FC Bayern in der Champions League:Sein nächster großer Abend

FC Bayern in der Champions League: Im Fokus in Belgrad: Bayerns Torjäger Robert Lewandowski.

Im Fokus in Belgrad: Bayerns Torjäger Robert Lewandowski.

(Foto: AFP)
  • Viermal trifft Robert Lewandowski beim 6:0 (1:0) bei Roter Stern Belgrad in der Gruppenphase der Champions League.
  • Es ist der vierte Sieg im vierten Spiel unter ihrem Trainer Hansi Flick.
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Von Benedikt Warmbrunn, Belgrad

Der Rauch über dem Stadion Rajko Mitic hatte sich wieder verzogen, der Blick über das nächtliche Belgrad mit dem erleuchteten Dom des Heiligen Sava war nun wieder frei, und die kurzzeitig erhitzte Stimmung hatte sich wieder beruhigt. Erst hatten die Fans des FC Bayern in ihrem Block Pyrotechnik angezündet, dann hatten die Fans des Gastgebers, die Fans von Roter Stern Belgrad, mit lauten, leidenschaftlichen, wütenden Gesängen geantwortet. Nun also hatte sich der Rauch aufgelöst, und auch die Gesänge wurden leiser. Abgelöst wurden sie durch ein gellendes Pfeifkonzert. Robert Lewandowski, der Stürmer des FC Bayern, stand auf der Strafraumlinie, vor ihm nur noch der gegnerische Torwart und der Ball, der auf dem Elfmeterpunkt lag.

Zweimal schon hatte Lewandowski in dieser Partie eine ausgezeichnete Chance auf ein Tor gehabt, einmal hatte er den Ball weit danebengeschossen, einmal ins Tor; der Treffer aber hatte wegen eines Handspiels nicht gezählt. Sollte er, der Dauertorschütze in dieser Saison, etwa erneut ohne Tor bleiben, zum zweiten Mal in Serie? Als sich der Rauch aufgelöst hatte, stand Lewandowski also bereit zum Elfmeter. Er lief an, er trippelte, er verzögerte, er lief weiter. Er schoss. Er traf. Die Fans von Roter Stern hörten auf zu pfeifen, und die Fans des FC Bayern zündeten ein paar Reservebrennkörper an.

Das Tor von Lewandowski war das zweite an diesem Dienstag für den FC Bayern, die Partie war nun, in der 53. Minute, entschieden. Lewandowski aber traf zur Sicherheit in den nächsten 14 Minuten weitere drei Mal, der FC Bayern gewann 6:0 (1:0), er hat alle fünf Gruppenspiele gewonnen.

Flick bringt Coman, Thiago und Boateng

Trainer Hansi Flick hatte in seinem vierten Spiel als Cheftrainer erstmals kräftig rotiert, Kingsley Coman, Thiago, Leon Goretzka und Jérôme Boateng spielten für Serge Gnabry, Joshua Kimmich, Thomas Müller und David Alaba. Doch so ruhig wie Flick die Bayern durch die vergangenen dreieinhalb Wochen gecoacht hat, so geräuschlos wirkten sich auch die Umbauarbeiten auf das Spiel der Bayern aus. Der Sieg, der endgültig den ersten Gruppenplatz sicherte, war nie ernsthaft gefährdet.

Schon nach wenigen Minuten hatte die Mannschaft sich ein paar kleinere Gelegenheiten erspielt sowie eine größere durch Lewandowski, der alleine auf das Tor des Gastgebers zulief, den Ball aber daneben schoss (7.). Unaufgeregt zogen die Bayern ihr Spiel auf, immer wieder ging es auch über die Außenbahnen, auf denen Coutinho und Coman munter die Seiten tauschten. In der 14. Minute war Coutinho auf der rechten Seite, er flankte, in der Mitte traf Goretzka per Kopf.

Und die berühmt-berüchtigte Stimmung im Stadion Rajko Mitic? Sie wurde, so wie es sich Goretzka am Montag vorgenommen hatte, erst einmal "abgekühlt". Die Fans von Roter Stern, sie waren zwar weiter sangesfreudig, sie waren auch laut, aber die Atmosphäre war keine, die einschüchternd wirkte, erst recht nicht auf diese selbstsicheren Bayern. Zwei Minuten nach seinem ersten Champions-League-Tor erzielte Goretzka beinahe sein zweites, seinen Distanzschuss wehrte Belgrads Torwart Milan Borjan mit einer Hand ab.

Nach der Pause beginnt die Lewandowski-Show

Anschließend waren die selbstsicheren Gäste aber so selbstsicher, dass sie sich selbst bremsten. Sie hatten den Ball und die Partie überhaupt unter Kontrolle, das schon, aber es fehlte die Dynamik, es fehlten die Läufe, es fehlten die scharfen Pässe. Es fehlten, vielleicht, einfach Kimmich und Müller, die beiden, die in den ersten Spielen unter Flick das neue Kraftzentrum in der Mitte gebildet hatten. Das Spiel verlief jedenfalls nach einer halben Stunde etwas schleppend, hinzu kamen kleinere Unaufmerksamkeiten in den Reihen der Gäste, die das Publikum zu mehr Lautstärke animierten, für das Tor von Manuel Neuer aber folgenlos blieben.

Die Bayern dagegen trafen noch einmal in der ersten Halbzeit, durch Lewandowski mit einem feinen Schlenzer - das Tor zählte aber nicht, da Corentin Tolisso den Ball mit der Hand berührt hatte (41.). Es war, bis dahin, nicht der Abend von Lewandowski. Doch das sollte sich in der zweiten Halbzeit ändern.

Die Bayern spielten nach der Pause wieder mit der Intensität aus den ersten Partien unter Flick, geradlinig suchten sie den Weg in den Strafraum. In die Zone also, in der Lewandowski zurzeit womöglich der effektivste Fußballer Europas ist. Die 53. Minute: Lewandowski versenkte einen Elfmeter. Die 60. Minute: eine Flanke von Coutinho, ein Kopfball von Tolisso, Lewandowski schob den Ball aus wenigen Metern mühelos ins Tor. Die 64. Minute: eine Flanke von Pavard, ein Kopfball von Lewandowski, Tor. Die 67. Minute: Lewandowski spielte einen Doppelpass mit dem eingewechselten Ivan Perisic, er stand frei vor dem Tor, wieder traf er.

Schneller hatte in der Champions League noch niemand vier Tore in einer Partie erzielt. "Ich weiß nicht, wo das Spiel in meinem Ranking steht", sagte Lewandowski bei Sky. "Wichtig war, dass wir überragend gespielt haben. Ich hätte noch zwei Tore schießen können, aber wichtig ist, dass wir Spaß haben." Als Souvenir hatte er sich den Spielball geschnappt. Zehn Tore hat der Angreifer nun in den ersten fünf Gruppenspielen erzielt. Und dass er an diesem Abend nicht noch weitere Treffer folgen ließ, lag vermutlich allein daran, dass ihn Flick in der 76. Minute auswechselte. Den Endstand erzielte in Vertretung daher Tolisso in der 89. Minute.

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