Süddeutsche Zeitung

FC Bayern:"Dann wird er demnächst wieder einbomben"

Lesezeit: 2 min

Von Matthias Schmid, Mainz

Thomas Müller ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Fußballer, die fast alles gewonnen haben, noch mal so etwas wie kindliche Begeisterung verspüren können, wenn der Trainer die Aufstellung verrät. "Gelächelt" habe er, erzählt Müller nach dem 3:1-Sieg des FC Bayern beim FSV Mainz, als Carlo Ancelotti mitgeteilt hatte, dass sie diesmal anders spielen wollen. Mit drei echten Stürmern und Müller dahinter. Ob er im Gefühlsüberschwang innerlich Purzelbäume vollführte, wollte der Nationalspieler aber nicht verraten, weil mit der Freude "auch gleich ein bisschen der Druck gestiegen ist, weil ich auf meiner Lieblingsposition spielen durfte".

Um es gleich vorweg zu nehmen: Müller hat vor, neben und hinter Robert Lewandowski, Franck Ribéry und Arjen Robben vieles richtig gemacht, er bereitete ein Tor vor und entdeckte auf seiner Lieblingsposition wieder Räume, die nur er als Räume erkennt. Der 27-Jährige spielte so aufgedreht, als hätte er nach Wochen auf einer einsamen Insel erstmals wieder einen Ball gesehen. Wochenlang war er ja wie ein Fremder über den Platz geschlichen, fast so, als hätte er im Preisausschreiben einen Platz in der Bayern-Elf gewonnen. "Heute hat es wieder Spaß gemacht", befand Müller.

Wie so eine Systemanpassung die Stimmung in einem Fußballklub auf dramatische Weise anheben kann, erlebte Bayern-Trainer Carlo Ancelotti am Freitagabend in Mainz. Die größten Profiteure der sehr viel offensiveren Ausrichtung - lediglich Philipp Lahm und Thiago sicherten im defensiven Mittelfeld ab - waren Müller und Robben. Der Oberbayer und der Niederländer kombinierten zeitweise so kunstvoll miteinander, dass sogar die Mainzer Zuschauer applaudierten. Zweimal legte Müller auf engstem Raum Robben den Ball mit der Hacke auf. "Ich war gut ins Spiel eingebunden", fand Müller. Wenn er als einzige Spitze spielt oder als rechter Außenstürmer, fehlen ihm die Freiheiten, die er für sein anarchisches Spiel braucht.

Eine Botschaft an den Trainer

Vor allem Robbens Tor zum 2:1 ging eine typische Müller-Szene voraus. Er hatte ein raffiniertes Zuspiel von Franck Ribéry im Strafraum als solches nicht erkannt, der Franzose winkte schon verächtlich ab, als Müller noch mal nach dem Ball rannte, der ins Seitenaus gerollt wäre. Müller sicherte ihn, guckte, flankte - und Robben traf per Flugkopfball. "Wir haben so viele Spieler, so viele Möglichkeiten. Aber wir haben in den letzten Wochen mit drei richtigen Mittelfeldspielern gespielt. Da haben dann die Abstände nach vorne nicht gestimmt und ein Spieler wie Müller gefehlt", schickte Robben eine klare Botschaft an Trainer Ancelotti. Er setzte sich am Freitag öffentlich dafür ein, dass der vollzogene Stilwandel keine Episode bleibt, weil er seine Meinung nach das Zeug zur Erfolgsserie hat. "In dieser Aufstellung mit Thomas Müller und Franck Ribéry haben wir auch schon gespielt, als ich hergekommen bin, das funktioniert heute noch."

Nur eines wollte Thomas Müller an diesem für ihn so schönen Dezemberabend nicht gelingen: ein Tor. Dabei war er in der 13. Minute allein auf Torhüter Jonas Lössl zugelaufen, doch dessen Fuß verhinderte Müllers ersten Saison-Treffer in der Bundesliga. Karl-Heinz Rummenigge macht sich um ihn allerdings keine Sorgen: "Thomas hat gut gespielt und viel für die Mannschaft gearbeitet", sagte der Bayern-Vorstandsvorsitzende. Als früherer Weltklassestürmer kennt er solche Phasen und fand dann eine Formulierung, die er angemessen fand, um Mitgefühl und Hoffnung gleichermaßen auszudrücken: "Wenn er so weiter macht, dann wird er demnächst wieder einbomben."

Ob das Carlo Ancelotti auch so sieht? Der Trainer ließ offen, wie er am Dienstag gegen Atletico Madrid in der Champion League spielen lassen möchte. Darf Müller wieder auf seiner Lieblingsposition auflaufen, oder muss er wieder nach rechts ausweichen, oder findet er sich gar auf der Bank wieder? "Thomas Müller ist ein sehr intelligenter Spieler und deshalb auch flexibel einsetzbar", sagte der Italiener lediglich.

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