sturm gegen Klose und Toni offenbar nicht mehr stellen wollte - ganz im Gegensatz zum zehn Jahre jüngeren Lukas Podolski, der naturgemäß verkündet, er werde sich "dem Kampf stellen" und habe "keine Angst". Toni und Klose können auf den Neuverpflichtungs-Bonus bauen, Podolski zumindest auf den Poldi-Bonus. Für Makaay sprach: nichts. Zudem liebäugelte er wegen seiner schulpflichtigen Kinder schon länger mit einem Wechsel in die Heimat.

Bayerns bester Torjäger seit Gerd Müller wird nach Angaben des Vereins "anlässlich des Scholl-Abschiedsspieles offiziell verabschiedet". Aber dieser Weggang auf die Schnelle ist nicht so schlimm im Vergleich zu alledem, was ihm in der vergangenen Wochen widerfahren ist. Der Tagesspiegel nannte ihn zum Abschied "nüchtern bis langweilig". Und dann war Makaay sogar beim nüchternen bis langweiligen VfL Wolfsburg im Gespräch. Das hätte wirklich nicht sein müssen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.714896
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.6.2007
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.